Zwanzig Jahre nachher (German Edition)
Hände gerätst.«
»Bei Gott, ob ich das weiß,« versetzte Planchet; »das ist es eben, was mich selbst bekümmert, und deshalb bin ich so froh, daß ich Sie wiederfand, denn wenn Sie mich verstecken wollen, so kann es niemand so gut wie Sie.«
»Ja,« sagte d'Artagnan, »das will ich recht gern, wiewohl ich mich mit meiner Stelle gefährde, wenn es kund wird, daß ich einem Anführer Zuflucht gewährte.«
»Ach, gnädiger Herr, Sie wissen wohl, daß ich für Sie mein Leben einsetzen würde.«
»Du darfst sogar beifügen, Planchet, daß du es schon eingesetzt hast. Ich vergesse nur das, was ich vergessen muß, doch an dies will ich mich stets erinnern. Setze dich also dorthin und iß ruhig, denn ich bemerke die ausdrucksvollen Blicke, die du auf die Überreste meines Nachtmahls wirfst.«
»Ja, gnädiger Herr, denn die Speisekammer der Nachbarin war schlecht bestellt; ich habe seit gestern Mittag nichts genossen als eine Brotschnitte mit Zwetschgenmus. Wiewohl ich die Süßigkeiten zu gehöriger Zeit nicht verschmähe, so fand ich doch das Abendmahl ein bißchen gar zu leicht.«
»Armer Junge,« sprach d'Artagnan,»stärke dich also.«
»Ach, gnädiger Herr,« sagte Planchet. »Sie retten mir zweimal das Leben.«
Er setzte sich an den Tisch und begann da zu verschlingen wie in den guten Tagen der Straße Fossoyeurs. D'Artagnan ging indessen auf und nieder und dachte über die Vorteile nach, welche er in seiner gegenwärtigen Lage aus Planchet ziehen könnte. Mittlerweile arbeitete Planchet mit allen Kräften, um die verlornen Stunden wieder einzubringen. Endlich stieß er den Seufzer der Befriedigung eines hungrigen Menschen aus, womit er andeutet, er wolle jetzt, nachdem die erste und tüchtige Grundlage gelegt ist, eine kleine Pause machen.
»Sag' an,« sprach d'Artagnan, der da glaubte, nun wäre der rechte Moment gekommen, um das Verhör zu beginnen; »gehen wir der Ordnung nach, weißt du, wo Athos ist?«
»Nein, mein Herr,« entgegnete Planchet.
»Teufel! weißt du, wo Porthos ist?«
»Eben so wenig.«
»Teufel! Teufel – und Aramis?«
»Gleichfalls nicht.«
»Teufel! Teufel! Teufel!«
»Aber,« versetzte Planchet mit seiner schlauen Miene, »ich weiß, wo Bazin ist!«
»Wie, du weißt, wo Bazin ist?«
»Ja, gnädiger Herr.«
»Wo ist er denn?«
»In Notre-Dame.«
»Und was tut er in Notre-Dame.«
»Er ist Kirchendiener.«
»Bazin, Kirchendiener in Notre-Dame? weißt du das gewiß?«
»Ganz gewiß, ich habe ihn gesehen und mit ihm geredet.«
»Er muß wohl wissen, wo sein Herr ist.«
»Ohne Zweifel.«
D'Artagnan dachte nach, sodann nahm er seinen Mantel und seinen Degen und machte Miene fortzugehen.
»Gnädiger Herr,« rief Planchet mit kläglicher Miene, »wollen Sie mich in dieser Lage verlassen? Bedenken Sie, ich habe keine andere Hoffnung als auf Sie allein.«
»Man wird dich hier nicht suchen,« erwiderte d'Artagnan.
»Wenn man aber doch käme,« versetzte der vorsichtige Planchet, »bedenken Sie nur, daß mich die Leute des Hauses, die mich nicht eintreten gesehen, für einen Dieb halten.«
»Das ist wahr,« sprach d'Artagnan, »laß uns nachdenken. Sprichst du irgendeine Mundart?«
»Ich spreche mehr als das, gnädiger Herr, ich verstehe eine fremde Sprache, nämlich flamändisch.«
»Zum Teufel, wo hast du das gelernt?«
»In Artois, wo ich zwei Jahre im Felde stand. Hören Sie: Goeden morgen, myn heer, ik ben begeerd te weeten hoc uwe gezoudheyd bestaed.«
»Was will das sagen?«
»Guten Morgen, mein Herr; ich beeile mich, Sie um den Stand Ihrer Gesundheit zu befragen.«
»Das nennt er eine Sprache! Doch gleichviel,« sagte Artagnan. »Das kommt nach Wunsch.«
D'Artagnan trat zu der Türe, rief einen Aufwärter und befahl ihm, der schönen Magdalena zu melden, sie möge heraufkommen.
»Was tun Sie, gnädiger Herr?« sagte Planchet; »wollen Sie etwa unser Geheimnis einer Frau anvertrauen?«
»Sei unbekümmert, diese wird kein Wort verraten.«
In diesem Moment trat die Wirtin ein; sie kam mit lächelndem Gesichte, und hoffte d'Artagnan allein anzutreffen, als sie aber Planchet erblickte, trat sie betroffen einen Schritt zurück.
»Liebe Wirtin,« rief d'Artagnan, »hier stelle ich Euch Euern Herrn Bruder vor, der aus Flandern angekommen ist, und den ich für einige Tage in meine Dienste aufnehme.«
»Mein Bruder?« sagte die Wirtin noch mehr betroffen.«
»Begrüßt doch Eure Schwester, Master Peter.«
»Willkom, Zuster,« sagte Planchet. »Goeden tag,
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