Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwanghafte Gier

Zwanghafte Gier

Titel: Zwanghafte Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
Vom Netzwerk:
das Ding wieder spürte, sondern weil er wusste, dass der Ast allein nicht reichen würde; die Hebelwirkung war zu gering. Außerdem genügte ein Ast bei weitem nicht, um die Leiche von dem Betonklotz loszubekommen, und sie damit aus der Strömung und an Land zu ziehen, war schlichtweg unmöglich.
    Deshalb musste er wieder rein – gesunder Menschenverstand hin oder her.
    »Oh, Scheiße«, sagt er. »Verdammte Scheiße.«
    Mach es in einem Rutsch.
    Rein da, sich irgendwie festhalten, am Ufer, am Ast, es sich ganz schnell schnappen und rausziehen. Er wusste, dass alles vergebens gewesen war, sollte ihm nicht alles zugleich gelingen, und zwar beim ersten Versuch.
    Vielleicht, nur vielleicht , lag es daran, dass er bereits so durchgefroren war, so durchnässt und sein Geist so vernebelt, auf jeden Fall fühlte es sich seltsamerweise fast heiß an, als er sich ins Wasser hinunterließ, wie Feuer ... aber es war okay. Alles würde in Ordnung kommen, denn es gelang ihm, Wasser zu treten, und er hatte es bereits wiedergefunden und mit dem Ast ein Loch im Plastik entdeckt, wo er den Sack festhalten konnte. Auch hatte Jude mit den Füßen Halt an dem Betonklotz unter Wasser gefunden. Er hatte es , konnte es mit seinen tauben Fingern fühlen. Er hielt Plastik gepackt ... Er hoffte bei Gott, dass es Plastik war ...
    »O Mann.«
    Und er zog mit aller Kraft daran, die ihm noch geblieben war, und das war nicht viel. Gott, es war so schwer, dieses Menschen ding , und Jude wusste, dass er nicht daran denken durfte, was er da aus dem Kanal zog ...
    Er tat es einfach.
    Und nachdem er es getan hatte, verlor er das Bewusstsein.

107
    Um Viertel vor sieben – da sie nicht eine Minute länger als V nötig bei David in Roland Gardens bleiben wollte – war Alex bereits im Krankenhaus und rechnete mit einer längeren Wartezeit.
    »Alles unterschrieben und besiegelt«, sagte Suzy zu ihr. Sie war voll angekleidet, und die Tasche war gepackt.
    »Um diese Tageszeit?« Alex war beeindruckt. »Wie hast du das denn geschafft?«
    »Ich habe sie so verrückt gemacht, dass sie alles getan hätten.« Suzy hielt kurz inne. »Ist David okay?«
    »Nicht wirklich«, antwortete Alex.
    »Gut«, sagte Suzy wenig überzeugend und riss sich zusammen. »Lass uns von hier verschwinden, bitte, und zusehen, dass wir in den Zug kommen. Es ist höchste Zeit, dass ich endlich deinen Jude kennen lerne.«
    »Wenn ich ihn finden kann.« Alex schnappte sich die Tasche. »Ich habe ihn angerufen, als ich eure Wohnung verlassen habe, aber ich habe nur den Anrufbeantworter bekommen. Ans Handy ist er auch nicht gegangen, deshalb nehme ich an, dass man ihn auf die Arbeit gerufen hat.«
    »Sonntags? Bei Sonnenaufgang?«, fragte Suzy ungläubig.
    »Ich weiß«, sagte Alex. »Vermutlich gibt es irgendeine Krise.«
    »Der Mann ist ein Phantom«, bemerkte Suzy. »Aber ein nettes Phantom, das weiß ich mittlerweile.«
    »Jude ist definitiv etwas Ordentliches.« Alex lächelte.
    »Na ja, mit einem Phantom wärst du vielleicht besser dran«, erwiderte Suzy spöttisch. »Schau mich an.«

108
    »Du hast mir nie erzählt«, sagt Frankie zu Bo, »woher du gewusst hast, dass ich im Krankenhaus bin.«
    Bo hatte eine halbe Stunde geschlafen; Frankie jedoch hatte keine Ruhe gefunden. Die Angst vor dem, was noch kommen würde, fraß sie förmlich auf.
    Diese Frage nagte schon lange an ihr. Zu Anfang hatte sie jedoch viel zu sehr neben sich gestanden und auch nicht richtig sprechen können, und danach war alles so seltsam friedlich gewesen, dass sie nichts hatte fragen wollen, was diese Ruhe erschüttert hätte; und danach wiederum, als die Vergangenheit zurückgekehrt war, hatte sie es nicht mehr gewagt.
    Aber jetzt, in dieser Minute, während sie in der Küche sitzen und Instantbrühe trinken – die Frankie tatsächlich herunterbringt, weil sie plötzlich Hunger hat –, hat sie das Gefühl, als wären sie fast ein normales Paar, zumal sie beide sich gerade eine kleine Auszeit gönnen.
    »Ich habe gesehen, wie sie dich von hier weggebracht haben«, beantwortet Bo ihre Frage.
    Keine Ausflüchte. Genau auf den Punkt.
    Frankie fragt nicht weiter, sondern wartet auf ihn.
    »Die letzten paar Jahre«, fährt er fort, »bin ich immer dorthin gegangen, wohin die Arbeit mich geführt hat oder worauf ich Lust gehabt habe. Ich wollte einfach nicht an einem Ort bleiben – nicht nach uns.«
    Uns. Während er seinen Becher leert, fragt Frankie sich, was dieses uns für ihn bedeutet.
    »Und dann, als

Weitere Kostenlose Bücher