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Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Titel: Zwanzig Jahre nachher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas (der Ältere)
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broder!« antwortete die Witwe erstaunt. »Hört, wie das kommt,« sprach d'Artagnan; »dieser Herr ist Euer Bruder, den Ihr vielleicht nicht kennt, den aber ich kenne; er kam aus Amsterdam. Kleidet ihn während meiner Abwesenheit, und wenn ich zurückkomme, das ist in einer Stunde, stellt Ihr ihn mir vor, und indem ich Euch nichts verweigern kann, so nehme ich ihn in meinen Dienst auf, wiewohl er, versteht Ihr, kein Wort französisch spricht.«
    »Ich errate Eure Wünsche, und mehr bedarf ich nicht,« entgegnete Magdalena.
    »Ihr seid eine schätzbare Frau, meine schöne Wirtin, und ich vertraue auf Euch.« Er gab Planchet ein Zeichen des Einverständnisses und ging fort, um sich nach Notre-Dame zu begeben.

Von den verschiedenen Wirkungen, die eine halbe Pistole auf einen Kirchendiener und auf einen Chorknaben haben kann
    D'Artagnan nahm seinen Weg nach dem Pont-neuf und wünschte sich dabei Glück, daß er Planchet wieder gefunden, denn wiewohl er dem würdigen Diener gern einen Dienst erwiesen hätte, so war es doch in der That Planchet, der d'Artagnan einen Dienst leistete. D'Artagnan kam also nach Notre-Dame, zufrieden mit dem Zufall und mit sich selber. Er stieg über die Vortreppe, trat in die Kirche, wandte sich zu einem Sakristan, der eine Kapelle fegte, und fragte ihn, ob er wohl einen Herrn Bazin kenne.
    »Herrn Bazin, den Kirchendiener?« fragte der Sakristan.
    »Ja, ihn.«
    »Dort in der Kapelle bereitet er eben die Messe vor.«
    D'Artagnan begab sich, mit dieser Auskunft sehr zufrieden, sofort nach der Kapelle, und begegnete schon in der Türe dem biederen Bazin, der eben mit seiner Arbeit fertig geworden war und von dem unerwarteten Besuch wenig erbaut zu sein schien. Als d'Artagnan nun gar nach dem Aufenthaltsort d'Herblays fragte, ging ein gewaltiger Schrecken über die Züge Bazins, der für die Seelenruhe seines Herrn zu fürchten begann; er behauptete steif und fest, nichts über Aramis zu wissen.
    D'Artagnan sah ein, daß er so nicht zum Ziele gelangen würde und begann, als Bazin sich entfernt hatte, einen kleinen Chorknaben, der ihm gerade in den Weg lief, auszuforschen. Nach wenigen Fragen schon, deren Nachdrücklichkeit durch einige Münzen unterstützt wurde, erfuhr er, daß Bazin häufig nach Roisy zu reiten pflegte, wo, wie d'Artagnan wußte, sich ein Palais des Erzbischofs von Paris befand, das gegenwärtig des Erzbischofs Nichte, die Frau von Longueville, beherbergte. Nun wußte er schon, was er hatte wissen wollen und begab sich noch am gleichen Tage mit Planchet auf den Weg nach Roisy. Die Eintönigkeit dieses Rittes wurde plötzlich durch eine Schar von Reitern unterbrochen, die, offenbar jemand verfolgend, d'Artagnan anhielten und erst, als sie in ihm einen Offizier der Garden erkannten, den Weg freigaben und d'Artagnans aufwallenden Zorn dadurch in dem Momente besänftigten, als er eben nach seinem Degen greifen wollte.
    Als die beiden Reiter in Roisy ankamen, hielten sie vor dem Palais des Erzbischofs, um zu beraten, wie sie jetzt, da es spät am Abend war, Aramis auffinden könnten. Da fühlte Planchet plötzlich eine heftige Erschütterung seines Pferdes, drehte sich erschrocken um und sah hinter sich – Aramis sitzen, der aus den Wolken gefallen zu sein schien. Der Abbé begrüßte die beiden Ankömmlinge, bat sie, alle Fragen für später zu bewahren und jetzt den Weg einzuschlagen, den er ihnen zeigen wollte. So gelangte man bald zu Aramis' Haus. Zu d'Artagnans größtem Erstaunen betrat man es nicht durch das Tor, sondern mittels einer Strickleiter durch ein Fenster; eine Maßnahme, die Aramis mit der vorgerückten Zeit und der Strenge der Klosterregeln entschuldigte.
    Während Planchet in einer Bedientenwohnung untergebracht wurde, machten d'Artagnan und Aramis es sich in einem eben so reich als geschmackvoll ausgestatteten Zimmer bequem. Bazin, der ein köstliches Mahl auftrug, ließ beim Anblick d'Artagnans fast die Schüssel fallen und zitterte, als ob er den Teufel selbst in seines Herrn Wohnung angetroffen hätte.
    »Nun sind wir allein, lieber Aramis,« sprach d'Artagnan, indem er seine Augen von der Wohnung auf den Bewohner richtete und die mit den Möbeln begonnene Musterung mit den Kleidern beendigte; »wo zum Teufel seid Ihr hergekommen, als Ihr hinter Planchet auf das Pferd fielet?«
    »Ei, potz Wetter,« entgegnete Aramis. Ihr saht es doch, aus dem Himmel.«
    »Aus dem Himmel?« wiederholte d'Artagnan kopfschüttelnd, »Ihr seht ebensowenig danach aus, daß Ihr

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