Zwanzig Jahre nachher (German Edition)
antwortete der Kapitän, »man wird die Entfernung abkürzen.« Aramis verneigte sich, wandte sich dann zu Athos und sprach: »Es behagt mir nicht, mit all diesen Leuten da auf dem Place-Royal zu kampieren; wollt Ihr nicht, daß wir weiterziehen? Wir werden die Dinge besser zu Gesicht bekommen.«
»Und dann würde Euch Herr von Châtillon nicht auf dem Place-Royale suchen, nicht wahr? So gehen wir denn weiter, Freund.«
»Habt Ihr nicht auch mit Herrn Flamarens ein paar Worte zu reden?«
»Freund,« erwiderte Athos, »ich habe einen Entschluß gefaßt, nämlich das Schwert nur noch im Falle der Not zu ziehen.«
»Seit wann das?«
»Seit ich den Dolch gezückt habe.«
»Ah, gut, noch eine Erinnerung an Herrn Mordaunt. Wahrlich, mein Lieber, es fehlte nur noch, Gewissensbisse darüber zu empfinden, daß Ihr ihn getötet habt.«
»Stille,« rief Athos und legte mit seinem ihm eigentümlichen Lächeln einen Finger auf den Mund, »reden wir nicht mehr von Mordaunt, das könnte uns Unheil bringen.«
Der Kampf bei Charenton
Zum großen Erstaunen des Volkes hatten unvermutet Verhandlungen zwischen Mazarin und seinen Gegnern begonnen, die zunächst zu einem vorläufigen Waffenstillstand Anlaß gaben. Bei einem Spazierritt durch die truppenerfüllte Vorstadt trafen Athos und Aramis den Herzog von Chatillon, von dem sie erfuhren, daß Rudolph an der Seite des Prinzen von Condé bei den königlichen Truppen stehe. Plötzlich hörte man Hornsignale und Trommelwirbel; in die lagernden Truppen kam lebhafte Bewegung und die Kunde von dem erfolgten Abbruch der Verhandlungen und dem bevorstehenden Beginn des Kampfes verbreitet sich mit großer Schnelligkeit. Tatsächlich begannen zwei Stunden später die ersten Gefechte, die bald in eine regelrechte, sehr heftig geführte Schlacht übergingen. Mitten in dem Kampfgewühl hatte sich eine Duellgruppe gebildet: Aramis kämpfte mit Chatillon, den er nach dem zweiten Wechsel, tödlich verwundet, aus dem Sattel hob. Der Tod des Herzogs war dem Prinzen von Condé Anlaß, zur Entscheidung zu drängen. Er warf sich an der Spitze seiner Kerntruppe gegen die Frondeurs und entschied die Schlacht in kurzer Zeit zugunsten des Königs und des Kardinals.
Die Straße nach der Picardie
Athos und Aramis, welche wohl in Paris sehr in Sicherheit waren, verhehlten sich die überaus großen Gefahren nicht, in die sie sich begaben, wenn sie den Fuß hinaussetzten; allein wir wissen, was die Frage nach Gefahr für solche Männer war. Überdies fühlten sie, daß die Entwicklung dieser zweiten Odyssee nahe sei, und daß es nur noch eines letzten Handstreichs bedurfte, wie man zu sagen pflegt. Die zwei Edelleute nahmen anfangs Umwege, damit sie nicht in die Hände von Mazarinern fielen, welche in Isle de France zerstreut waren, dann, damit sie den Frondeurs entgingen, welche die Normandie innehatten und welche nicht ermangelt hätten, sie vor Herrn von Longueville zu führen, auf daß er sie als Freunde oder Feinde erkenne. Als sie diesen zwei Gefahren entronnen waren, kamen sie auf der Straße von Boulogne wieder nach Abbéville, und folgten ihr Schritt für Schritt und Spur für Spur. Sie waren aber eine Weile unentschlossen; sie besuchten bereits zwei bis drei Wirtshäuser, befragten bereits zwei bis drei Wirte, ohne daß eine einzige Spur ihre Zweifel aufgeklärt oder ihre Nachforschungen geleitet hätte, als Athos mit seinen zarten Fingern auf etwas tastete, das rauh anzufühlen war. Er hob das Tischtuch auf und las die folgenden Hieroglyphen, welche mit einer Messerklinge tief in das Holz eingeschnitten waren:
Port ... – D`Art ... – 2. Februar .
»Vortrefflich!« rief Athos, während er Aramis diese Schrift zeigte; »wir wollten hier übernachten, doch das ist unnütz, wir ziehen weiter.« Somit setzten sie ihre Reise wieder fort. Es war ein höchst mühevolles und zumal sehr langweiliges Geschäft, das Athos und Aramis auf sich genommen. So gelangten sie bis Peronne. Schon waren sie wieder gewillt, umzukehren, als sie auf ihrem Ritte durch die Vorstadt, welche nach dem Stadttore führte, kamen, wo Athos auf einer weißen Mauer, welche die Ecke einer Straße bildete, die rings um den Wall lief, die Augen auf eine Zeichnung mit schwarzer Kreide richtete, welche mit der Kunstlosigkeit der ersten Versuche eines Kindes zwei Reiter im rasenden Galopp vorstellte; der eine dieser Reiter hielt in der Hand eine Tafel, auf der in spanischer Sprache geschrieben stand »Man folgt uns«.
»O!« rief
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