Zwanzig Jahre nachher (German Edition)
entgegengesetzt war. Sie beleidigte den Stolz des Parlaments, da es sich von der Bürgerschaft energisch unterstützt fühlte, der die Begnadigung Broussels den Maßstab von ihrer Kraft gegeben hatte, und das auf diese offenen Briefe mit der Erklärung antwortete, daß es den Kardinal Mazarin, als anerkannten Urheber all dieser Zerwürfnisse, für den Feind des Königs und des Landes erkläre, und ihm gebiete, sich noch am nämlichen Tage vom Hofe und innerhalb acht Tagen aus Frankreich zu entfernen, und alle Untertanen des Königs aufforderte, ihn, falls er nicht gehorchte, nach Verlauf dieser Frist festzunehmen. Diese energische Antwort, welche der Hof nicht im geringsten erwartet hatte, erklärte zugleich Paris und Mazarin außerhalb der Gesetze. Es erübrigte nur noch, zu erfahren, ob das Parlament oder der Hof obsiegen würde. Der Hof traf nun seine Anstalten zum Angriff, und Paris traf Anstalten zur Verteidigung. Die Bürger beschäftigten sich sonach mit dem, was Bürger zur Zeit eines Aufruhrs zu tun pflegen, sie spannten nämlich Ketten und rissen das Pflaster der Stadt auf, als sie in Begleitung des Koadjukars den Prinzen von Conti, Bruder des Prinzen von Condé, und den Herzog von Longueville, seinen Schwager, zu ihrem Beistande herbeikommen sahen. Jetzt waren sie getröstet, da sie zwei Prinzen von Geblüt für sich und überdies den Vorteil der Mehrzahl hatten. Diese unvermutete Hilfe war den Parisern am zehnten Januar gekommen. Nach einer stürmischen Diskussion wurde der Prinz von Conti zum Generalissimus des königlichen Heeres außerhalb Paris erwählt, und die Herzoge von Elboeuf und von Bouillon nebst dem Marschall de la Mothe zu Generalleutnants. Der Herzog von Longueville, ohne Rang und Titel, begnügte sich mit dem Amte, seinem Schwager beizustehen. Was Herrn von Beaufort betrifft, so war er von Vendômois angekommen, während er, laut der Chronik, seine stolze Miene, die schönen und langen Haare und jene Volkstümlichkeit mitbrachte, die ihm das Königtum der Hallen verschaffte. Die Pariser Armee organisierte sich nun mit jener Geschwindigkeit, welche die Bürger zu haben pflegen, wenn sie durch irgendein Gefühl angeregt werden, sich in Soldaten zu verwandeln. Am neunzehnten versuchte dieses improvisierte Heer einen Ausfall, weit mehr, um sich und die anderen von seiner Existenz zu überzeugen, als etwas Ernstes zu wagen, während es eine Fahne in der Luft flattern ließ, auf der man den sonderbaren Spruch laß: »Wir suchen unseren König!« In den folgenden Tagen beschäftigte man sich mit kleinen, vereinzelten Operationen, die kein anderes Resultat herbeiführten, als daß man einige Herden wegtrieb, und zwei bis drei Häuser in Brand steckte. So kam der Februar heran, und am ersten dieses Monats waren unsere vier Freunde in Boulogne gelandet, wo sie dann, jeder nach seiner Seite, ihren Weg nach Paris einschlugen. Gegen das Ende des vierten Tages ihrer Reise vermieden sie vorsichtig Nanterre, um nicht irgendeiner Partei der Königin in die Hände zu geraten. Athos traf höchst ungern diese Vorsichtsmaßregeln, allein Aramis machte ihm sehr einsichtsvoll begreiflich, daß sie kein Recht hätten, unvorsichtig zu sein, daß ihnen König Karl eine letzte, geheiligte Sendung anvertraut habe, und daß diese am Fuße des Schafotts erhaltene Sendung erst zu den Füßen der Königin vollbracht wäre. Athos gab also nach. In den Vorstädten trafen unsere Reisenden eine gute Bewachung; ganz Paris stand unter den Waffen. Die Schildwache verwehrte den zwei Edelleuten den Einlaß, und rief ihren Sergeanten. Dieser kam sogleich hervor, gab sich ganz die wichtige Miene, welche die Bürger anzunehmen pflegen, wenn sie so glücklich sind, mit einer militärischen Würde bekleidet zu werden, und fragte: »Wer seid Ihr, meine Herren?« »Zwei Kavaliere,« entgegnete Athos. »Woher kommt Ihr?« »Von London.« »Was wollt Ihr in Paris?« »Einen Auftrag an Ihre Majestät die Königin von England ausrichten.« »Wie das, heute geht ja alles zu der Königin von England,« versetzte der Sergeant. »Wir haben bereits drei Edelleute auf diesem Posten in ihren Pässen untersucht, welche zu Ihrer Majestät gehen. Wo sind Eure Pässe?« »Wir haben keine.« »Wie doch, Ihr habt leine.« »Nein, wir kommen, wie schon gesagt, aus England, und wissen ganz und gar nicht, wie sich die politischen Angelegenheiten verhalten, da wir Paris vor der Abreise des Königs verlassen haben.« »Ha,« rief der Sergeant mit
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