Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)
linken Hüfte quoll Blut und perlte über Bauch und Lende auf den Boden.
Was hatten sie mit ihm gemacht? Warum war er operiert worden? Er konnte sich nicht erinnern, Probleme mit den Nieren gehabt zu haben. Vorsichtig bewegte er seine langen Beine und streckte die Arme aus, bis sein Körper ein Pentagramm bildete. Er atmete tief ein und aus und versuchte, Kraft aus dem harten Boden unter sich zu schöpfen.
Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als er sich schwerfällig auf den Bauch rollte und wankend auf die Beine kam. Sein Puls raste bei dieser Anstrengung. Keuchend wischte er sich den Schweiß aus dem Gesicht. Auch an seiner Hand klebte Blut. Mit zusammengekniffenen Augen blickte er sich um.
Das Tageslicht, das sich durch ein kleines, vergittertes Fenster stahl, stach wie tausend feine Nadeln in sein Gehirn. Seine Hose und ein frisches Shirt aus der Reisetasche hingen an einem Kleiderständer, daneben lagen seine Toilettentasche und frisches Verbandsmaterial. Waschbecken, Duschen und Toiletten reihten sich in dem großen Raum aneinander. Ein Gefängnis? Der Umkleideraum einer Trainingshalle? Angel wusste es nicht.
Seine Finger klammerten sich am Rand des Waschbeckens fest. Er schrak zurück, als er sein Gesicht im Spiegel betrachtete. Seine Wangen waren eingefallen, dunkle Schatten lagen unter den blutunterlaufenen Augen. Er würde sich rasieren müssen. War es schon eine Woche her? Nein, länger. Sie würden ihn also bereits vermissen und suchen. Karo würde ihn vermissen. Aber er durfte nicht an sie denken! Danilo kümmerte sich um sie, so war es ausgemacht, und sein Freund hielt jedes Versprechen. Sie war in guten Händen bei ihm. Er würde es nicht wagen, ihr zu nahe kommen, sie lediglich unterstützen, solange er selber nicht bei Karo sein konnte, bei ihr und den Babys. Er vertraute seinem Bruder, selbst jetzt noch, nachdem er von Danilos Liebe zu Karo wusste.
Er musste raus hier! Weg von seinen Entführern und dem mysteriösen Marquess, der mehr über ihn wusste, als er zu diesem Zeitpunkt begreifen konnte. Weg von Sina, die ihn verraten und missbraucht hatte. Er zerrte seine Kleidung vom Wandhaken und zog sich mit fliegenden Händen an. Vor seinen Augen verschwammen die Konturen des Raumes. Vorsichtig tastete er sich an der Wand entlang zur offen stehenden Tür. Die Waschbecken, Spiegel und Duschen begannen, sich um ihn zu drehen. Er richtete seinen Blick auf die Tür. Sie versprach ihm Freiheit und das Wiedersehen mit Karo. Mit einer matten Handbewegung fuhr er sich über die schweißnasse Stirn. Doch der Schmerz ließ sich nicht wegwischen.
Er hatte den Gang erreicht, als ihm schwarz vor Augen und der Boden unter den Füßen weggerissen wurde.
„Angel! Komm zu dir!“
Die Stimme klang gedämpft, als würden sie sich unter Wasser befinden. Eben noch geborgen und gewärmt fühlte er, wie er aus den Tiefen des Ozeans langsam an die Oberfläche glitt. Es gelang ihm nicht, im schützenden Dunkel zu bleiben, und die Schmerzen überfluteten ihn.
„Hej, hej, hej. Wach auf, Junge. Mach schon, sieh mich an!“
Ein harter Schlag ins Gesicht brachte ihn endgültig ins Bewusstsein zurück. Sina kniete neben ihm auf dem Boden und öffnete kopfschüttelnd die Blutdruckmanschette an seinem Oberarm.
„Was für ein Narr du doch bist!“, keifte sie. „Hast du dir eingebildet, der Alte würde dich so ohne weiteres gehen lassen? Ich habe dich wirklich für klüger gehalten. Keine Angst, ich werde ihm nicht von deinem missglückten Ausflug erzählen. Hier, trink das. Dein Kreislauf ist im Keller. Mit diesem Blutdruck ist es sinnlos, an Flucht auch bloß zu denken. Du kommst aus dieser Festung nicht raus, nicht alleine und in diesem Zustand sowieso nicht.“
Das warme Wasser der Dusche, zu der Sina ihn wenig später führte, belebte ihn auf angenehme Weise. Für einen Moment hatte er das trügerische Gefühl, den Dreck abwaschen zu können, in den sie ihn getreten hatten.
Warum schon wieder? Wann hatten diese Quälereien endlich ein Ende?
Denk nicht daran! Sie werden dich finden. Es kann nicht mehr lange dauern. Jetzt wissen sie, dass sie nach dir suchen müssen. Der Kongress ist zu Ende und Karo wartet auf deine Rückkehr .
„Komm her, ich helfe dir.“ Sina stand mit einem Handtuch in der Tür und musterte ihn begierig von Kopf bis Fuß. Wortlos ließ sich Angel von ihr einen frischen Verband anlegen und den wild sprießenden Bart rasieren.
„Die Narbe sieht übel aus. Brauchst du etwas
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