Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Titel: Zwanzig Jahre nachher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas (der Ältere)
Vom Netzwerk:
Bragelonne und seid unserer Huld versichert.« Rudolf verneigte sich voll Ehrerbietung vor den beiden Fürstinnen, beurlaubte sich von de Winter und ging hinweg.
    Lord Winter und die Königin unterredeten sich noch eine Zeitlang, doch ganz leise, damit sie, die Prinzessin nicht höre. Als sich dann de Winter entfernen wollte, sprach die Königin: »Höret, Mylord, ich bewahrte mir dieses diamantene Kreuz, welches von meiner Mutter kommt, und dieser St.-Michaels-Orden, der von meinem Gemahl ist; sie sind etwa fünfzigtausend Livres im Werte. Ich habe geschworen, daß ich eher des Hungers sterbe, als diese kostbaren Pfänder verkaufen wolle, allein jetzt, wo diese zwei Kleinodien ihm oder seinen Beschützern nützlich sein können, muß ich alles dieser Hoffnung aufopfern. So nehmt sie denn und gebricht es Euch an Geld zu Euren Unternehmungen, Mylord, so verkauft sie ohne alles Bedenken. Findet Ihr jedoch ein Mittel, sie zu bewahren, so bedenkt, Mylord, daß ich es Euch als den größten mir erwiesenen Dienst anrechne, den nur ein Edelmann einer Königin zu leisten vermag, und daß derjenige, welcher mir am Tage meines Glückes diesen Orden und dieses Kreuz zurückbringt, von mir und meinen Kindern gesegnet sein soll.«
    »Madame,« entgegnete de Winter, »Ihre Majestät wird von einem getreuen Mann bedient sein. Ich will mich beeilen, diese zwei Kleinodien an einem sicheren Orte niederzulegen, und würde sie nicht annehmen, wären uns die Mittel unseres früheren Wohlstandes übriggeblieben; allein unsere Guter sind eingezogen, unser bares Geld ist verausgabt, und auch mit uns ist es so weit gekommen, daß wir alles, was wir besitzen, zu Geld machen müssen. In einer Stunde begebe ich mich zu dem Grafen de la Fère, und bis morgen wird Ihre Majestät eine entscheidende Antwort erhalten.« Die Königin reichte Lord Winter die Hand, welcher sie ehrerbietig küßte, dann wandte sie sich zu ihrer Tochter und sagte: »Ihr hattet den Auftrag, Mylord, diesem Kinde etwas von ihrem Vater zu übergeben.« Lord Winter war betroffen, da er nicht wußte, was die Königin sagen wollte. Nun näherte sich die junge Henriette lächelnd und errötend und bot dem Edelmann ihre Stirne, indem sie sagte: »Meldet meinem Vater, daß er, ob er König oder Flüchtling, Sieger oder Besiegter, mächtig oder arm sei, an mir stets die gehorsamste und liebevollste Tochter haben werde.«
    »Ich weiß es, Madame,« erwiderte Lord Winter, indem er Henriettens Stirn mit den Lippen berührte.

Oheim und Neffe
    Lord Winter ward an der Türe von seinem Pferde und einem Diener erwartet; er ritt nun ganz gedankenvoll seiner Wohnung zu und blickte von Zeit zu Zeit zurück, um die schweigende und dunkle Fassade des Louvre zu betrachten. Hier sah er einen Reiter gleichsam aus der Mauer hervortreten und ihm in einiger Entfernung nachfolgen; er erinnerte sich, daß er, als er das Palais-Royal verließ, einen ähnlichen Schatten bemerkt habe. Auch der Bediente des Lord Winter, der einige Schritte weit hinter ihm ritt, folgte jenem Reiter mit bekümmerten Blicken. »Tony!« rief der Edelmann und gab dem Diener einen Wink, sich zu nähern. »Hier bin ich, gnädiger Herr,« Er ritt an der Seite seines Gebieters. »Hast du jenen Mann bemerkt, der uns nachfolgt?«
    »Ja, Mylord.«
    »Wer ist es?«
    »Das weiß ich nicht, nur folgt er Ew. Gnaden seit dem Palais-Royal, hielt am Louvre an, um Ihr Fortgehen abzuwarten, und setzte sich hier mit Ihnen aufs neue in Bewegung.«
    »Das ist irgendein Kundschafter des Kardinals,« dachte de Winter bei sich; »stellen wir uns als sähen wir ihn gar nicht.
    Lord Winter stieg vor seinem Gasthofe ab und begab sich in sein Zimmer, mit dem Vornehmen, den Kundschafter beobachten zu lassen, als er aber Hut und Handschuhe auf den Tisch legte, bemerkte er in einem Spiegel, der vor ihm hing, ein Gesicht, das an der Türschwelle erschien. Er wandte sich – es war Mordaunt, der vor ihm stand. Lord Winter erblaßte und blieb bewegungslos stehen; was Mordaunt betrifft, so blieb er kalt, drohend und gleich der Statue des Kommandeurs an der Türe stehen. Es trat zwischen diesen beiden Männern ein Moment eisigen Stillschweigens ein. Dann sprach de Winter: »Mein Herr, ich glaube, Euch begreiflich machen zu müssen, daß mir diese Verfolgung lästig fällt; entfernt Euch also, oder ich will rufen und Euch wie in London fortjagen lassen. Ich bin nicht Euer Oheim, ich kenne Euch gar nicht.«
    »Ihr irret, mein Oheim,« entgegnete Mordaunt mit

Weitere Kostenlose Bücher