Zurückgeküsst (German Edition)
„Was wird im Moment getan, wo überallhaben Sie schon gesucht, was trägt mein Vater für Kleidung, wie viele Leute suchen nach ihm?“
Sie berichteten uns von den bisherigen Bemühungen – ein Fahndungsaufruf, Fotos, Nachrichtenmeldungen, Befragen der Nachbarschaft. Danach zeigten sie uns die Handzettel, die verteilt wurden, auf dem ein großes Foto von Nicks Vater prangte. Ich erschrak. Mr Lowery war schockierend gealtert. Sein Haar war weiß und schütter und sein Gesichtsausdruck schlaff und abwesend. Er konnte nicht älter als fünfundsechzig sein, sah aber aus wie achtzig.
„Gibt es einen Ort, zu dem er vielleicht gehen wollte, Nick?“, fragte ich, als uns alle Informationen mitgeteilt worden waren. Schließlich sah ich nicht umsonst Law & Order .
„Das wollte ich auch gerade fragen“, warf Detective Garcia ein.
Nick fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Haben Sie bei seiner alten Firma nachgefragt?“, meinte er dann. „Vielleicht ist er dorthin gegangen.“
Ein kurzer Anruf, und wir wussten, dass Mr Lowery nicht in sein altes Firmengebäude an der Madison Avenue gewandert war. Und obwohl es unwahrscheinlich war, dass er den Weg zu seinem alten Haus in Westchester County finden würde, informierte die Polizei die neuen Besitzer und bat um sofortige Nachricht, falls er dort auftauchen sollte.
Weder Lila noch Jason hatten Nicks Anrufe erwidert.
„Gibt es irgendwelche erinnerungsträchtigen Orte, zu denen er gegangen sein könnte?“, fragte ich. „Central Park? Vielleicht sein Lieblingsrestaurant? Der Zoo?“ Ich zögerte. „Orte, die er mit euch Kindern besucht hat.“
Nick sah mich an, dann sackte er auf seinem Sessel zusammen. „Ich weiß es nicht“, gestand er. Denn natürlich hatte Ted ihn kaum irgendwohin mitgenommen. „Jason könnte da mehr einfallen.“ Er schloss die Augen. „Ich werde hier aber auf keinen Fall länger herumsitzen. Ich gehe in den Park. Was hatte er denn heute Morgen an?“
Die Direktorin sah ängstlich zu dem Beamten hinüber. „Tja,also“, begann sie zögernd, „wir haben hier eine Aufnahme der Überwachungskamera, in der man deutlich sehen kann, wie Ihr Vater das Haus verlässt und Richtung Westen geht.“
Das Band war bereits zur entsprechenden Stelle gespult worden; die Direktorin drückte auf die Fernbedienung, und wir sahen den Haupteingang des Roosevelt Center. Eine Sekunde später sahen wir einen Mann, der einfach zur Tür hinausspazierte.
Die Qualität des Bandes war ausgesprochen gut; es war definitiv Mr Lowery in einer Art Sportjacke, dunklem T-Shirt und Turnschuhen.
Jedoch ohne Hose. Überhaupt keine. Ich hielt mich an Coco fest.
„Ach du Schande“, murmelte Nick. „Mein Vater streift mit blankem Arsch durch die Stadt?“
Ich biss mir auf die Lippe, und Nick sah mich an. „Lach nicht“, warnte er, aber sein Mund zuckte ebenfalls.
„Nein. Das ist überhaupt nicht lustig“, bestätigte ich. „Ich komme mit dir, Nick.“
Coco, Nick und ich nahmen einen Stapel Flyer und gingen nach Westen, in Richtung Park und Museumsmeile, vorbei an den Stadthäusern aus Kalkstein und Ziegel mit ihren schmiedeeisernen Balkonen. Wir kamen an einem Obdachlosen vorbei, der neben den Mülltonnen vor einem hübschen Brownstone-Haus schlief. Es war nicht Mr Lowery, was man auf den ersten Blick sah, da er eine Hose trug. Nick betrachtete ihn trotzdem genauer, nahm dann einen Zwanzigdollarschein aus seiner Brieftasche und schob ihn dem Mann in den Stiefel.
„Ich dachte, euer Bürgermeister hätte sich gegen so was ausgesprochen“, sagte ich.
„Scheiß auf den Bürgermeister“, erwiderte Nick. Ich musste fast laufen, um Schritt zu halten. Coco jedoch liebte dieses Tempo und rannte freudig an ihrer Leine neben uns her. Obwohl ich jeden Tag mir dem Fahrrad zur Arbeit fuhr und auch wieder zurück, keuchte ich bereits, als wir die Fifth Avenue erreichten. Es war heiß und die Luft schwer und feucht.
„Nick, kannst du ein bisschen langsamer laufen?“
„Mein Vater ist irgendwo da draußen“, erwiderte er angespannt und ging bei Rot über die Straße. Ich hastete hinterher.
„Nick, warte“, sagte ich. Ich fasste seine Hand und blieb stehen, sodass er ebenfalls anhalten musste. „Warte doch bitte.“
„Harper …“ Ihm versagte die Stimme. Ich schlang meine Arme um ihn und küsste ihn auf den Hals.
„Es wird schon alles gut werden, du wirst sehen“, sagte ich. „Aber das ist eine riesige Stadt. Lass uns die Sache schlau angehen, denn wir können
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