Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)
es auch wert, darum zu kämpfen. Denn ich glaube“, verhaltene Heiterkeit tröpfelte jetzt über Catherines Lippen, „es hat dich erwischt, altes Mädchen. Ohne Zweifel! Du wartest auf sein Erwachen, weil du noch nie einen Mann mit schwarzem Haar gemalt hast. Du willst ihn.“
Das unverschämte Grinsen zog Cats Mund bereits von einem Ohr bis zum anderen, als Susann es schließlich bemerkte und daraufhin Cat eine freundliche Miene, aber eine unfreundliche Geste zeigte.
„Als Modell selbstverständlich. Deswegen bist du derart ungeduldig. Du kannst es nicht erwarten, was er dir auf diesen Vorschlag antworten wird.“
Susann zuckte bemüht gleichmütig mit der Schulter und widmete all ihre Aufmerksamkeit dem Kaffeesatz in der leeren Tasse.
„Nun gut, da du offenbar mit zwei Männern überfordert bist, werde ich mich mal um diesen komischen Vogel von einem Zwillingsbrude r kümmern. Erster vorsichtiger Check aus sicherer Entfernung, versteht sich. Stille Wasser sind tief und besonders gut schwimmen kann ich nicht.“
Noch bevor sie das letzte Wort zu Ende gesprochen hatte, riss Cat blitzartig die Hände nach oben und brüllte: „ Shit! Erinnere mich bloß nicht an den Zeesentörn und mein Bad im Bodden!“ Lachend warf sie eins der handbemalten Seidenkissen nach der Freundin und stimmte den „Drunken Sailor“ an, in den Susann grölend einfiel.
6. Kapitel
Wie an jedem Tag hatte sie auch dieses Mal die Werte auf dem grünen Monitor des Überwachungsgerätes abgelesen und mit denen des Vortages verglichen. Wie jeden Tag hatte sie danach ihren Zeichenblock aus dem abgewetzten Lederrucksack hervorgezogen und sich an Stojanows Bett gesetzt.
Während sie sonst jedoch unablässig redete, blätterte sie heute gedankenverloren in ihrem Malblock. Nach mehr als zwei Wochen ununterbrochenen Redens fühlte sie sich, als hätte ihr jemand abrupt die Luft abgedreht. Schön, Angel musste seit kurzem nicht mehr beatmet werden. Vermutlich hatte er, so mutmaßte Susann bitter, die Schnauze voll von Beethoven, dessen gesammelte Werke er inzwischen in- und auswendig kannte. Das war aber schon die einzige Veränderung, die nach all der Zeit an seinem Gesundheitszustand zu erkennen war.
Plötzlich stutzte sie. Mit hochgezogenen Brauen schlug sie die letzte Seite des Skizzenblocks noch einmal auf. Wieder verglich sie mit der zuvor angefertigten Studie, setzte ihre Brille ab und schüttelte ungläubig den Kopf. Dann rieb sie sich mit dem Handrücken über die Augen. Verflixt, das konnte nicht sein! Offenbar hatten ihre Portraits noch weniger Ähnlichkeit mit den bedauernswerten Modellen, als sie ohnehin vermutet hatte. Sie sollte in Zukunft besser die Finger davon lassen, bevor sie sich damit in der Öffentlichkeit unsterblich blamierte.
S ie starrte in Angels maskengleiches Gesicht und erneut auf das Blatt. Wie sie es drehte und wendete, es bestand kein Zweifel! Und während sie noch grübelte, was das für sie bedeuten mochte, trat ohne Vorwarnung und absolut unerwartet das ein, woran sie kaum mehr zu glauben gewagt hatte.
„Ka- ro.“ Mühsam hauchte er den Namen, doch es hätte genauso gut ein Kanonendonner sein können, derart wirkungsvoll zerriss die raue Stimme des Arztes die Stille.
Susanns Kopf schoss in die Höhe. Es erschreckte sie zutiefst, ihren Namen zu hören, kaum vernehmlich und kratzend. Aus seinem Mund! Mit dieser Stimme, die sie sofort erkannte, obwohl sie so völlig anders klang als bei ihrer ersten Begegnung.
„Oh Mann! Oh … oh, mein Gott, Angel, du … du redest. Du redest mit mir. Und du lebst!“
Wie elektrisiert sprang sie auf die Füße. Das Zeichenheft fiel zu Boden, weil sie die Hände auf ihr rasendes Herz pressen musste, um es daran zu hindern, vor Freude zu zerspringen. Tränen der Erleichterung und des Glücks schossen wie Fontänen aus ihren Augen, ohne dass sie dieser Nebensächlichkeit Beachtung schenkte.
„Du lebst wirklich wieder. Ich glaube es nicht! Aber ich habe es gewusst! Ich wusste doch, dass wir das schaffen werden! Soll ich dir sagen, wie lange ich darauf gewartet habe? Du hast mich Ewigkeiten zappeln lassen.“
Ganz spontan drückte sie dem Arzt einen Kuss auf die Wange. Und dann noch einen mitten auf seinen Mund. Zwei glitzernde Tränen blieben auf seiner Haut zurück.
„Dabei wollte ich nichts anderes, als mich bei dir bedanken. Für meine Rettung. Und überhaupt. Weil du da warst, als ich dich gebraucht habe. Nach dem Unfall und als ich in einem fremden Bett
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