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Zusammenarbeit - was unsere Gesellschaft zusammenhält

Zusammenarbeit - was unsere Gesellschaft zusammenhält

Titel: Zusammenarbeit - was unsere Gesellschaft zusammenhält Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sennett Richard
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Manche Wirtschaftshochschulen und Unternehmen bieten heute Kurse an, in denen man Kooperationsfähigkeit innerhalb solcher Arbeitsgruppen erwerben soll. Die Teilnehmer lernen, wie man einander die Hand gibt, Augenkontakt aufnimmt und prägnante Diskussionsbeiträge liefert. Ganz gleich, mit wem man zusammentrifft und wo das geschieht, stets ist man in der Lage, Teamgeist zu beweisen.
    Der Arbeitsanalytiker Gideon Kunda bezeichnet diese Art von Kooperationsverhalten als »Tiefenhandeln«. 27 Er meint, dass die Mitglieder einer Arbeitsgruppe sich unter der Oberfläche der Zusammenarbeit persönlich selbst darstellen, meist gegenüber einem Manager oder Vorgesetzten, der die Leistung des Teams zu beurteilen hat. Teamwork, so sagt er, ist »gespielte Solidarität«. Die kurzfristige Orientierung sorgt dafür, dass die Selbstdarstellung auf dieser Bühne ganz eigenen Gesetzen folgt. Da die Menschen sich nicht wirklich aufeinander einlassen und ihre Beziehung nur wenige Monate dauern wird, kann der Teamgeist plötzlich zusammenbrechen, wenn die Dinge schieflaufen. Dann versuchen die einzelnen Mitglieder, sich zu schützen, indem sie die Schuld auf andere Mitglieder der Gruppe abwälzen. Ganz anders stellte sich die Teamarbeit in der Bäckerei dar, deren Backöfen zu heiß wurden. Dort zerbrach die Kooperation nicht, denn die Menschen kannten einander gut und unterhielten seit langem schon informelle Beziehungen zueinander. So halfen sie einander und wussten letztlich, auf wen sie sich verlassen konnten und auf wen nicht.
    In dieser Hinsicht erwies sich die Situation in den Wall-Street-Banken als paradox. Wie oben angemerkt, waren die Angestellten dort meist länger im Unternehmen als die Führungsspitze. Doch im Zuge des lang anhaltenden Booms der Finanzbranche befanden die Firmen sich in einem Zustand ständigen inneren Umbaus, die Abteilungen wurden immer wieder reorganisiert und die Beschäftigten intern versetzt. Die Teamarbeit erwies sich für unsere Informanten nicht als starkes soziales Korrektiv zu diesem fiebrigen Strukturwandel. »Natürlich arbeiten wir in Teams«, bemerkte ein Computertechniker prägnant, »aber die Dinge verändern sich ständig und wir verlieren immer wieder den Fokus.« Das mag eher an den wechselnden Aufgaben liegen als an den Beteiligten. Doch in der langen Boomphase fusionierten die Wall-Street-Unternehmen ständig mit anderen Firmen oder kauften kleinere Unternehmen auf, weil sie hofften, auf diese Weise die Arbeitskosten senken und die berüchtigten »Synergien« freisetzen zu können, die darin bestehen sollen, dass man in der nun größeren Organisation mit einem kleineren, konsolidierten Personalbestand auskommt. Der Teamgeist litt allerdings, als man die Teamplayer zwang, »mit weniger mehr zu leisten«, wie die Unternehmensführung hoffte.
    Kurzfristig ausgerichtete Teamarbeit mit ihrer gespielten Solidarität, ihrer oberflächlichen Kenntnis der Kollegen und ihrer Arbeitsverdichtung steht in einem dramatischen Gegensatz zu dem sozialen Band des chinesischen guanxi , jenen nachhaltigen sozialen Bindungen, von denen zu Beginn des vierten Kapitels die Rede war. Guanxi ist von Kritik und deutlichen Ratschlägen geprägt statt von einstudierten Handschlägen. Die Menschen akzeptieren die Ratschläge, weil sie wissen, dass der andere helfen will und sich nicht nur als leuchtendes Vorbild hinstellen möchte. Vor allem aber ist guanxi eine nachhaltige Beziehung, die über das aktuelle Geschehen hinaus Bestand haben soll. Das Netzwerk entwickelt sich mit der Zeit weiter und umfasst immer mehr Partner, die alle in je besonderer Weise von anderen abhängen. Anders als die Mitglieder einer Sportmannschaft sind die Mitglieder dieses Netzwerks gleichzeitig an vielen Spielen beteiligt. In einer guanxi -Beziehung gibt es keine Effizienzeinsparungen, vielmehr wird das Netzwerk immer stärker, indem es zu einem immer größeren Mosaik heranwächst.

Die Erosion des Vertrauens durch neidvolle Vergleiche

    Wie im letzten Kapitel dargestellt, können neidvolle Vergleiche – die personalisierte Erfahrung von Ungleichheit – zur Erosion sozialer Bande führen. Konsumgüter können als Bezugspunkte für neidvolle Vergleiche dienen. Kinder und Jugendliche nehmen »coole Sachen« häufig zur Grundlage für persönliche Vergleiche, ohne sich dessen bewusst zu sein. In der Arbeitswelt der Erwachsenen ist man sich solcher neidvollen Vergleiche meist sehr viel stärker bewusst. Hier bilden die Fähigkeiten

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