Zurückgeküsst (German Edition)
Freundinnen aus Amherst in der Stadt … die eine studierte Jura, die andere arbeitete in einem Verlag, und beide schwärmten andauernd von ihrem aufregenden Leben. Dass ich verheiratet war, erstaunte sie immer wieder. „Wie ist das denn so?“, wollten sie wissen, und meine Antwort war vage und ausweichend. Tatsächlich fand ich das Eheleben einfach nur schrecklich.
Nick stand um sechs Uhr morgens auf und verließ etwa zwanzig Minuten später das Haus. Wenn er es vor zehn Uhr abends nach Hause schaffte, konnten wir uns etwa eine Viertelstunde lang unterhalten, bevor er mit einem entschuldigenden Lächeln hinter dem Computer verschwand. Manchmal kam er auch erst nach elf nach Hause, wenn ich schon schlief und seine Anwesenheit erst bemerkte, wenn ich mich im Bett umdrehte und seinen schlafenden Körper streifte. In den fünf Monaten, die wir verheiratet waren, nahm er sich kein einziges Wochenende komplett frei, sondern ging auch samstags ins Büro und oft noch am Sonntag.
Er schaffte es schnell, im Büro unverzichtbar zu werden. Sein Boss Bruce MacMillan, genannt „Big Mac“, liebte Nicks schnelle Auffassungsgabe und seinen Arbeitseifer, und so wurde Nick in die „Schlemmerbrigade“ aufgenommen, die mit den Klienten regelmäßig essen ging. Dort konnte er seine Beziehungen ausbauen und war glücklicher als je zuvor.
Ich versuchte, eine gute Ehefrau zu sein und nicht nur an mich zu denken. Schließlich war ich nicht dumm … ich wusste sehr wohl, dass dies eine Investition in die Zukunft war. Doch es war Nicks Zukunft, so, wie er sie sich immer erträumt hatte, ohne ausreichend Platz für eine weitere Person … so kam es mir jedenfalls vor. Ich war nicht Teil seiner Welt; er brauchte von mir keinen Rat, wie er mit Klienten umgehen oder seine Arbeit verrichten sollte. Verzweifelt sehnte ich mich danach, mich dazugehörig zu fühlen, stattdessen kam ich mirzunehmend überflüssig vor. Ich war nur eine Beifahrerin auf seiner Lebensreise. Harper – abgehakt. Weiter zum nächsten Punkt.
Ich versuchte es wirklich! Ich durchwanderte das Viertel und strengte mich an, das U-Bahn-System zu ergründen. Ich verbrachte den ganzen Tag damit, nette Begebenheiten zu sammeln, um sie Nick abends zu erzählen, und fing dann an, ihn zu hassen, weil er nicht da war, um sie sich anzuhören. Ich setzte mich in die Bibliothek und meldete mich als freiwillige Betreuerin für ein Leselernprogramm, aber das nahm nur ein paar Stunden pro Woche in Anspruch. New York machte mir Angst. Alle waren so … selbstsicher, schienen ganz genau zu wissen, wer sie waren und wohin sie wollten. Als ich Nick eines Morgens diese Gefühle zu vermitteln versuchte, während er sich hastig rasierte, war er völlig perplex.
„Ich weiß auch nicht, Liebling“, sagte er. „Versuch doch einfach, Spaß zu haben, und denk nicht so viel nach. Dies ist die großartigste Stadt der Welt. Geh raus, und amüsier dich! Oh, verdammt, so spät ist es schon? Tut mir leid, Schatz, ich muss los. Wir haben ein Meeting mit den Leuten aus London.“
Ich ging also raus, und wenn ich es nur tat, um meinen gebürtigen Brooklyner glücklich zu machen. Aber Nick kannte sich überall aus und war, was die Stadt anging, ein Experte (und besserwisserisch noch dazu), sodass ihn meine Stadtgeschichten (sofern ich überhaupt die Möglichkeit bekam, sie zu erzählen) furchtbar langweilten.
„Tatsächlich warst du in den Brooklyn Heights, Schatz. Cobble Hill liegt ein Stück weiter Richtung Innenstadt. Natürlich war ich schon auf Governor’s Island. Ich weiß genau, wo du da warst. Auf dem Empire State Building war ich auch schon. Hundertmal.“ Dann lächelte er großmütig und wandte sich wieder seinem Computer zu.
Ich glaube, die unwiderrufliche Wendung geschah etwa drei Monate nach der Hochzeit. Als ich mich dazu überwinden konnte, ihm von meinem Unglück zu erzählen, schlug er vor, wir sollten ein Kind bekommen.
Für einen Moment sah ich ihn schweigend an. „Bist du verrückt geworden, Nick?“
Verständnislos schüttelte er den Kopf. „Wieso?“
„Nick … ich kriege dich kaum zu Gesicht! Du willst, dass ich ein Baby bekomme? Damit ich mit ihm dann hier festsitze, während du da draußen deine Achtzehn-Stunden-Tage feierst? Damit du mich und dein Kind vernachlässigen kannst? Oh nein, das kannst du doch nicht wollen, oder?“
„Du bist doch diejenige, die sich darüber beschwert, allein zu sein, Harper.“
„Ich wäre nicht so allein, wenn du hin und wieder
Weitere Kostenlose Bücher