Zurück von den Toten - Dark Village ; 4
erschossen?â
âJaâ, wiederholte er. âIch habe zwei Menschen umgebracht.â
Es war so leicht, es zu sagen. Er verstand gar nicht, wieso er es noch nie jemandem erzählt hatte. Es waren ja nur Worte! Und dann erzählte er alles: von seiner Kindheit; vom Vater, der sich aufgehängt hatte; von seiner Mutter und der Zeit in Amerika; vom Pflegevater, der Katie missbraucht hatte. Er kramte das Foto von Katie aus dem Portemonnaie und zeigte es Synnøve. Und er erzählte von den Schüssen oben auf der Staumauer. Wie Katie hinuntergestürzt war, haltlos auf das Wasser zu, das unendlich tief unten wartete und aus dem sie nie wieder aufgetaucht war.
âDu warst das?â, fragte Synnøve. âDu hast sie getötet?â
âJaâ, sagte er.
âHast du das je irgendwem erzählt?â
âNein.â
âDas darfst du auch nichtâ, sagte sie. âNiemals. Das darfst du nie erzählen, niemandem.â
âNeinâ, sagte er.
âIch helfe dirâ, sagte sie. âIch will sehen, was ich tun kann, damit man dir die Sache später nicht anhängt. Man kann nie wissen. Es dauert lange, bis so etwas verjährt ist.â
âOkayâ, sagte er.
âMach dir keine Sorgen.â Sie lächelte. âIch kriege das schon hin.â
Und er dachte, dass er endlich einen Menschen gefunden hatte, der ihn mochte. Der bereit war, etwas für ihn zu tun. Sich um ihn zu kümmern. Ohne etwas dafür zu verlangen.
5
Es war leicht. Nachdem sie den richtigen Einfall gehabt hatte, war alles ganz einfach gewesen.
Keiner der anderen Kollegen wollte etwas mit Nick zu tun haben. Das bekam sie immer wieder zu hören, wenn sie um Rat fragte oder danach, wie sie in seinem Fall am besten weiter vorgehen sollte: âGeh mir bloà weg mit dem Querulanten. Das ist ganz allein dein Problem.â
Nick hatte zweimal den Nachnamen gewechselt. Erst vom Familiennamen des Vaters zu dem der Mutter. Später hatte er den Familiennamen von Pflegeeltern angenommen, als diese in einem sentimentalen Moment beschlossen hatten, ihn zu adoptieren. Was allerdings dadurch zunichtegemacht wurde, dass er eine Woche später ein Moped klaute.
Synnøve Viksveen verteilte Nicks Papiere auf drei Aktenordner, einen für jeden Nachnamen, ohne dass es eine offensichtliche Verbindung zwischen den drei Personen zu geben schien. Natürlich hätte man trotzdem herausfinden können, dass es sich um ein und denselben Jungen handelte. Aber das erforderte Zeit, engagierte Mitarbeiter und den Willen, sich mit dem Fall zu befassen.
âAber meine Personennummer und allesâ, wandte Nick ein, als sie es ihm erzählte. âWenn einer die Datenbanken danach durchsucht, haben sie mich doch sofort.â
Synnøve Viksveen hob die Hände und lieà die Finger tanzen. âTippfehler! In unserem System bist du jetzt drei verschiedene Nicks mit drei verschiedenen Personennummern.â
Sie hatten sich gerade an einem kleinen Kiosk heiÃe Wiener gekauft. Es war Herbst und es war kalt. Synnøve Viksveen trug Handschuhe. Die Würstchen dampften.
âVergiss nur nicht, was ich für dich getan habeâ, sagte sie.
âNein, natürlich nicht.â
âIch weià alles über dichâ, sagte sie.
Sie merkte, wie sein Körper sich versteifte. Jetzt hat er es begriffen, dachte sie. Jetzt hat er erkannt, dass ich ihn in der Hand habe.
âWir gehen zu mirâ, sagte sie.
6
Der Ermittlungsleiter fingerte an seiner Kaffeetasse herum. Er saà Nick direkt gegenüber. Der Tisch zwischen ihnen war grau und wackelig. Kruse hockte neben dem Ermittlungsleiter.
Der vierte Mann im Raum befand sich auf Nicks Seite des Tisches. Er hatte seinen Stuhl ein paar Meter zurückgezogen. Er hieà Williksen und war der Pflichtverteidiger. Williksen tat nicht viel mehr, als sich zu räuspern, oft und ausgiebig. Kruse warf ihm jedes Mal einen ärgerlichen Blick zu.
âDu musst endlich den Mund aufmachen, Nickâ, sagte der Ermittlungsleiter. âDu musst sagen, was zu Hause bei Synnøve Viksveen passiert ist. Und du musst alles erzählen, was davor zwischen Frau Viksveen und dir vorgefallen ist. Verstehst du? Also los jetzt. Ich muss absolut alles über dich und Synnøve Viksveen wissen!â
âWir waren zusammenâ, sagte Nick.
Die Antwort kam so schnell und unerwartet, dass die drei anderen zusammenzuckten und sich
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