Zurückgeküsst (German Edition)
ohne Grund – ich konnte schon irgendwie nachvollziehen, dass er fand, es läge an Christopher, das Thema anzuschneiden –, aber trotzdem. Es fühlte sich nicht gut an. Genau wie er diesen Termin in Bismarck schon lange ausgemacht hatte, jedoch so getan hatte, ganz spontan einen Abstecher dorthin zu machen.
Ivans Sendung wurde von einer Werbepause unterbrochen, und ich erfuhr lautstark von den Vorzügen einer bestimmten Windelsorte. Es war beunruhigend, wieder hier zu sein. Einiges war mittlerweile anders, aber vieles war noch immer gleich. Die kleine Küche, in der Nick und ich so selten zusammen gegessen hatten und in der die Dampfheizung während meines Wartens getickt und gezischt hatte, war fort. Weg war auch der kleine Erker im Wohnzimmer, in dem Nick an den seltenen Abenden, an denen er vor neun oder zehn zu Hause gewesen war, vor seinem Computer gesessen hatte. Auch unser altes Schlafzimmer, in dem wir so oft gestritten hatten, gab es nicht mehr. Und trotzdem waren wir wieder hier, im selben Gebäude und in der gleichen Wohnung. Sie war mittlerweile schicker und komfortabler, aber immer noch die gleiche.
Bei Nick und mir war es genauso.
Herrje, dieser Gedanke war grauenvoll! Ich merkte, dass ich die Lehnen des Sessels so stark umklammert hielt, dass meine Fingerknöchel weiß hervortraten. Aber allein in dieser Wohnung zu sitzen brachte einfach die ganzen schlimmen Erinnerungen zurück. Die bittere Einsamkeit, die Hilflosigkeit, die ich gespürt hatte, als ich für den Mann unsichtbar geworden war, den ich mehr geliebt hatte als die Luft zum Atmen. Die furchtbare Panik, die mein Herz paralysiert hatte, als ich ihn packen sah. Noch immer konnte ich das Klirren meines Rings im Gully hören, sah noch immer das rote Rücklicht von Nicks Taxi und seinen anklagenden Blick, ehe er einstieg.
Mein Handy gab einen Ton von sich: eine neue SMS. Ich atmete abrupt aus – anscheinend hatte ich eine Weile die Luft angehalten – und ging hin, um nachzusehen. BeverLee.
Hallo, Schätzchen, wie geht es dir? Ich mache mir ein kleines bisschen Sorgen, weil du nun schon so lange weg bist. Sag Bescheid, wo du bist, ja? Ich vermisse dich. Küsschen, BeverLee. Ach, und ruf an, wenn du kannst.
Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Ich hatte nie gefunden, dass BeverLee und ich uns besonders nahestanden, aber in ihren Augen waren wir beste Freundinnen, und so handelte sie auch. Es bedurfte mindestens eines SWAT-Teams, um sie von mir fernzuhalten. Und jetzt musste sie damit klarkommen, dass ihr schweigsamer Ehemann ihr die Trennung angekündigt hatte. Mein Familienleben war zwar immer eigenartig, dafür in den letzten zwanzig Jahren jedoch relativ stabil gewesen … und nun würde es wieder auseinanderbrechen.
Ich musste nach Hause. Bei dem Gedanken füllten sich meine Augen unerwartet mit Tränen. Ich wollte nicht von Nick fort, aber ich musste wirklich einen Gang zurückschalten. Nick wäre bestimmt nicht glücklich darüber, vielleicht würde er sogar wütend werden, und es tat jetzt schon weh, ihn wieder enttäuschen, ihn verlassen zu müssen. Ich liebte Nick. Ich hatte ihnimmer geliebt, das war unbestreitbar. Aber vielleicht … vielleicht mussten wir beide die Sache ein wenig langsamer angehen lassen und nachdenken. Wenn es mit uns beiden funktionieren sollte, mussten wir schlauer sein als beim letzten Mal. Nicht zu vergessen, dass ich eine Familie hatte, eine Karriere, Menschen, die auf meine Rückkehr warteten. Ich hatte einen Kaktus, verdammt noch mal!
Ich wischte mir über die Augen – du meine Güte, nun hatte ich in diesem Jahrzehnt schon zweimal geweint, es gab doch immer wieder Wunder! Coco hechelte und sah mich an, als wollte sie mir zustimmen. „Zeit, nach Hause zu fahren, Coco?“, flüsterte ich. Sie leckte mich am Ellbogen. Das schnelle Klopfen meines Herzens verriet mir, dass ich weglief … aber manchmal war eine Flucht das Beste. Schließlich hatte ich noch nie einen Kampf gegen Nick gewonnen. Er war in der Lage, einem Delfin einen Swimmingpool anzudrehen.
Ich tippte eine kurze Antwort an Bev: Komme heute Abend zurück und ruf dich später an, okay? Dann schaltete ich meinen Laptop ein, buchte einen Flug für 17 Uhr nach Boston und anschließend noch einen Platz im Shuttleflug auf die Insel. Ich schrieb eine Mail ans Büro. Packte meinen Koffer und merkte, dass mir die Hände zitterten. Dann suchte ich Cocos Plüschhasen, den sie gern versteckte, damit ich ihn ihr bringen konnte. Sie schien mich
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