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Zusammenarbeit - was unsere Gesellschaft zusammenhält

Zusammenarbeit - was unsere Gesellschaft zusammenhält

Titel: Zusammenarbeit - was unsere Gesellschaft zusammenhält Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sennett Richard
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ich herauszufinden, was an diesem Ende der »Nahrungskette« geschah. Die Spitzenleute unter den Investmentbankern hatten nicht viel Zeit für einen Professor, der ihnen nichts verkaufen wollte, aber sie waren höflich. Zwei von ihnen hatten bei mir in Harvard Veranstaltungen über die Geschichte des sozialen Denkens besucht und reichten mich an Angestellte der mittleren Ebene weiter. Damals verdrängte gerade der Bildschirm Fernschreiber und Telefax als Kommunikationsmittel innerhalb der Finanzmärkte. Die Bankangestellten redeten zerstreut mit mir, während sie angespannt auf drei oder vier Computerbildschirme starrten, auf denen in rascher Folge endlose Zahlenreihen vorüberzogen. Trotz der Zahlen, die vor ihren Augen tanzten, verstand ich doch genug, um zu erkennen, dass diese Leute, die Abrechnungen vornahmen, Finanztransaktionen klärten, Dokumente für die Buchführung erstellten und Käufe tätigten, Handwerker im vollen Sinne des Wortes waren. Sie verfügten über ihre eigenen Fertigkeiten und waren stolz auf ihre Arbeit. Hätte Booker T. Washington sein Hampton Institute 1997 gegründet, hätte er seinen Schützlingen wohl diese technischen Fertigkeiten beigebracht, statt sie in der Käseherstellung zu unterrichten.
    Für mein damaliges Hauptinteresse, die Entstehung einer neuen Kultur des Kapitalismus, schienen diese Leute allenfalls von zweitrangiger Bedeutung zu sein. 20 Als es dann ein gutes Jahrzehnt später, im September 2008 , in der Finanzbranche zum Crash kam, wurde mir klar, dass ich ihnen größere Aufmerksamkeit hätte schenken sollen. Ich begann Leute an der Wall Street zu interviewen, die davon persönlich betroffen waren, vor allem solche, die ihren Arbeitsplatz verloren oder gekündigt hatten – ein Projekt, das immer noch im Gang ist. 21 Am stärksten betroffen waren Bankangestellte; sie waren die Ersten, die beim Zusammenbruch von Firmen wie Lehman Brothers ihren Job verloren. Der Crash veranlasste auch viele andere Bankangestellte, ihr Leben zu überdenken, und manche kehrten der Wall Street ganz den Rücken.
    Im Winter 2009 konnte man in einer in der Nähe der Wall Street gelegenen Arbeitsvermittlung gut gekleidete Bankangestellte sehen, die Formulare ausfüllten und sich gelegentlich ein wenig verwirrt umschauten. Obwohl sie nicht zu den großen Tieren des Kapitalismus gehörten, hatten nur wenige von ihnen schon einmal eine Arbeitsvermittlung von innen gesehen. Nun saßen sie dort auf Plastikstühlen, unter schattenlosen Leuchtstoffröhren über Klemmbretter gebeugt, umgeben von Latino-Teenagern, kräftigen Bauarbeitern und älteren Hausmeistern, die gleichfalls auf der Suche nach Arbeit waren.
    Das Jobcenter in Lower Manhattan ist recht gut. 22 Die große Eingangshalle ist sauber und ruhig, die meisten Computer sind angeschlossen, das Personal ist größtenteils höflich und erfahren. Kunden der üblichen Art werden in Boxen geleitet. Dort helfen Bedienstete Einwanderern, die schlecht Englisch sprechen, beim Ausfüllen der Formulare oder versuchen, einfachen Arbeitern, die von der offiziellen Umgebung eingeschüchtert sind, ihre Hemmungen zu nehmen. Bei den Arbeitslosen aus den in Konkurs gegangenen Banken und Brokerhäusern stehen die Arbeitsvermittler vor einer anderen Aufgabe. Diese Kunden müssen über ihre kurzfristige und längerfristige persönliche Strategie nachdenken.
    Auf kurze Sicht müssen sie alles Erforderliche tun, um ihre Rechnungen zahlen zu können. Manche helfen in Geschäften aus, andere zimmern sich einen zeitweiligen Job an den Rändern des Finanzsystems zurecht. Langfristig erwartet man im New Yorker Finanzsektor nach dem Crash einen Rückgang der Beschäftigung um 9 bis 7 Prozent, und Ähnliches gilt für die Londoner City. In den letzten drei Rezessionen hat sich gezeigt, wer einmal arbeitslos war, für den stehen die Chancen einer Rückkehr zum Mittelschichtstatus bei allenfalls 60 Prozent. Deshalb leiden Beschäftigte aus der Mittelschicht, wie die Soziologin Katherine Newman schreibt, ständig unter der Angst vor sozialem Abstieg. 23 Diese Angst ist nicht ganz so ausgeprägt bei den Leuten, mit denen ich in dem Jobcenter in der Nähe der Wall Street und in einem größeren Jobcenter uptown gesprochen habe. Sie verfügen über ganz spezielle Qualifikationen, die in vielen Branchen benötigt werden. Zwar zeichnen sich bei einigen von ihnen auch langfristige Probleme ab, doch die meisten sind auf dem Weg der Erholung.
    Das heißt nicht, dass der Verlust des

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