Zurueck ins Glueck
so glühend? Was haben sie dir angetan? Mutter, so sprich doch endlich mit mir! Mach den Mund auf! Wach auf und sag mir, dass du dir das alles nur ausgedacht hast!«
Aber Kathleen lag nur da wie eine Tote.
Tess und Frank Delaney hatten das Zimmer schon vor geraumer Zeit taktvoll verlassen und saßen am Tisch ihrer kleinen Küche im hinteren Teil des Hauses. Frank gab vor, sich in seine Zeitung vertieft zu haben, Tess wiegte sich mit geschlossenen Augen sacht hin und her, während ihre Finger über die Perlen ihres Rosenkranzes glitten. Weder sie noch Frank konnten jedoch auf Dauer die Ohren vor Samanthas Schluchzen verschließen.
Tess schlug die Augen auf und saß still. »Soll ich zu ihr gehen? Was meinst du?«, fragte sie ihren Mann.
»Ich weiß nicht«, erwiderte dieser wenig hilfreich.
Tess stand auf und setzte sich wieder.
Doch im nächsten Moment wurde ihnen die Entscheidung abgenommen. Samantha erschien in der Tür.
»Bitte kommen Sie mit und helfen Sie mir!«
Tess schoss von ihrem Stuhl hoch. »Was ist passiert, Herzchen?«
»Sie will nicht mit mir sprechen. Ich glaube, sie hat das Bewusstsein verloren.«
Jemand klopfte an die Vordertür. Frank öffnete. Ein junger Mann stand vor ihm.
»Hi. Ich bin Sams Bruder Ricky.«
»Dann kommen Sie am besten gleich mit mir«, sagte Frank schlicht.
Sie folgten Tess und Samantha in das Wohnzimmer, in dem die vier Personen und die reglose Gestalt auf dem Sofa kaum alle Platz fanden. Tess eilte zu Kathleen, fühlte ihren Puls und sah ihren Mann besorgt an. »Ruf einen Krankenwagen, Frank.«
Samantha schlug beide Hände vor den Mund. »O Gott, sagen Sie bitte nicht, sie ist tot! Habe ich meine eigene Mutter umgebracht?«
4. Kapitel
I n der Kirche von Fiddler’s Point tat Rose Judge das, was jede Mutter des Bräutigams mit etwas Selbstachtung in ihrer Situation getan hätte: Sie fiel in Ohnmacht.
Vater Carroll hielt gerade eine kleine Stegreifrede über die Unergründlichkeit der Wege des Herrn und darüber, dass im Leben nicht immer alles nach Plan verlief, als sie neben ihrem Mann in ihrer Bank zusammensackte. Niemand war darüber erleichterter als Cameron. Er wäre vor Scham am liebsten im Erdboden versunken, während er mit seinem Trauzeugen Vinny vor dem Altar stand und keinem der Gäste ins Gesicht zu blicken wagte. Das Einzige, was ihn aufrecht hielt, war heiße, nackte Wut. Samantha konnte sich auf etwas gefasst machen. Sie steckte in größeren Schwierigkeiten, als sie ahnte. Noch nie zuvor war er derart gedemütigt worden. Die Hochzeit war definitiv gelaufen, so viel stand fest, und als Nächstes würde er Sam feuern. Er war fertig mit ihr – niemand durfte es wagen, so mit einem Judge umzuspringen. Doch dann brach Rose zusammen, und Cameron war mit drei Sätzen an ihrer Seite.
»Ist ein Arzt hier? Meine Mutter braucht Hilfe.« Seine Stimme hallte laut und vernehmlich durch die Kirche.
Im nächsten Augenblick war er von drei praktischen Ärzten, einem Chirurgen, einem Kinderarzt und zwei
Onkologen umringt. Hier bot sich ihm die Chance, auf die er so verzweifelt gewartet hatte. Er hob seine Mutter auf seine Arme und trug sie, ohne auf die Flotte von Ärzten zu achten, die hinter ihm hersegelte, aus der Kirche ins Freie, so wie es Frank Delaney zehn Minuten zuvor mit Kathleen White getan hatte. Vinny scheuchte ein paar Schaulustige zur Seite, um ihm Platz zu verschaffen.
Zu diesem Zeitpunkt war Cameron selbst nicht sicher, ob seine Mutter ihre Ohnmacht nicht nur vortäuschte. Zutrauen würde er es ihr allemal, aber ihre Gesundheit war momentan nicht sein vorrangigstes Problem. Jetzt galt es, so schnell wie möglich aus dieser gottverdammten Kirche zu verschwinden.
»Paul!«, rief er seinem Chauffeur zu. »Sag den beiden Jungs, sie sollen das gesamte Filmmaterial von TV3 beschlagnahmen, okay?«
»Geht klar, Boss.«
Cameron spürte, wie ein Teil seiner alten Energie in seine Adern zurückfloss. »Oder nein, kümmer dich lieber selbst darum. Ich schnappe mir eine der Ministerlimousinen, um Mum ins Krankenhaus zu bringen. In diesen Kutschen kommen wir am schnellsten hin.«
»Ich komme mit«, verkündete James Judge, der seinem Sohn gefolgt war.
»Steht es so schlecht um sie?« Pauls Gesicht umwölkte sich mit aufrichtiger Besorgnis, als die Ärzte und ein paar sensationslüsterne Gäste hinter Cameron aus der Kirche strömten.
Zum ersten Mal sah Cameron seine Mutter richtig an. Ihre Augen rollten unkontrolliert in den Höhlen. Himmel, dachte er
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