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Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Titel: Zwanzig Jahre nachher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas (der Ältere)
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über die darin befindliche Summe abzulegen. Als hierauf sogleich sein Nachtmahl mit der Bouteille Wein gebracht wurde, schickte er den Aufwärter wieder fort, schloß die Türe ab und setzte sich zu Tische.
    Mit Anbruch des Tages wachte er auf, sprang mit ganz militärischer Rüstigkeit aus dem Bette, und ging gedankenvoll im Zimmer auf und nieder, als er das Klirren eines Fensters hörte, das man in seinem Zimmer einschlug. Er dachte sogleich an seinen Geldsäckel, der im Schreibtische lag, und eilte hinaus. Er irrte sich nicht, es kaum ein Mann durch das Fenster.
    »Ha, Unverschämter!« rief d'Artagnan, da er diesen Mann für einen Schurken hielt, und ergriff seinen Degen.
    »In des Himmels Namen, mein Herr!« rief der Mann, »stecken Sie Ihre Klinge wieder in die Scheide und durchbohren Sie mich nicht, ohne mich angehört zu haben. Ich bin nichts weniger als ein Dieb. Ich bin ein redlicher, wohlbestallter Bürger mit eigenem Hause. Ich nenne mich – doch wie, irre ich nicht? – Sie sind Herr d'Artagnan!«
    »Und du Planchet,« entgegnete der Leutnant.
    »Zu dienen, gnädiger Herr,« sagte Planchet voll Entzücken, »wenn ich noch zu dienen imstande wäre.«
    »Vielleicht,« versetzte d'Artagnan; »was läufst du denn im Monat Januar um sieben Uhr über die Dächer?«
    »Sie sollen es wissen, gnädiger Herr.« erwiderte Planchet, »aber am Ende sollen Sie's vielleicht doch nicht wissen.«
    »Sprich, was ist's,« fragte d'Artagnan. »Erst hänge aber eine Serviette vor das Fenster und ziehe den Vorhang zu.« Planchet gehorchte, als er fertig war, sagte d'Artagnan: »Nun?«
    »Gnädiger Herr,« antwortete Planchet vorsichtig. »Vor allem sagen Sie, wie Sie mit Herrn von Rochefort stehen.«
    »E, ganz gut – warum Rochefort? Du weißt ja doch, er ist jetzt einer meiner besten Freunde.«
    »O, desto besser.«
    »Wie steht denn aber Rochefort in Beziehung mit dieser Manier, in mein Zimmer zu gelangen?«
    »Ha, das ist es, gnädiger Herr; ich will Ihnen fürs erste sagen, daß Rochefort –« Planchet hielt inne.
    »Bei Gott,« versetzte d'Artagnan, »ich weiß, daß er in der Bastille ist.«
    »Das heißt: er war darin,« entgegnete Planchet.
    »Wie denn: er war darin?« fragte d'Artagnan. »War er etwa so glücklich und konnte entwischen?«
    »O, gnädiger Herr,« sagte Planchet, »wenn Sie das Glück nennen, so geht alles, so ist alles gut! Wie mich dünkt, so ließ man gestern Herrn Rochefort aus der Bastille holen.«
    »Nun, beim Himmel, ich weiß es, da ich ihn dort abholte.«
    »Doch zum Glücke für ihn haben Sie ihn nicht wieder dahin zurückgeführt, denn hätte ich Sie unter der Bedeckung erkannt, gnädiger Herr, so glauben Sie mir, ich hegte für Sie noch immer zu viel Achtung –«
    »Pst! so ende doch einmal, was ist denn geschehen?«
    »Wohlan, es geschah, daß ein großes Murren entstand, als die Kutsche des Herrn von Rochefort mitten in der Straße la Féronnerie durch eine Gruppe Volkes fuhr und die Leute der Bedeckung rauh gegen die Bürger waren; der Gefangene hielt das für eine günstige Gelegenheit sich zu nennen und um Hilfe zu rufen. Ich war anwesend, erkannte den Namen des Grafen von Rochefort, erinnerte mich, daß er es war, durch den ich Wachtmeister im Regiment Piemont geworden bin und rief laut: er sei ein Gefangener, er sei ein Freund des Herrn Herzogs von Beaufort. Man bot Trotz, hielt die Pferde an und warf die Bedeckung nieder. Mittlerweile öffnete ich den Kutschenschlag. Herr von Rochefort stieg aus und verlor sich in der Menge. Zum Unglück zog in diesem Momente eine Runde vorüber, verband sich mit den Leibwachen und griff uns an; ich ward bedrängt, zog mich zurück nach der Seite der Straße Tiquetonne, und flüchtete mich hier in das anstoßende Haus; man umzingelte und durchsuchte dasselbe, allein vergebens. Ich fand im fünften Stock eine mitleidige Person, die mich zwischen den Tapeten versteckt hielt. Da blieb ich denn bis zum Anbruch des Tages, und in der Besorgnis, man würde vielleicht am Abend die Untersuchungen wiederholen, wagte ich mich auf die Dachrinnen, wobei ich fürs erste in irgendeinem Hause einen Eingang und auch einen Ausgang suchte, die nicht bewacht wären. Das ist meine Geschichte, und auf Ehre, gnädiger Herr, ich wäre trostlos, wenn sie Ihnen mißfiele.«
    »Nicht doch,« erwiderte d'Artagnan, »ich freue mich im Gegenteile sehr, wenn Rochefort frei ist. Weißt du aber eines? Daß du nämlich gehenkt wirst, wenn du den Leuten des Königs in die

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