Zwanzig Jahre nachher (German Edition)
Verwundete wegschaffen half.«
»Und ist ihnen kein Leid geschehen?« fragte Aramis.
»Nein, ich glaube nicht, gnädiger Herr.«
»Gut,« versetzte Aramis, »das ist immer noch ein Trost.«
»Und wißt Ihr, wohin sie geführt wurden?« fragte Athos.
»In der Richtung von Louvres.«
»Wir lassen Blaisois und Grimaud hier.« sprach Athos, »sie sollen morgen mit den Pferden nach Paris zurückkehren, die heute auf der Straße erliegen würden, und nehmen wir die Post.«
»Wir nehmen die Post,« wiederholte Aramis. Man ließ Postpferde kommen. Mittlerweile speisten die zwei Freunde eilfertig zu Mittag, und wollten ihre Reise fortsetzen, wenn sie in Lauvres einige Auskünfte bekämen. Sie gelangten nach Louvres. Daselbst gab es kein Gasthaus; man trank hier Likör, der bereits schon damals dort bereitet wurde, und seinen Ruf bis zum heutigen Tag erhalten hat.
»Hier laßt uns einkehren,« sprach Athos, »d'Artagnan wird diese Gelegenheit nicht verabsäumt haben, nicht etwa um ein Gläschen Likör zu trinken, sondern um uns eine Weisung zurückzulassen.« Sie traten ein und begehrten zwei Gläser Likör am Jahrtische, wie es d'Artagnan und Porthos gleichfalls hatten tun müssen. Der Tisch, an dem man trank, war mit einer Zinnplatte überdeckt und auf dieser war mit der Spitze einer dicken Nadel eingegraben: »Rueil, D.«
»Sie sind in Rueil,« sprach Aramis, der diese Schrift zuerst bemerkte.
»Laßt uns also nach Rueil gehen,« versetzte Athos.
»Das heißt, uns dem Wolf in den Rachen werfen,« erwiderte Aramis.
»Wäre ich Jonas' Freund gewesen, wie ich d'Artagnan's Freund bin,« sprach Athos, »so wäre ich ihm bis in den Bauch des Walfisches gefolgt, und Ihr, Aramis, würdet dasselbe tun wie ich.«
»Gewiß, lieber Graf, ich glaube, Ihr macht mich besser, als ich bin. Wäre ich allein, so weiß ich nicht, ob ich ohne große Vorsichtsmaßregeln nach Rueil ginge; allein, wo Ihr hingeht, gehe ich gleichfalls hin.« Sie nahmen die Post und brachen auf, nach Rueil.
Athos gab, ohne es zu ahnen, Aramis den besten Rat von der Welt. Die Abgesandten des Parlaments waren eben wegen jener berühmten Konferenz angekommen, welche drei Wochen dauern und jenen hinkenden Frieden herbeiführen sollte, demzufolge der Prinz von Condo verhaftet wurde. Rueil war von Seite der Pariser mit Advokaten, Vorständen, Ratsherren und Beamten aller Art überfüllt; endlich von Seite des Hofes mit Edelleuten, Offizieren und Garden; so war es sonach mitten unter dieser Verwirrung ein Leichtes, so unbekannt zu bleiben, wie man es wünschen mochte, überdies führten sie Unterhandlungen zu einem Waffenstillstand, und in diesem Augenblicke zwei Kavaliere verhaften, ob sie auch Frondeurs der ersten Masse waren, wäre ein Eingriff in das Völkerrecht gewesen. Die zwei Freunde meinten, es wäre alle Welt mit dem Gedanken beschäftigt, der sie ???[Text fehlt] . Sie mengten sich unter die Gruppen, in der Hoffnung daß sie etwas über Porthos und d'Artagnan würden sprechen hören; allein jedermann beschäftigte sich nur mit Artikeln und Berichtigungen. Somit fuhren sie fort in ihren Nachforschungen, zogen vielfache Erkundigungen ein und ließen unter tausend Vormunden, wovon die einen sinnreicher waren als die andern, die Leute reden, bis sie zuletzt auf einen Cheveauxleger trafen, der ihnen bekannte, er habe zu der Eskorte gehört, welche d'Artagnan und Porthos von Compiègne nach Paris gebracht hatte. Ohne die Chevauxlegers hätte man nicht einmal gewußt, daß sie dort angekommen seien. Athos kam auf den Gedanken, mit der Königin zu sprechen. »Um mit der Königin zu sprechen, müßt Ihr für's erste mit dem Kardinal sprechen, und kaum werden wir mit ihm geredet haben, denkt wohl an das, was ich Euch sage, Athos, so werden wir mit unseren Freunden zusammenkommen, jedoch nicht auf die Art, wie wir es wünschten. Lasset uns in Freiheit handeln, um gut und schnell zu handeln.«
»Ich will zu der Königin gehen,« sprach Athos. »Wohlan, Freund, wenn Ihr entschlossen seid, diese Torheit zu begehn, so bitte ich, setzt mich einen Tag vorher in Kenntnis davon.«
»Warum?« Weil ich die Gelegenheit zu einem Besuche in Paris nützen will.«
»Bei wem?«
»Nun, was weiß ich! Vielleicht bei einer Frau von Longueville. Sie ist dort allmächtig und wird mir behilflich sein. Nur laßt mir Eure Verhaftung durch jemand melden, damit ich eilig wieder zurückkehre.«
»Warum wagt Ihr nicht auch mit mir die Verhaftung?« fragte Athos. »Nein, dafür
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