Zurückgeküsst (German Edition)
nicht einfach planlos durch Manhattan laufen. Was meinst du, wo er hingegangen sein könnte?“
Er rieb sich die Augen. „Ich weiß es nicht, Harper. Ich … Wir haben nicht viel zusammen unternommen. Wenn dieser Idiot Jason mich nur anrufen würde! Vielleicht fällt ihm etwas ein, aber ich habe wirklich keine Ahnung.“
„Okay. Gut. Was tun wir jetzt? Er ist nicht bei seiner alten Arbeit … Was hat er denn sonst noch gern gemacht? Ich weiß nicht … Mochte er Dinosaurier? Vielleicht ist er zum Naturkundemuseum gegangen?“
Nick zuckte mit den Schultern. „Das glaube ich nicht.“
„Was ist mit Pferden? Er ist doch geritten, oder? Gibt es hier irgendwo im Park einen Pferdestall?“
Nicks Gesicht erhellte sich. „Du bist ein Genie, Harper.“ Dann winkte er einem Taxi.
Zwei Stunden später waren Nick und ich immer noch nicht weiter. Mr Lowery war weder bei den zwei Pferdeställen Uptown gewesen noch in der Freizeitanlage im Park selbst, wo die Reitpfade begannen. Nick hatte der Polizei von der Überlegung erzählt, sein Vater könne irgendwo an einem Ort mit Pferden sein, und sie suchten an denselben Plätzen wie wir mit dem leider ebenso negativen Ergebnis.
Wir verteilten ein paar Handzettel und sprachen so viele Leute an wie möglich, aber es sah schlecht aus. Mittlerweile liefen wir einfach kreuz und quer durch den Central Park, der die übliche Mischung an Besuchern aufwies – Touristen aus aller Welt, Jogger, Studenten, die auf dem Gras lagen, Kinder,die über die Felsen kletterten. Ich hatte vergessen, wie laut New York war, der endlose Verkehrslärm, dröhnende Hupen, Sirenengeheul, Stimmengewirr, Musik aus Radios und von Straßenmusikern.
Nick telefonierte jede Viertelstunde mit dem Pflegeheim und der Polizei. Offenbar hatte es mehrere Hinweise zu Personen gegeben, auf die Mr Lowerys Beschreibung passte, aber er war es nie gewesen.
Ich selbst war verschwitzt und klebrig und machte mir immer mehr Sorgen. Außerdem hatte ich schrecklichen Hunger, unsere letzte Mahlzeit – wenn man es denn so nennen konnte – war ein Päckchen Salzbrezeln im Flugzeug gewesen. Während Nick telefonierte, holte ich bei einem Straßenverkäufer einen Hot Dog für Coco, hatte für einen zweiten aber nicht mehr genug Bargeld. Ich trug Coco jetzt auf dem Arm, da ich Angst um ihre kleinen Pfoten auf dem rauen Asphalt hatte, und die Arme taten mir weh. Sie wog zwar nur acht Pfund, aber mittlerweile kam sie mir vor wie eine bewusstlose Dänische Dogge.
Es war schwer, sich das Schlimmste vorzustellen … wie der arme Mr Lowery einfach auf den West Side Highway lief oder in den East River fiel oder von einem Straßenräuber angegriffen würde. Es tat mir so leid für Nick, der trotz der mangelnden Fürsorge seines Vaters ein so guter Sohn war.
Inzwischen hatte Jason angerufen – anscheinend war er in einem Spielcasino in Las Vegas. Er hatte aber auch keine Idee, wo man nach seinem Adoptivvater suchen könnte. Chris war immer noch nicht erreichbar, sodass Nick nur wieder eine Nachricht hinterlassen konnte.
„Wir werden ihn finden“, versicherte ich erneut, auch wenn ich nicht hundertprozentig davon überzeugt war. Er nickte, obwohl er gleichermaßen entmutigt wirkte.
Dann klingelte sein Handy. „Nick Lowery?“ Sein Gesicht hellte sich auf. „Wo? Okay, wir sind unterwegs.“ Er legte auf, fasste meine Hand und begann, Richtung Straße zu laufen. „Du hattest recht mit den Pferden“, sagte er. „Jemand hat einen Mann ohne Hose bei den Pferdekutschen gesehen und die Polizei verständigt. Taxi!“ Ein gelbes Taxi scherte aus dem vorbeifahrenden Verkehr aus, und Nick riss die Tür auf. Ich stieg ein, Coco auf dem Arm, und war unendlich dankbar, fürs Erste nicht mehr laufen zu müssen.
„Fifth Avenue, Ecke neunundfünfzigste“, sagte Nick dem Fahrer, dann wandte er sich zu mir. „Als der Polizist zum gemeldeten Ort kam, war Dad schon wieder verschwunden, aber jemand hat ihn die Fifth Avenue runtergehen sehen, also …“ Er klang hoffnungsvoll und wippte vor Nervosität mit den Knien.
Man konnte erkennen, dass auch die Polizei diese Spur aufgenommen hatte, denn auf der Straße waren neben der langen Reihe der Pferdekutschen gegenüber des Plaza Hotels viele schwarz-weiße Polizeiwagen zu sehen. Nicks Handy klingelte erneut. „Ja? Okay. Ja, sicher.“ Er legte auf. „Wieder eine mögliche Sichtung an der St. Patrick’s Cathedral.“ Er klopfte an die Trennscheibe. „Fahren Sie weiter die Fifth hinunter,
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