Zurueck ins Glueck
so plötzlich umgeschlagene Stimmung aufzulockern.
»Danke für den Kaffee«, fügte er hinzu, als er seinen Töchtern einen Abschiedskuss gab.
»Der Kaffee war Tee«, stellte Stephanie verstimmt richtig. Würde er je merken, was direkt vor seiner Nase vorging?
»Ach so. Na, dann eben danke für den Tee.« Musste sie denn immer auf solchen Kleinigkeiten herumreiten?
David stieg in seinen Wagen und winkte den drei Neilson-Frauen noch einmal zu. Stephanie hielt Amy auf dem Arm, Zoë stand neben ihr in der Tür. Er hatte weder den Mut noch die Kraft aufgebracht, Stephanie auch nur auf die Wange zu küssen. Ihre Tage als Mrs. Neilson waren ohnehin gezählt, mahnte er sich, während er den Motor anließ. Offenbar konnte sie es gar nicht erwarten, endlich von ihm geschieden zu werden.
Und plötzlich begriff er, was zu ihrer Entfremdung geführt hatte. Stephanie war effektiv ehrgeiziger als er. Eine kurze Woche lebten sie jetzt getrennt, und schon kümmerte sie sich um einen Job. Sie hatte zu viel Energie, um tatenlos zuzusehen, wie ihr Leben an ihr vorüberglitt; sie nahm die Dinge lieber selbst in die Hand. Ihrer beider Wege hatten sich im Laufe der Zeit getrennt und führten nun in genau entgegengesetzte Richtungen – seiner bergab, ihrer bergauf.
Nie war sich David einsamer und verlorener vorgekommen als an diesem Punkt seines Lebens.
Tess Delaney versorgte für gewöhnlich den Haushalt und sämtliche familiären Probleme. Sie hielt sie nach Möglichkeit von Frank fern, doch jetzt blieb ihr nichts anderes mehr übrig, als ihn zu bitten, einmal mit Luke zu reden. Es musste etwas geschehen. Der Junge hatte seit einer Woche nichts mehr gegessen und stark an Gewicht verloren, und seine ohnehin schon sehr helle Haut wies jetzt die fahle Tönung eines Schwerkranken auf. Seine Brüder hatten versucht, ihn aus seiner Apathie herauszureißen, sie hatten ihn mehrfach aufgefordert, sie zu einem Zug durch die Pubs zu begleiten, doch Luke hatte ihnen allen eine schroffe Abfuhr erteilt. Normalerweise hätten die beiden sich das nicht bieten lassen, aber da es Luke so gar nicht ähnlich sah, grob zu werden, hatten sie einen Rückzieher gemacht und ihn in Ruhe gelassen. Auch Tess drang nicht zu ihm durch. Jetzt blieb nur noch Frank übrig.
Matthew, Mark und ihre Eltern sprachen am Abendbrottisch darüber. Luke hatte auch an dieser Mahlzeit nicht teilnehmen wollen.
»So kann das nicht weitergehen«, ereiferte sich Tess. »Er muss endlich wieder etwas essen!«
»Er muss endlich wieder arbeiten«, grollte Matthew. Die Arbeitslast auf dem Kutter blieb stets die Gleiche, egal wie viele Männer an Bord waren, da kam es auf jedes Paar Hände an.
»Er hat Liebeskummer und kommt nicht darüber hinweg.« Mark spießte ein saftiges Stück Seehecht auf seine Gabel.
»Frank, jetzt bist du an der Reihe«, ordnete Tess an.
»Ich? Was soll ich denn zu ihm sagen?«
»Dir wird schon etwas einfallen. Jeder von uns hat es
versucht. Du bist jetzt unsere letzte Hoffnung«, erklärte seine Frau.
Frank sah erst sie, dann seine beiden anderen Söhne an, die ihm aufmunternd zunickten.
»Auf in die Höhle des Löwen, Dad. Du hast ja nichts zu verlieren«, lachte Matthew.
»Das ist nicht lustig, Matty«, wies ihn seine Mutter zurecht, dann wandte sie sich an ihren Mann. Ihre Stimme wurde weicher. »Bitte tu mir den Gefallen, Frank, und versuche, unserem Sohn zu helfen. Ich weiß nicht mehr weiter.«
Frank nickte, schob Messer und Gabel zusammen und erhob sich. Je eher er diese Unterredung hinter sich brachte, desto besser.
Er klopfte an die Schlafzimmertür seiner Söhne, erhielt aber keine Antwort. Also öffnete er die Tür einen Spalt und spähte in den Raum. Luke lag auf seinem Bett, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, und starrte zur Decke empor.
»Luke... kann ich kurz mit dir reden, Sohn?«
Luke gab keine Antwort.
Zögernd ging Frank zu ihm hinüber und ließ sich auf der Kante seines Bettes nieder. In dem kleinen Zimmer, das drei Einzelbetten und drei schmale Schränke beherbergte, konnte man sich kaum drehen und wenden. Wie die Jungen diese Enge ertrugen, war Frank schleierhaft. Vielleicht deshalb, weil sie es nicht anders gewohnt waren.
»Sohn, du musst dich langsam zusammenreißen«, begann er.
Luke rührte sich nicht.
»Ich weiß, dass du dir böse die Finger verbrannt hast
und dich jetzt verkriechst, um deine Wunden zu lecken. Aber das Leben geht weiter.« Als Luke weiterhin beharrlich schwieg, fuhr Frank verzweifelt
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