Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)
senkte den Kopf. „Ich kann es Ihnen nicht sagen. Es tut mir leid, wirklich. Kommissar Richter hat die Sache weitergeben müssen. Ab sofort kümmern sich andere Stellen um die Fälle Tailor und Stojanow.“
„Die Fälle Tailor und Stojanow?“, wiederholte der Professor irritiert und starrte seinen Kollegen mit einem etwas dümmlichen Gesichtsausdruck an. „Seit wann ist Angel … ein Fall? Für wen überhaupt? Ich meine, wer, wenn nicht die Polizei, kümmert sich darum? Und was hat der Unfall von Karos Freundin mit Angels Verschwinden zu tun?“
Um sich Zeit für eine Ausrede zu verschaffen, leerte Danilo langsam seinen Kaffeebecher und stellte ihn umständlich auf dem Tisch ab.
Aber der Professor hatte bereits begriffen, dass Danilo ihm damit zu verstehen geben wollte, dass dieses Thema ein Tabu war. „Du darfst nichts sagen und bedauerst es selbstverständlich. Man könnte fast meinen, uns könnte langweilig werden, wenn wir nicht ständig damit beschäftigt wären, uns für irgendetwas zu entschuldigen? Nein, ist schon gut! Pass auf Karo auf. Und ich werde nicht wieder fragen.“
Grußlos ließ der Professor Danilo stehen.
Mit einem verzweifelten Aufschrei schlug Danilo seine Faust an die Wand. Wieder und wieder, bis das Blut über seine Knöchel lief. Er verfluchte den Tag, als Angel, statt sich an der Medizinischen Fakultät einzuschreiben, wie es alle in der Klinik von ihrem Ziehkind erwarteten, für eine Militärhochschule entschieden hatte. Angel hätte sich auf keine Beziehung zu Karo einlassen dürfen, bevor er nicht endgültig mit seiner Vergangenheit aufgeräumt hatte.
Und was, wenn er nicht wiederkam? Wenn so seine Vergangenheitsbewältigung aussah?
Er konnte weder sehen noch hören. Allein der Schmerz ließ ihn wissen, dass irgendwo noch ein Funke Leben in ihm glomm, bis sich entsetzliche Qualen durch jede einzelne Faser seines zerschlagenen Körpers fraßen und er wünschte, es wäre endlich vorüber. Er war nicht in der Lage, irgendetwas Konkretes um sich wahrzunehmen, lediglich seinen seltsam rasselnden Atem spürte er mehr, als dass er ihn hören konnte. Rote Blitze explodierten vor seinem inneren Auge, drehten sich rasend schnell im Kreis und brachten ihn an den Rand des Wahnsinns.
Eine Schockwelle riss ihn zurück und ließ ihn aufstöhnen. Allmählich erwachten seine Sinne, die Muskeln strafften sich und auch die Erinnerungen kehrten wieder. Nach wie vor steckte die Kanüle in seiner Armvene. Sie hatten seinen Körper mit Drogen vollgepumpt, dann allerdings vergeblich auf die erhoffte Wirkung des Giftes gewartet. Nach der vierten Injektion hatten sie es aufgegeben, ihn mit dieser Methode zum Sprechen zu bringen. Eine weitere Dosis hätte ihn für alle Ewigkeit schlafen geschickt. Doch diesen Gefallen wollten sie ihm nicht tun. Noch nicht und vor allem nicht so schnell. Es gab noch so vieles, was sie an ihm ausprobieren wollten. Und wenigstens um Gnade sollte er flehen.
Selbstverständlich hatten sie mit Angels Widerstand gerechnet, dennoch sahen sich in diesem Moment der Marquess und die Ärztin ratlos an. Nie zuvor hatte ein solch starrköpfiger Proband mit derart hoher Schmerzgrenze auf ihrem Tisch gelegen. Nach der zweiten, spätestens dritten Dosis hörten sie von jedem Versuchskaninchen, was sie hören wollten. Aus Stojanow dagegen bekamen sie keinen Ton heraus.
Unkontrolliertes Zucken seiner Muskeln trieb ihm den Schweiß auf die Stirn. Trotz größter Anstrengungen gelang es ihm nicht, sich und seinen Körper in die Gewalt zu bekommen. Entzugserscheinungen! Diese Erkenntnis schlug wie eine Bombe in sein Bewusstsein und explodierte mit brachialer Gewalt. Sie experimentierten mit Drogen und setzten ihn anschließend auf Entzug. Der Marquess hatte Recht, es war ein verfluchtes Teufelszeug. Er hätte zu gern gewusst, was sie testeten.
W eshalb sollte ihn das interessieren? Es war genauso unwichtig wie die Frage nach der Zeit, die er bereits zwischen Leben und Tod verbracht hatte. War es wirklich möglich, diese Folter noch länger zu ertragen? Wie lange? Er wollte nach Hause. Nach Hause, wo sie auf ihn warteten und wo er gebraucht wurde. Die Sehnsucht nach seiner Familie würde ihn eine gewisse Zeit über Wasser halten. Aber er fühlte, wie seine Energie mit jedem weiteren Tag in dieser Hölle schwand.
Noch einmal über Karos widerspenstig es Haar streichen, ihren Duft einatmen, erfüllt sein von dem hellen Lachen und seine Babys … nach Hause …
Irgendwann wurden die
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