Zwanzig Jahre nachher (German Edition)
schnell die Wahl zu treffen, da keine Zeit zu verlieren ist.«
»Wenn ich es annehme, so ist es der Tod, so ist es wenigstens Gefangenschaft für denjenigen, der meine Stelle einnimmt.«
»Es ist die Ehre, seinen König gerettet zu haben!« rief Lord Winter. Der König sah seinen alten Freund mit Tränen in den Augen an, nahm das Band des heiligen Geistordens ab, welches er umhängen hatte, um den beiden Franzosen, die ihn begleiteten, Ehre zu erzeigen, und hing es Lord Winter um den Hals, der diesen schauerlichen Beweis von dem Vertrauen und der Freundschaft seines Fürsten auf den Knien empfing.«
»Das ist billig,« sprach Athos, »er dient ihm länger als wir.« Der König vernahm diese Worte und wandte sich mit tränenfeuchten Augen um; dann sprach er: »Meine Herren, wartet einen Augenblick, ich habe jedem von Euch einen Orden zu geben.« Er ging hierauf zu einem Schrank, worin seine eigenen Orden lagen, und nahm zwei Hosenband-Orden hervor. »Diese Orden können nicht für uns sein,« sprach Athos. »Weshalb nicht?« fragte Karl. »Diese Orden sind beinahe königlich, und wir sind nur schlichte Edelleute.«
»Durchgeht mit mir alle Throne des Erdballes,« versetze der König, »und zeigt mir edlere Herzen, als die Eurigen sind. Nein, meine Herren, Ihr seid nicht gerecht gegen Euch selber, allein ich bin hier, um es zu sein. Kniet nieder, Graf.« Athos kniete nieder; der König hing ihm, der Sitte gemäß, das Band von der Rechten zur Linken um, und sein Schwert erhebend, sprach er statt der gewöhnlichen Formel: »Ich schlage Euch zum Ritter, seid tapfer, getreu und bieder.« Dann wandte er sich zu Aramis und sprach: »Nun auch Ihr, Chevalier.« Dieselbe Zeremonie begann mit denselben Worten wieder, indes Lord Winter mit Beihilfe der Stallmeister seinen kupfernen Harnisch abschnallte, damit er desto mehr für den König gelten könnte. »Sire,« sprach Lord Winter, der im Angesichte einer großen Aufopferung seine ganze Kraft und seinen ganzen Mut wieder gewonnen hatte, »wir stehen bereit.« Der König blickte die drei Kavaliere an und sagte: »Ist es also vonnöten, zu entfliehen?«
»Durch ein Kriegsheer entfliehen, Sire,« sprach Athos, »heißt in allen Ländern der Welt kämpfen.«
»Somit werde ich mit dem Schwerte in der Hand sterben,« sagte Karl. »Herr Graf, Herr Chevalier, bin ich jemals wieder König –«
»Sire, Sie haben uns schon über alle Gebühr geehrt, sonach kommt die Dankbarkeit von unserer Seite. Doch lassen Sie uns keine Zeit mehr verlieren, nachdem wir bereits zuviel verloren haben.« Der König bot allen dreien zum letzten Male die Hand, vertauschte seinen Hut mit dem des Lord Winter und schritt aus dem Gezelte. Das Regiment des Lord Winter stand auf einem Hügel, der das Lager überragte; der König ritt dahin, gefolgt von seinen drei Freunden. Endlich schien das schottische Lager aufgewacht zu sein; die Mannschaft verließ ihre Gezelte und stellte sich in Reih und Glied auf. »Seht,« sprach der König, »sie bereuen vielleicht, und sind bereit, auszuziehen.«
»Wenn Sie bereuen, Sire,« entgegnete Athos, »so werden sie uns folgen.«
»Gut!« sprach der König, »was sollen wir tun?«
»Lassen Sie uns das feindliche Heer mustern,« erwiderte Athos.
Sogleich wandte die kleine Gruppe ihre Augen nach der Linie, die man im Dämmerlichte für Nebel gehalten hatte, und die sich jetzt in den Sonnenstrahlen als ein in Schlachtordnung aufgestelltes Heer darstellte. Die Luft war rein und klar, wie sie es zu dieser Morgenstunde gewöhnlich ist. Man konnte die Regimenter, die Feldzeichen, die Farbe der Uniformen und der Pferde vollkommen unterscheiden. Jetzt bemerkte man auf einer kleinen Anhöhe, ein wenig vor der feindlichen Front, einen kleinen, untersetzten und schwerfälligen Mann, der von einigen Offizieren umgeben war. Er richtete ein Fernrohr nach der Gruppe, in der sich bei König befand. »Kennt dieser Mann Ew. Majestät persönlich?« fragte Aramis. Karl lächelte und sprach: »Dieser Mann ist Cromwell.«
»Nun, ziehen Sie den Hut herab, Sire, damit er die Unterschiebung nicht bemerkt.«
»Ha,« rief Athos, »wir haben viel Zeit verloren.«
»Jetzt die Losung,« sprach der König, »dann brechen wir auf.«
»Will Sie Ew. Majestät geben?« fragte Athos. »Nein,« versetzte der König, »ich ernenne Euch zu meinem Generalleutnant.«
»Sonach hört, Mylord von Winter,« sprach Athos; »entfernen Sie sich, Sire, ich bitte; was wir da zu sprechen haben, berührt Ew.
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