Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)
„Inwiefern aufschlussreich? Wollen Sie eigentlich auch Arzt werden?“
„Die Verbindung zur Klinik steht. Sie können jetzt mit Professor Vogel sprechen, Doktor Iwanow“, dröhnte es im gleichen Augenblick aus der Kanzel.
Thomas Aspen atmete erleichtert auf und wischte sich den kalten Schweiß von seiner sommersprossi gen Stirn. Iwanow würde keine Antwort mehr auf seine Frage erwarten. Sobald er den Helikopter verlassen hätte, wäre er auch schon vergessen. Gut so, frohlockte Aspen, seine Angelegenheiten gingen niemanden etwas an – bis zum großen Showdown.
„Er lebt.“
Danilos Kopf ruckte nach oben. „Er … er lebt?“, wiederholte er mit einfältiger Miene, als versuchte er zu verstehen, was dieser nüchterne Satz zu bedeuten hatte. „Halten Sie mich zum Narren, Professor? Sie tun, als ob ich das nicht selbst gesehen hätte! Das ist ein bisschen wenig, meinen Sie nicht auch?“
„Für den Anfang müssen wir damit zufrieden sein, Danilo.“
„Sie meinen es tatsächlich ernst. Aber wie kann ich mich damit zufriedengeben? Sie hatten ihn beinahe“, er warf einen flüchtigen Blick auf seine Uhr, obwohl er genau wusste, wie spät es war, hatte er doch jede Minute einzeln gezählt, „eine Stunde im Schockraum und mehr haben Sie nicht festgestellt?“
„Was hast du erwartet?“ Der Alte schnaufte verärgert und zog Danilo am Ärmel hinter sich her. „Komm mit! Na, komm schon, du Schlaumeier, und sieh dir die Röntgenaufnahmen und den Ultraschall genau an! Und nun sage mir, was wir deiner Meinung nach hätten tun sollen. Was?!“, blaffte er ihn an.
Danilo wandte sich der beleuchteten Wand zu und studierte eine Aufnahme nach der anderen. Schließlich deutete er auf eines der Bilder. „Sie haben ihm eine Niere entfernt. Warum das? Angel hatte nie Probleme mit den Nieren.“
Der alte Mann wischte sich eine Strähne seines schütteren Haares aus der Stirn. Er klang frustriert und wütend zugleich, als er Danilo erklärte: „Jetzt schon. Jetzt kann sie ihm gewaltige Probleme bereiten. Warum sie ihm die linke Niere entnommen haben, kann ich nicht sagen. Aber das verbliebene Organ ist durch Dehydratation derart geschädigt, dass wir umgehend mit der Dialyse beginnen werden.“
„Und“, Danilo schluckte schwer, „was ist … mit der Leber? Diese Schatten hier, was haben sie zu bedeuten?“
„Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich das Ausmaß der Schädigungen seiner Organe – und damit meine ich sämtliche Organe – lediglich vage abschätzen. Du weißt, dass Dauerstress Blutmangel im Magen verursacht, was Entzündungen fördert und zu Geschwüren führen kann. Stresshormone erhöhen außerdem den Blutdruck und steigern die Produktion von Fettmolekülen, sodass wir mit Herzrhythmusstörungen und schlimmstenfalls mit einem Schlaganfall rechnen müssen. Durch permanenten Schlafentzug entgleist der Stoffwechsel, das Immunsystem kann zusammenbrechen. Ich könnte dir eine nahezu endlos lange Liste möglicher Komplikationen aufzählen, auf die wir vorbereitet sein müssen, aber das wird nicht nötig sein, da dir das alles selbst klar ist. Uns bleibt nichts anderes übrig, als jeden Moment neu zu entscheiden, welcher Schritt bei seiner Behandlung als nächster gegangen werden muss. Glaube mir, mich befriedigt diese Ungewissheit ebenso wenig. Stellen wir uns auf einen sehr langwierigen Behandlungsprozess ein.“
Erst allmählich wurde Danilo die Tragweite dieser Einschätzung bewusst. Erschüttert studierte er die Aufnahmen, wieder und wieder. Vielleicht hatten sie ja doch etwas übersehen, was die düsteren Prognosen des Chefarztes relativierte. Sie mussten etwas finden, irgendetwas, das ihnen Hoffnung gab.
„Nimm dir ein paar Tage frei, Danilo. Deine Familie braucht dich jetzt. Für Angel kannst du im Augenblick ohnehin nichts tun, deswegen kümmere dich um Karo und die Kinder.“
Danilo hatte den Mund bereits für eine protestreiche Erwiderung geöffnet, als Professor Vogels Hand in die Höhe schoss. „Warte! Um eines muss ich dich allerdings noch bitten.“ Der Blick des Chefarztes wurde schärfer. „Eine Anweisung. Alle werden sich strikt daran halten und das erwarte ich in der Hauptsache von dir. Karo darf unter keinen Umständen zu Angel. Nicht zu diesem Zeitpunkt.“
„Sie verbieten ihr … “ Total perplex schaute Danilo auf. „Das können Sie nicht tun. Das können Sie weder Angel noch Karo antun! Die beiden haben seit zwei Jahren auf diesen Tag gewartet.“
„Ich habe mi r die
Weitere Kostenlose Bücher