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Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)

Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)

Titel: Zurück ins Licht (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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Er befand sich schon so lange in der Dunkelheit, dass er nicht mehr hätte sagen können, ob er die Augen geöffnet hatte oder nicht. Das unerträgliche Scheuern der Fesseln an den Handgelenken und um seinen Hals war endlich einer gnädigen Taubheit gewichen. Am liebsten hätte er laut aufgeschrien, doch er blieb stumm, träumte von sonnigen Tagen, die der endlosen Nacht vorausgegangen waren. Er träumte von der Freiheit, die ihm selbstverständlich gewesen war, von Karo, deren Liebe er so leichtfertig aufs Spiel gesetzt hatte.
    Angel spürte den Atem des Mannes dicht an seinem Ohr und zuckte zusammen. Er hatte ihn nicht kommen hören. Eine kalte, knochige Hand glitt über seine Wange und ein eisiger Schauer bescherte ihm eine Gänsehaut.
    „ Ich hatte geglaubt, wir könnten die Rückkehr des verlorenen Sohnes mit Champagner feiern, aber offensichtlich willst du mir die Laune verderben. Und dabei habe ich mich wirklich auf unser Wiedersehen gefreut.“
    Der Marquess umrundete seinen Gefangenen und blieb schließlich vor ihm stehen. Sacht strichen seine Finger über Angels Nacken und an seinem Hals entlang, bis sie nach seinem Puls tasteten und dort liegen blieben.
    „Geht ein bisschen schnell , meinst du nicht? Was sagst du als Arzt dazu? Ist das ein Zeichen von Angst? Vorfreude? Oder erregt dich meine Berührung? Kommt die Erinnerung schon zurück? Wessen Erinnerung mag es wohl sein? Wer wacht als Erster auf und meldet sich zum Dienst zurück, um dich zu schützen? Wer macht den Durst erträglicher für dich?“
    Seine Hand tastete sich unter Angels Hemd voran. Mit einem heftigen Ruck riss er es auf und ließ seinen Blick genüsslich über die wie gemeißelt wirkenden Muskeln und die von Narben verunstaltete Haut gleiten.
    „ Möchtest du etwas trinken? Nein? Bist du sicher, dass du dich nicht überschätzt? Du musst durstig sein nach so langer Zeit. Noch glaubst du vermutlich, die Kontrolle über deine Existenz zu haben. Wie lange, denkst du, kann ein Mensch ohne Wasser überleben? Ich habe mir sagen lassen, du hättest in der Army gelernt, körperliche Strapazen zu ertragen. Tage-, wenn es sein musste sogar wochenlang. Selbst schlimmste Folter, nicht wahr? Du weißt, was Schmerz ist, und kannst damit umgehen. Allerdings weißt du ebenfalls, dass dies nur bis zu einem gewissen Grad möglich ist. Und dann … ja, dann flehst du um Erlösung. Erlösung, die nicht kommen wird, weil ich der Einzige bin, der sie dir gewähren könnte, und bei entsprechender Gegenleistung mit sich handeln lässt. Ich werde dich nicht umbringen. Doch ich verspreche dir, wenn ich mit dir fertig bin, wirst du dir wünschen, dass ich es getan hätte. Warte nicht zu lange, denn irgendwann wird der Schmerz derart heftig, derart unaussprechlich, dass du dir ein Messer in die Hand wünschst, um dein Leid bereitwillig zu beenden.“
    Seine Beine wollten unter ihm nachgeben, der brennende Schmerz in den Schultern brachte ihn an die Grenzen seiner Selbstbeherrschung. Er wusste nicht, wie er es fertigbrachte, noch immer aufrecht zu stehen, wie er seine Gesichtsmuskeln davon abhalten konnte, in Krämpfen zu zucken. Er öffnete den Mund, aber ihm wollten die Worte nicht über die Lippen kommen. Woher konnte sein Entführer wissen, dass er die Kunst der Alten beherrschte, Schmerzen durch absolute Konzentration zu bannen? Woher wusste er all das, was er von ihm wusste? Er musste ihn kennen! Er musste sich erinnern!
    „ Du kennst den Schmerz, der den Magen wie Säure zerfrisst. Du bildest dir ein, in der Army hätten sie dich gedrillt und wie den letzten Dreck behandelt, bis du wie Phönix aus der Asche gestiegen bist.“ Wieder beugte er sich dicht über Angel und flüsterte ihm ins Ohr: „Ich will dir etwas verraten. Diese Fähigkeiten verdankst du nicht deiner besonderen militärischen Ausbildung. Du hast sie schon viel früher kultiviert. Sehr viel früher musstest du lernen, dich auf dich allein zu verlassen, um zu überleben. Und auch das hast du allein mir zu verdanken.“
    Angel hörte die vor ihm auf und ab wandernden Schritte , bis er schließlich glaubte, sogar den Geruch des Rasierwassers zu erkennen. Ihn fröstelte, als sich die Hand des Marquess’ auf seine Brust legte und die Wölbung seiner Muskeln nachzeichnete.
    Der Alte lachte leise und zufrieden, als sich Angels Sehnen wie Seile spannten, während er eine Brustwarze umfasste und sie leicht drückte. „Welch vollkommener Körper. Diese Muskeln, perfekt modelliert. Pure Kraft und

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