Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zusammen ist man weniger allein

Zusammen ist man weniger allein

Titel: Zusammen ist man weniger allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gavalda
Vom Netzwerk:
zusammen.«
    »Du?«
    »Was?«
    »Vorhin hast du mir kein Küßchen gegeben …«
    »Bitte schön«, sagte sie und drückte ihm ein Küßchen auf die Stirn.
    »Ist das alles? Ich dachte, 2004 gönnst du dir ein Plaisir?«
    »Hast du dich schon mal an deine Vorsätze gehalten?«
    »Nein.«
    »Ich auch nicht.«
     
     
    19
     
     
     
    Weil sie weniger erschöpft war als die anderen oder weil sie den Alkohol besser vertrug, mußte sie bald etwas anderes als Bier bestellen, um mit den Witzen Schritt halten zu können. Sie hatte das Gefühl, zehn Jahre zurückversetzt worden zu sein, in eine Zeit, da ihr gewisse Dinge noch selbstverständlich vorkamen. Die Kunst, das Leben, die Zukunft, ihr Talent, ihr Schatz, ihr Platz, ihr Serviettenring hier unten und der ganze Quark.
    Meine Güte, so unangenehm war es doch gar nicht.
     
    »He, Franck, trinkst du heut abend nix?«
    »Ich bin tot.«
    »Komm schon, du doch nicht. Hast du nicht jetzt sogar Urlaub?«
    »Doch.«
    »Und?«
    »Ich werd alt.«
    »Los, trink. Schlafen kannst du morgen.«
     
    Halbherzig hielt er sein Glas hin: Nein, morgen würde er nicht schlafen. Morgen würde er in Die Wiedergefundene Zeit fahren, dem Tierschutzverein für die Alten, mit zwei oder drei einsamen Omis, die mit ihrem Gebiß klapperten, gräßliche Pralinen futtern, während seine eigene seufzend aus dem Fenster sah.
    Sobald er auf die Autobahn bog, hatte er Bauchschmerzen.
    Er wollte lieber nicht daran denken und leerte sein Glas in einem Zug.
    Verstohlen betrachtete er Camille. Ihre Sommersprossen waren je nach Uhrzeit zu sehen oder nicht, ein seltsames Phänomen.
    Sie hatte gesagt, er sähe gut aus, und jetzt war sie dabei, den großen Knallkopf da anzubaggern, pff … sie waren alle gleich.
    Franck Lestafier hing irgendwie durch.
    Ihm war zum Heulen.
    Na? Ist was nicht in Ordnung, Großer?
     
    Eh … Wo soll ich anfangen?
    Ein Scheißjob, ein Scheißleben, eine Oma im Westen und ein Umzug in Aussicht. Wieder auf einem ramponierten Schlafsofa pennen, in jeder Pause eine Stunde verlieren. Nie mehr Philibert sehen. Ihn nie mehr provozieren, damit er lernt, sich zu wehren, zurückzuschlagen, sich aufzuregen, sich schließlich durchzusetzen. Ihn nie wieder mein Zuckersüßer nennen. Ihm nie wieder was Gutes zu essen auf die Seite packen. Nie mehr mit seinem königlichen Bett und seinem Prinzessinnenbad bei den Weibern Eindruck schinden. Nie mehr den beiden lauschen, ihm und Camille, wie sie über den Ersten Weltkrieg redeten, als wären sie dabeigewesen, oder über Ludwig XI., als hätte er ein Gläschen mit ihnen getrunken. Nie wieder auf sie warten, nie wieder die Nase in die Luft strecken, wenn er die Tür aufschloß, um am Zigarettengeruch zu erkennen, ob sie schon da war. Sich nie wieder auf ihr Skizzenheft stürzen, sobald sie ihm den Rücken gekehrt hatte, um die neuesten Zeichnungen zu bestaunen. Nie wieder beim Einschlafen den angestrahlten Eiffelturm sehen, der über ihn wachte. Und dann in Frankreich bleiben, bei jeder Schicht ein Kilo verlieren, das er hinterher in Bier wieder ansetzte. Weiterhin gehorchen. Immer. Die ganze Zeit. Was anderes hatte er noch nie gemacht. Und jetzt saß er fest, bis … Los, sag schon, bis wann, sag schon! Ja genau, so ist es … Bis sie ins Gras beißt. Als würde ihr Leben nur in Ordnung kommen, wenn er noch mehr litt.
    Verflucht, es reicht! Könnt ihr euch nicht einen anderen aussuchen? Ist doch wahr, ich bin bedient.
    Meine Stiefel sind voller Scheiße, Leute, guckt doch mal nach, ob ich nicht woanders bin. Schnauze voll. Ich hab genug geblecht.
     
    Sie gab ihm unterm Tisch einen Tritt:
    »He, alles in Ordnung?«
    »Frohes, neues Jahr«, sagte er.
    »Stimmt was nicht?«
    »Ich geh schlafen. Tschüß.«
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    20
     
     
     
    Sie blieb auch nicht mehr lange. Diese Typen waren nicht gerade die hellsten … Sie wiederholten in einem fort, was für eine beschissene Arbeit sie hatten … he … und zu Recht. Und außerdem fing dieser Sébastien an, ihr auf die Pelle zu rücken. Wenn er eine Chance hätte haben wollen, mit ihr zu schlafen, hätte er gleich heute morgen nett zu ihr sein müssen, der Blödmann. Daran erkennt man die wirklich Guten: daß sie schon nett sind, bevor sie daran denken, einen flachzulegen …
     
    Sie fand ihn zusammengekauert auf dem Kanapee.
    »Schläfst du?«
    »Nein.«
    »Stimmt was nicht?«
    »2004 verschwind ich von

Weitere Kostenlose Bücher