Zurückgeküsst (German Edition)
übereilig seine Pläne geschmiedet. Verlobung, schnelle Heirat. Den Mietvertrag hatte er schon unterschrieben, noch ehe ich die Wohnung überhaupt gesehen hatte, weil er gemeint hatte, sonst wäre sie weg gewesen. Und natürlich war auch während unserer Ehe alles nur um seinen Plan, seinen Terminkalender, seine Karriere gegangen.
Diesmal … müsste es anders sein. Das Letzte, was ich wollte, war, denselben Fehler ein zweites Mal zu begehen.
Nick kam zurück, setzte sich und fing an, mit dem Knie zu wippen.
„Alles in Ordnung?“, erkundigte ich mich.
„Sicher. Alles bestens.“ Er zögerte. „Du weißt doch von demDrachen-Projekt, oder?“ Ich nickte. „Der Direktor der Firma ist gerade in New York. Pete hat noch einen Termin für ein spätes Mittagessen vereinbaren können.“
„Super“, meinte ich.
„Ich werde nicht hingehen“, stellte Nick klar. „Möchtest du bestellen?“
„Äh … nein.“ Ich atmete tief durch. „Nick. Du solltest da hingehen. Zu diesem Essen.“
„Nein“, sagte er sofort. „Ich mache heute etwas mit dir.“
„Nein, du musst hingehen. Das Projekt ist dir so wichtig. Es ist deine Chance.“
Er antwortete nicht.
„Für mich ist das in Ordnung“, fügte ich hinzu. „Kommt dieser Direktor oft in die Staaten?“
„Nein.“
„Also musst du ihn treffen.“
Prüfend sah Nick mich an, und wie immer schien die Zeit stillzustehen. Aber sie tat es nicht wirklich. Die Uhr über uns tickte unerbittlich.
„Ich muss sowieso eine Million E-Mails schreiben“, erklärte ich. „Und du weißt, dass du diesen Auftrag unbedingt willst. Also geh hin. Okay? Wir sehen uns in deiner Wohnung.“ Dann stand ich auf, küsste ihn auf die Wange und ging.
22. KAPITEL
I ch kehrte zu Nicks Wohnung zurück und machte einen Spaziergang mit Coco. Sie hasste den Lärm, sprang jedes Mal erschrocken vom Rand des Bürgersteigs in die Mitte, wenn ein Auto vorbeikam, und zitterte beim Zischen von Druckluftbremsen oder dem Knattern von Presslufthämmern. Schließlich musste ich sie die meiste Zeit tragen. Vermutlich könnte sie sich irgendwann mit alldem arrangieren, aber es erschien mir grausam, das von ihr zu verlangen. Sie war Wind und Sand und salzige Luft gewohnt. Nicht das Chaos einer Großstadt.
Als wir zurückkamen, las ich meine Mails, beantwortete einige und wanderte dann ruhelos hin und her. Ich öffnete hier einen Schrank, dort eine Schublade. Fand ein paar gerahmte Fotos von Isabel. Eines von Nick, Christopher, Jason und Mr Lowery. Eines von ihm und Pete vor einem Tempel. Vielleicht in Japan.
Auf Nicks Schreibtisch lag ein in Leder gebundener Terminkalender. Ich schlug ihn auf. Es war bemerkenswert, dass Nick in einer Zeit multifunktionaler Blackberrys noch einen handgeschriebenen Kalender mit seinen Terminen und Verabredungen führte. Ich schlug die vergangene Woche auf und sah seine akkurate Architektenhandschrift. C&Ws Hochzeit stand da und später in der Woche Whalen U., Ingenieurschule.
In der kommenden Woche hatte er offenbar einen Termin in Dubai. Später im Monat in Seattle. Im Oktober standen Houston, London und wieder Seattle im Kalender.
Das Geschäft lief gut.
Ich setzte mich in den Schreibtischsessel. Coco spürte meine Melancholie, sprang auf meinen Schoß und legte mir den Kopf auf die Schulter. Sie schien ebenfalls traurig. Die U-Bahn, die einen Block entfernt entlangratterte, kreischte, und Coco zitterte. „Man sollte meinen, dass sie die Bremsen inzwischen geölt hätten, hm?“, fragte ich meine kleine haarige Freundin und streichelte ihr den schmalen Rücken. Von unten hörte ichMusik und gedämpfte Stimmen – Ivan sah eine seiner Seifenopern.
Manche Dinge änderten sich nie, und damit meinte ich nicht nur Ivans Fernsehgeschmack. Nicks Büro florierte; er arbeitete, weiß Gott, hart und hatte den Erfolg verdient. Ich würde es nicht anders wollen … und dennoch … dennoch kam mir das alles sehr bekannt vor. Er wollte, dass ich nach New York zog und mein Leben seinem unterordnete. Schon wieder. Und die Art und Weise, wie er es erwähnt hatte, so nonchalant und selbstverständlich … Die New Yorker Anwaltsprüfung müsstest du doch in null Komma nichts hinbekommen . Wir wussten noch nicht einmal, was uns die nächste Woche brachte, aber er ging schon davon aus, dass ich alle Brücken abbrach und zu ihm in die Stadt zog.
Und die ganze Sache mit Chris … die lag mir auch quer im Magen. Nick hatte mir absichtlich etwas Wichtiges vorenthalten. Zwar nicht
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