Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)
…“
„Es kann immer und überall passieren, Karo, ohne jede Vorwarnung. Fakt ist, wir wissen nicht, was der Auslöser ist.“
„Immer und überall?“, hakte sie misstrauisch nach. „Auch im OP?“
Danilo schloss die Augen und nickte schließlich.
„Und dieses Risiko könnt ihr ruhigen Gewissens eingehen? Weiß der Professor davon?“
Wieder reagierte Danilo lediglich mit einem Nicken.
„Unglaublich. Ich hielt ihn tatsächlich für einen kompetenten und verantwortungsbewussten Menschen. Jetzt zweifle ich fast an seinem Verstand. Und ihr könnt nichts dagegen tun? Gibt es denn keine Medikamente, die helfen?“
N icht bei Angel.
Da nilo ging in die Hocke, bis er mit Karo auf gleicher Augenhöhe war. Ihre Hände zitterten unkontrolliert, als er sie behutsam zwischen seine Finger nahm. „Es tut mir leid. Wir hätten es dir vorher sagen sollen. Um ehrlich zu sein, wir haben gehofft, in deiner Nähe … im Urlaub würde es besser werden.“
Er wagte nicht , in ihre fragenden Augen zu schauen. Zu sehr brannte das Verlangen in ihm, sie in seine Arme zu nehmen und zu trösten, ihr zu zeigen, dass sie nicht alleine war mit ihrer Sorge um Angel.
Denn er hatte Angst! Angst davor, Karo könnte in seinem Gesicht lesen, dass er sie angelogen hatte, weil die Krampfanfälle seines Freundes keineswegs so harmlos waren, wie er behauptete.
„ Soll das heißen … Ihr habt das alles geplant, nicht wahr? Ihr habt genau gewusst, was passieren würde. Und einfach gehofft, es könnte schon nicht so schlimm werden.“
„Ich will dir sagen, was ich weiß.“
„Was du mir sagen darfst“, verbesserte sie ihn mit ätzender Stimme.
„Die Narben sind zum größten Teil ein Andenken an seine Armeezeit. Er war Kampftaucher. Angel hat nie darüber geredet. Nicht mal mit mir. Ein einziges Mal habe ich versucht, ihn dazu auszufragen. Die Antwort gab er mir Tage später beim Kumite-Training. Erst entschuldigte er sich bei mir und noch ehe ich fragen konnte, wofür eigentlich, hatte er mit einem Kansetsu geri mein Bein gebrochen.“ Danilo lachte bitter auf und verzog das Gesicht bei der Erinnerung an die schmerzhafte Lektion, die ihm sein Freund damals erteilt hatte.
„Er hat dir … dich … mit Abs icht …“ Sie holte mehrmals tief Luft.
„E r-hat-dich-mit-Absicht-verletzt.“ Wenn sie es langsam und deutlich aussprach, würde er vielleicht die Bedeutung ihrer Worte verstehen. Sie zumindest hatte den Eindruck, nicht mehr klar denken zu können. „Und du hast nichts anderes getan, als … Hast du wenigstens zurückgeschlagen?“
Sie beobachtete, wie er den Kopf senkte und kam seiner Antwort zuvor. „Oooh nein! Du doch nicht! Was bist du eigentlich? Er kann dich ganz nach Belieben vermöbeln und dir sämtliche Knochen brechen und du sagst nichts anderes als Ja und Amen dazu? Wie kann man dermaßen bescheuert sein? Er hat dich vorsätzlich verletzt! Herrgott nochmal, ihr seid Ärzte!“
„Und Angel der bessere Karateka. Das wussten wir beide. Natürlich war ihm klar, was er damit auslöste, welche Konsequenzen das auch für ihn hätte haben können. Es hat eine Weile gedauert, bis er mir den Grund für seine Wut nannte. Schuld war mein Wunsch, mich ebenfalls zu den Kampftauchern zu melden, dem Vorbild meines großen Bruders nachzueifern, so wie ich es schon von klein auf getan hatte. Da ist er ausgerastet. Es mutete an wie ein ganz normaler Sportunfall und folglich stellte niemand unliebsame Fragen. Wer Kampfsportarten trainiert, muss mit dieser Gefahr leben.“
„ Es war also deine Schuld? Weil du dir dasselbe Recht herausnehmen wolltest wie er, nämlich selbst zu entscheiden, was du mit deinem Leben anfangen willst? Du nimmst ihn in Schutz, obwohl er dir deine Pläne zerstört hat?“
Eine ganze Weile blickte er Karo an. „Ja. Er ist mein Freund“, erwiderte er nüchtern, als würde die Tatsache, dass sie Freunde waren, bereits alles erklären.
„ Was seid ihr nur …“ Sie schlug frustriert die Hand durch die Luft. „Ach, vergiss es. Wozu verschwende ich meine kostbare Zeit mit Idioten? Aber verrate mir noch eins: Wenn ihr euch tatsächlich Freunde nennt, wie behandelt ihr dann eure Feinde? Schlagt ihr immer gleich zu, ohne die Hintergründe zu erfragen? Das ist total krank, weißt du das?“
„Ja. Und aus eben diesem Grund werde ich alles tun, was in meinen Kräften steht, um Angel zu helfen. Um meinetwillen ist er dieses Risiko eingegangen. Was hätte es geändert, wenn ich ihn angezeigt
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