Zurueck ins Glueck
Wagen gekapert hat, um seine Mutter ins Krankenhaus zu bringen. Aber dann haben ihn ein paar hübsche junge Mädchen ins Fiddler’s Rest abgeschleppt, und damit schien er ganz zufrieden zu sein.«
»Freut mich.« Wendy lächelte schüchtern.
»Was zum Teufel war da heute überhaupt los?« Erstmals wagte es Paul, die Frage zu stellen, die ihm schon die ganze Zeit auf der Zunge brannte.
Wendy musterte ihn einen Moment lang nachdenklich, dann hob sie die Schultern. »Da die ganze Geschichte
morgen ohnehin in allen Zeitungen steht, kann ich Ihnen genauso gut jetzt schon alles erzählen. Die Hochzeit ist abgesagt, Paul. Bis auf Weiteres jedenfalls.«
Paul sah sie verdutzt an. »Nur weil Samanthas Mutter und Mrs. J in Ohnmacht gefallen sind?«
»Nicht weil sie ohnmächtig geworden sind, sondern warum «, berichtigte Wendy ihn. »Laut Kathleen, Samanthas lieber alter Ma... nun, sie behauptete, Cameron und Samantha wären Bruder und Schwester.«
Paul prustete vor Lachen. »So einen Unsinn habe ich ja noch nie gehört!«
»Woher wollen Sie denn wissen, dass sich Kathleen das alles aus den Fingern gesogen hat? Vor fünfunddreißig Jahren haben Sie ja wohl kaum schon für die Judges gearbeitet, oder?«
»Vor fünfunddreißig Jahren war ich gerade mal zehn, vielen Dank, aber ich weiß trotzdem, dass die Frau dummes Zeug geredet hat, Wendy.«
Also bist du jetzt fünfundvierzig, dachte Wendy. Und trägst keinen Ring.
»Denken Sie doch mal nach«, fuhr er fort, ohne zu ahnen, welchen heimlichen Fantasien sie sich gerade hingab. »Kathleen war sturzbetrunken, vermutlich wusste sie gar nicht, was sie sagt. Und wenn sie aus irgendwelchen unerklärlichen Gründen versucht hat, die Trauung zu verhindern, ist sie vermutlich mit dem Erstbesten herausgeplatzt, was ihr in den Sinn gekommen ist.«
Wendy grübelte einen Moment lang über seine Worte nach. »Wahrscheinlich haben Sie Recht. Kathleen leidet wohl wieder mal unter Wahnvorstellungen. Manchmal sollte man wirklich auf die Stimme der Vernunft hören.« Sie fragte sich, ob Paul wohl Single war. Mit seinen über
eins neunzig überragte er sogar Cameron Judge und Ricky, die beide nicht gerade klein geraten waren. Außerdem war er breit und kräftig gebaut, und Wendy hegte keinen Zweifel daran, dass er seine Muskeln zu gebrauchen wusste. Nicht übel , dachte sie, dann zwang sie sich, ihre abschweifenden Gedanken erneut auf das Problem zu lenken, vor dem sie momentan stand.
»Paul«, lächelte sie süß. »Hatten Sie mir nicht eben eine Mitfahrgelegenheit angeboten?«
5. Kapitel
C ameron Judges Miene verhieß nichts Gutes, als er quf den Empfang der Notaufnahme des Wicklow General Hospital zusteuerte.
»Was soll das heißen, Sie hatten ein Zimmer für sie, aber es ist mittlerweile anderweitig vergeben?«, schnauzte er die diensthabende junge Schwester an und schlug mit der Faust so fest auf die weiße Theke, dass die Ablagekörbe erzitterten. »Wer ist Ihr Vorgesetzter? Ich möchte mit jemandem sprechen, der hier das Sagen hat.« Sein Blick schweifte suchend durch den Raum.
»Es tut mir leid, Mr. Judge, Sir, aber wir dachten, die Dame, die vor einer halben Stunde eingeliefert wurde, wäre Mrs. Judge – Ihre Mutter, Sir.«
Wie konnte diese Bande von Schwachköpfen seine Mutter mit einer anderen Frau verwechselt haben, dachte Cameron aufgebracht. Er beugte sich über die Theke und dämpfte seine Stimme zu einem Flüstern, doch seine agressive Körpersprache war unmissverständlich. »Muss ich Ihnen sagen, wer ich bin? Haben Sie eine Ahnung, welche Unsummen wir diesem... dieser Bruchbude von einem Krankenhaus im Laufe ichweißnichtwievieler Jahre schon gespendet haben? Es gibt sogar eine nach der Familie Judge benannte Station irgendwo in diesem...« Er bezwang sich gerade noch rechtzeitig. Beinahe hätte er ›in diesem Puff‹ gezischt.
Das Wicklow General Hospital galt als hochmodern. Innerhalb der letzten fünf Jahre war es umgebaut und erweitert worden, weil die Einwohnerzahl von Wicklow stark angestiegen war. Dank der Kreativität ihrer Buchhalter hatten die Judges sämtliche finanziellen Zuwendungen an das Krankenhaus als Spenden deklarieren und von der Steuer absetzen können, so hielten sich die Ausgaben in Grenzen. Cameron änderte seinen Kurs leicht.
»Ihnen ist schon klar, dass der Chauffeur des Ministers – Minister Bill Boggan, um genau zu sein – vom Auto aus bei Ihnen angerufen hat, um dafür zu sorgen, dass ein Zimmer für meine Mutter bereitgehalten
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