Zwanzig Jahre nachher (German Edition)
auch dieser nur damit, daß er die Umrisse zeichnete und die Unterschriften beisetzte. Indes waren die Umrisse und Inschriften doch der Art, daß sie die Empfindlichkeit des Herrn von Chavigny reizten, weshalb er auch Herrn von Beaufort melden ließ, falls er nicht auf diese beabsichtigten Bilder Verzicht leiste, würde er ihm alle Mittel zur Ausführung wegnehmen. Herr von Beaufort gab zur Antwort: Da ihm alle Möglichkeit, sich einen Waffenruhm zu erringen, benommen sei, so wolle er sich einen Ruf in der Malerkunst erwerben, und wenn er kein Bayard oder Trivulzio werden könne, so suche er ein Michelangelo oder Raffael zu werden.
Als eines Tages Herr von Beaufort im Hofraume des Schlosses spazieren ging, nahm man ihm sein Feuer, mit dem Feuer seine Kohlen und mit den Kohlen seine Asche weg, wonach er bei seiner Zurückkunft nicht den kleinsten Gegenstand mehr antraf, um daraus einen Zeichenstift zu machen. Eines Tages, nach der Mahlzeit, erklärte der Herzog ganz laut, man habe ihm Gift beigebracht. Dieser neue Schelmenstreich gelangte zu den Ohren des Kardinals und erweckte ihm große Furcht. Der Schloßturm von Vincennes galt für sehr ungesund, und Frau von Rambouillet erklärte, daß das Gemach, worin Puhlaureus, der Marschall von Ornano und der Großprior von Vendome gestorben seien, so gut sei wie eine derbe Dosis Arsenik – und die Äußerung fand Glauben. Er befahl sonach, der Gefangene sollte nichts mehr zu sich nehmen, bevor man nicht Speise und Trank gekostet hätte; und so war denn damals la Ramee unter dem Titel als Vorkoster bei ihm angestellt worden. Inzwischen hatte Herr von Chavigny dem Herzog die Grobheiten nicht vergeben.
Herr von Chavigny, der ein bißchen Tyrannei zu üben verstand, begann damit, daß er Herrn von Beaufort alle Quälereien erwiderte. Er nahm ihm weg, was man ihm noch an eisernen Messern und silbernen Gabeln gelassen hatte, und gab ihm dafür silberne Messer und hölzerne Gabeln. Herr von Beaufort beschwerte sich, doch Herr von Chavigny ließ ihm antworten, er habe erfahren, daß der Kardinal, als er zu der Frau von Vendome sagte, ihr Sohn sei auf Lebenszeit im Schloßturme von Vincennes, einen Versuch zum Selbstmorde gefürchtet habe. Vierzehn Tage darauf fand Herr von Beaufort zwei Reihen Bäume von der Dicke eines Fingers auf dem Wege angepflanzt, der nach dem Ballspielplatze führte. Auf die Frage, was das zu bedeuten habe, gab man ihm zur Antwort: das geschah, um ihm einst Schatten zu verschaffen. Endlich besuchte ihn der Gärtner, und unter dem Scheine, als wollte er ihm eine Freude machen, meldete er, man sei eben damit beschäftigt, ihm Spargelbeete anzulegen. Die Spargel aber, welche, wie jedermann weiß, heutzutage vier Jahre brauchen, um gestochen werden zu können, bedurften damals fünf Jahre, da die Gartenkunst noch nicht so vervollkommnet war. Diese Artigkeit brachte Herrn von Beaufort zur Wut.
Herr von Beaufort dachte nun, daß es Zeit wäre, zu einem Befreiungsmittel zu greifen, und er versuchte fürs erste das einfachste: nämlich la Ramée zu bestechen; jedoch la Ramée, der seine Stelle für fünfzehnhundert Taler gekauft hatte, hielt sehr auf diese Stelle. Statt daß er nun in die Absichten des Gefangenen einging, gab er eiligst Herrn von Chavigny davon Nachricht, und dieser ließ unverzüglich acht Mann im Gemach des Prinzen selbst die Wache versehen, verdoppelte die Schildwachen und verdreifachte die Posten. Von diesem Momente an ging der Prinz nur noch wie ein Theaterkönig mit vier Mann vor und vier Mann hinter sich, diejenigen ungerechnet, welche hinterher schritten.
Anfangs machte sich Herr von Beaufort sehr lustig über diese Strenge, welche ihm Zerstreuung gewährte, und wiederholte, so oft er konnte: »Das unterhält, das zerstreut mich. Doch überdies,« fügte er bei, »wenn ihr mir diese Ehrenbezeigungen wieder nehmen wollt, so habe ich noch neununddreißig andere Mittel.« Am Ende verwandelte sich aber diese Zerstreuung in Langeweile. Aus Ruhmredigkeit hielt sie Herr von Beaufort sechs Monate lang aus; doch als er nach Verlauf von sechs Monaten sich immer acht Mann niedersetzen sah, wenn er sich setzte, aufstehen, wenn er sich erhob, stehen bleiben, wenn er anhielt, so fing er an die Stirn zu runzeln und die Tage zu zählen. Das erhöhte seine Erbitterung und seinen Haß gegen den Kardinal, der seinerseits wieder alles erfuhr, was in Vincennes vorging, und deshalb unwillkürlich seine Mütze bis auf den Nacken herabzog. Eines Tages rief
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