Zwanzig Jahre nachher (German Edition)
beliebt, so trinken wir aus die Gesundheit desjenigen, der bei der Mahlzeit den Vorsitz hat, die unseres Obersten, und er möge wissen, daß wir bis London und noch weiter ganz zu seinen Diensten sind.« Und weil d'Artagnan unter diesen Worten Harrison anblickte, so glaubte dieser, der Toast gelte ihm, stand auf und begrüßte die vier Freunde, welche, die Augen auf König Karl gerichtet, mitsammen tranken, indes auch Harrison sein Glas leerte, ohne ein Mißtrauen zu haben. Auch Karl reichte sein Glas Parry hin, der in dasselbe einige Tropfen Bier goß, denn der König war der Diät der andern unterworfen; dann setzte er das Glas an seine Lippen, und indem er die vier Freunde anblickte, trank er es voll Anstand und Erkenntlichkeit aus. »Auf, meine Herren!« rief Harrison, indem er sein Glas auf den Tisch stellte und ohne alle Rücksicht für den erlauchten Gefangenen, »auf!«
»Wo werden wir übernachten, Oberst?«
»In Tirsk,« entgegnete Harrison. »Parry,« rief der König aufstehend und zu seinem Diener gewendet, »mein Pferd, ich will nach Tirsk reiten.«
»Meiner Treue,« sprach d'Artagnan zu Athos, »Euer König hat mich wirklich für sich eingenommen und ich stehe ganz zu seinen Diensten.«
»Meint Ihr das aufrichtig, was Ihr da sagt,« versetzte Athos, »so wird er nicht bis London gelangen.«
»Wie das?«
»Ja, wir werden ihn noch zuvor entführt haben.«
»Ha, auf Ehre, Athos,« entgegnete d'Artagnan, »diesmal seid Ihr wahrlich verrückt.«
»Habt Ihr denn irgendeinen Plan in Bereitschaft? « fragte Aramis. »Hm,« erwiderte Porthos, »die Sache wäre nicht unmöglich, hätte man nur einen Plan.«
»Ich habe keinen,« antwortete Athos, »doch d'Artagnan wird einen ersinnen.« D'Artagnan zuckte die Achseln, und man brach auf.
D'Artagnan ersinnt einen Plan
Mit einbrechender Nacht kam man in Tirsk an. Die vier Freunde schienen sich ganz und gar nicht um die Vorsichtsmaßregeln zu kümmern, welche man traf, um sich der Person des Königs zu versichern. Sie begaben sich in ein Privathaus, und da sie mit jedem Augenblicke für sich selbst zu fürchten hatten, so zogen sie sich in ein Zimmer zusammen, und hielten sich für den Fall eines Angriffes einen Ausweg in Bereitschaft. Die Bedienten wurden auf verschiedene Posten verteilt, Grimaud schlief quer vor der Türe auf einem Bund Stroh. Der Tag war ermüdend gewesen, nichtsdestoweniger schliefen die Freunde schlecht, Porthos ausgenommen, bei dem der Schlaf so unbeugsam war wie sein Appetit. Am folgenden Morgen war d'Artagnan zuerst aufgestanden. Er war schon in die Stallungen hinabgegangen, hatte schon die Pferde untersucht und alle Anordnungen für den Tag getroffen, als Athos und Aramis noch im Bette lagen und Porthos noch schnarchte. Um acht Uhr früh machte man sich in derselben Ordnung auf den Weg, wie tags vorher. Nur ließ d'Artagnan seine Freunde allein ziehen und knüpfte die Bekanntschaft wieder an, die er gestern mit Herrn Groslow begonnen hatte. Da diesem das erteilte Lob so wohl getan hatte, so empfing er ihn mit freundlichem Lächeln.
»Mein Herr,« sprach d'Artagnan zu ihm, »ich bin wirklich erfreut, jemanden zu finden, mit dem ich meine arme Sprache reden kann. Herr du Vallon, mein Freund, ist stets so melancholisch, daß man den ganzen Tag über kaum vier Worte aus ihm herausbringen kann, und was unsere beiden Gefangenen betrifft, so werdet Ihr wohl begreifen, daß sie zum Plaudern wenig Lust haben.«
»Sie sind wütende Royalisten,« versetzte Groslow. »Um so mehr grollen sie uns, den Stuart gefangen zu haben, dem Ihr hoffentlich einen schönen und gewaltigen Prozeß machen werdet.«
»Bei Gott,« antwortete Groslow, »deshalb führen wir ihn nach London.«
»Und Ihr laßt ihn, wie ich voraussetze, nicht aus den Augen.«
»Pest, das will ich meinen,« rief der Offizier lachend, »Ihr seht ja, daß er eine wahrhaft königliche Bedeckung hat.«
»O, am Tage ist keine Gefahr des Entwischens, doch bei Nacht ...«
»Bei Nacht werden die Vorsichtsmaßregeln verdoppelt.«
»In welcher Art wendet Ihr die Beaufsichtigung an?«
»Acht Mann bleiben unaufhörlich in seinem Zimmer.«
»Zum Teufel!« rief d'Artagnan: »er ist gut bewacht. Doch neben diesen acht Mann stellt Ihr gewiß auch außerhalb eine Wache auf? Man kann ja gegen einen solchen Gefangenen nicht genug Vorsichtsmaßregeln gebrauchen.«
»O nein. Was denkt Ihr denn, was zwei wehrlose Männer gegen acht bewaffnete Männer auszurichten vermögen?«
»Wie, zwei
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