Zwanzig Jahre nachher (German Edition)
d'Artagnan,« rief Mazarin aus. »Ihr seid nicht mit Gold aufzuwägen.«
Der Auftrag
Mazarin wollte auf der Stelle nach Saint-Germain weiterreisen, allein die Königin erklärte, sie erwarte diejenigen Personen, welche sie bestellt hatte. Nur trug sie dem Kardinal den Platz Laportes an, den auch der Kardinal annahm und aus einer Kutsche in die andere stieg. Jenes Gerücht, daß der König in der Nacht Paris verlassen habe, war nicht grundlos; es waren zehn bis zwölf Personen seit sechs Uhr abends in das Geheimnis dieser Flucht eingeweiht, und obgleich sie noch so verschwiegen waren, so konnten sie doch ihre Voranstalten zur Abreise nicht treffen, ohne daß nicht einiges von der Sache ruchbar wurde. Überdies hatte jede dieser Personen ein paar andere, für die sie sich interessierten, und da man nicht daran zweifelte, die Königin würde Paris nur mit furchtbarem Rachegefühl verlassen, so warnte jeder seine Freunde oder Verwandten, wonach das Gerücht von dieser Abreise wie ein Lauffeuer durch die Stadt lief. Die nächste Kutsche, welche nach jener der Königin ankam, war die Kutsche des Prinzen. Darin sahen der Herr Van Conde, die Frau Prinzessin und die Frau Prinzessin-Witwe. Beide wurden mitten in der Nacht aufgeweckt und wußten nicht, um was es sich handle. In der zweiten saßen der Herzog von Orleans, die Frau Herzogin, die große Mademoiselle und der Abbé de la Riviere, der unzertrennliche Günstling und geheime Rat des Prinzen. In der dritten saßen der Herr von Longueville und der Prinz von Conti, Bruder und Schwager des Prinzen. Sie stiegen aus, gingen zu der Kutsche des Königs und der Königin und brachten Ihren Majestäten ihre Huldigung dar. Die Königin blickte bis in den Hintergrund der Kutsche, deren Schlag offen stand, und sah, daß sie leer sei. »Wo ist denn Frau von Longueville?« fragte sie. »Ja, wirklich, wo ist denn meine Schwester?« fragte der Prinz. »Madame,« erwiderte der Herzog, »Frau von Longueville befindet sich unwohl und gab mir den Auftrag, sie bei Ihrer Majestät zu entschuldigen.« Anna warf Mazarin einen raschen Blick zu und dieser antwortete ihr durch ein leichtes Nicken mit dem Kopfe. »Was sagt denn Ihr dazu?« fragte die Königin. »Ich sage: sie ist eine Geisel für die Pariser,« entgegnete der Kardinal. »Warum ist sie denn nicht gekommen?« fragte der Prinz seinen Bruder. »Still,« versetzte dieser,« sie hat sicher ihre Gründe dazu. »Sie bringt uns ins Verderben,« murmelte der Prinz. »Sie rettet uns,« sprach Conti. Obwohl die Königin mit taufend Kleinigkeiten beschäftigt war, so suchte sie doch d'Artagnan mit den Augen; allein der Gascogner hatte sich schon wieder mit seiner gewohnten Vorsicht unter die Menge gemischt. »Wir wollen die Vorhut bilden,« sprach er zu Porthos, »und in Saint-Germain gute Quartiere bestellen, denn niemand wird uns vermissen. Ich fühle mich sehr erschöpft.« ,Ich,« verfehle Porthos, »sinke wirklich um vor Schlaf. Sollte man wohl glauben, daß wir nicht den geringsten Kampf zu bestehen hatten? In der Tat, die Pariser sind sehr blöde.« »Läge der Grund nicht vielmehr in unserer Gewandtheit?« fragte d'Artagnan. »Vielleicht.« »Und wie steht es mit Eurer Faust?« »Besser. Allein glaubt Ihr, daß wir sie diesmal bekommen werden?« »Was?« »Ihr Eure Stelle und ich meinen Titel.« »Meiner Treue, ja, ich möchte fast wetten; und überdies, wenn sie nicht daran denken, will ich schon machen, daß sie daran denken.« »Ich höre die Stimme der Königin,« versetzte Porthos, »und glaube, sie wünscht zu Pferde zu steigen.« »O, sie möchte wohl, jedoch – –«
»Was?«
»Der Kardinal will es nicht. – Meine Herren,« fuhr d'Artagnan zu den beiden Musketieren gewendet fort, »begleitet die Kutsche der Königin und weicht nicht von ihrer Seite. Wir wollen Quartiere besorgen.« Und d´Artagnan sprengte mit Porthos fort gegen Saint-Germain.
»Brechen wir auf, meine Herren,« sprach die Königin. Die königliche Kutsche setzte sich in Bewegung und ihr folgten die übrigen Kutschen nebst mehr als fünfzig Reitern. Man kam ohne Ungemach in Saint-Germain an; als die Königin aus dem Wagen stieg, sah sie vor sich den Prinzen mit entblößtem Haupte stehen und warten, um ihr die Hand zu bieten. »Was ein Erwachen für die Pariser!« rief die Königin Anna, vor Freude strahlend.
»Das ist der Krieg,« sprach der Prinz.
»Wohlan, so sei es der Krieg, haben wir nicht den Sieger von Rocroy, von Nördlingen und von Lens bei
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