Zurueck ins Glueck
nie ohne Handy aus dem Haus, alles könnte anders kommen, als du denkst. Stimmt’s, Gilly?«
Gillian fühlte sich äußerst unbehaglich. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, Cameron zu begleiten. Die angespannte Atmosphäre im Wagen zerrte an ihren Nerven. Zum Glück kamen sie rasch vorwärts; im Dienstmercedes des Ministers konnten sie alle anderen Fahrzeuge rücksichtslos überholen und brauchten sich auch nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzungen zu halten. Nur einmal schoss ein Notarztwagen mit jaulender Sirene an ihnen vorbei.
»Da hat’s noch so ein armes Schwein erwischt. O Mann, was für ein Tag!« Cameron sog scharf den Atem ein.
Dann beugte er sich vor und drückte die Schulter seines Vaters. »Bist du okay, Dad?«
»Ich schon«, erwiderte James. »Aber deiner Mutter scheint es gar nicht gut zu gehen.« Er versuchte, sich im Sitz umzudrehen, um einen besseren Blick auf seine Frau erhaschen zu können. »Glaubst du, sie hatte einen Schlaganfall oder so was?«
»Mach dich nicht verrückt, Dad. Mum fällt andauernd in Ohnmacht, das weißt du doch. Ich denke, sie steht nur unter Schock. Apropos Schock – was hältst du von dieser verrückten Kathleen White? Wie kommt sie dazu, sich Garcia zu nennen? Die Frau ist nicht ganz dicht, wenn du mich fragst!«
Gillian beobachtete ihn scharf. Er wusste offenbar nichts von Sams Garcia-Vergangenheit.
»Sie ist eine Gefahr für die Allgemeinheit«, wütete Cam weiter. »Man sollte sie wegsperren. Wie erträgt Samantha sie nur?«
Die Behauptung, die Kathleen in der Kirche aufgestellt hatte, schien ihm keine sonderlichen Kopfschmerzen zu
bereiten. Demnach wusste er wohl, dass sie völlig aus der Luft gegriffen war. Gillian entspannte sich ein wenig. »Sie hat mit ihrer Mum kaum noch etwas zu tun«, klärte sie Cameron auf. »Vor fünf Jahren veranstalteten Sam und Ricky eine Party anlässlich seines fünfundzwanzigsten und ihres dreißigsten Geburtstages. Sie haben sich das Ganze eine hübsche Stange Geld kosten lassen und wider besseres Wissen auch ihre Mutter eingeladen. Es war so eine Art letzter Versuch der Familienversöhnung, glaube ich. Na ja, es kam, wie es kommen musste – Kathleen hat ihnen den ganzen Abend verdorben. Sie war betrunken, wie üblich, und hat ein Riesentheater aufgeführt. Himmel, sie ist Alkoholikerin, da muss man auf solche Szenen gefasst sein. Jedenfalls beschlossen Sam und Ricky damals, sie aus ihrem Leben zu streichen.« Gillian sah Cameron und James Judge an. Beide lauschten ihren Worten wie gebannt, und so fuhr sie fort: »Sam ist nur wegen ihrer bevorstehenden Hochzeit letzten Monat noch einmal nach Hause nach Galway gefahren, um ihre Mutter zu besuchen. Aber sie kam gar nicht dazu, mit ihr über ihre Heirat zu sprechen. Sowie sie Judges Whiskey erwähnte, rastete Kathleen total aus und belegte die arme Sam mit den wüstesten Schimpfnamen, die man sich vorstellen kann... genau wie vor ein paar Jahren, als Sam ihr erzählte, dass sie für die Judges arbeitet.« Sie blickte aus dem Fenster auf die vorüberziehende Landschaft. »Und da war der Ofen für Samantha endgültig aus. Sie hat sich geschworen, ihre Mutter nie wiederzusehen und nie mehr zu versuchen, Kontakt mit ihr aufzunehmen.«
»Was ist eigentlich mit ihrem Vater?«, erkundigte sich James Judge.
»Er lebt in Spanien; er ist Spanier. Ich glaube, Kathleen hat ihn nach Enriques Geburt vor die Tür gesetzt, oder er hat sie sitzen lassen – genau weiß ich das nicht.«
»Du meinst Ricky?« Cameron wurde erst jetzt bewusst, wie wenig er über die Familie seiner Freundin wusste.
»Ja, sorry – Ricky. Ich habe ihn wohl Enrique genannt, weil mir die ganze Garcia-Geschichte auf einmal wieder eingefallen ist.«
»Was meinst du mit ›Garcia-Geschichte‹?«, hakte Cameron beunruhigt nach.
Gillian holte tief Luft. »Der Vater von Samantha und Ricky ist ein Mann namens Pablo Garcia. Sie haben ihren Nachnamen in White geändert, als sie nach Galway gezogen sind. Es ist Kathleens Mädchenname. Kathleen dachte wohl, man würde sie und ihre Kinder mit einem anglisierten Nachnamen eher akzeptieren. Damals hegte man in Irland noch ein tief verwurzeltes Misstrauen gegen Fremde.«
James Judge zündete sich eine weitere Zigarette an und starrte vor sich hin. »Also war Kathleen White früher einmal Kathleen Garcia. Wollten Sie das sagen, Gillian?« Er sah ihr dabei nicht in die Augen.
»Genau. Aber das liegt eine halbe Ewigkeit zurück«, entgegnete Gillian.
Cameron
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