Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwei an Einem Tag

Zwei an Einem Tag

Titel: Zwei an Einem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Nicholls
Vom Netzwerk:
Dachkammer
Gibts nur
Die Nachos.
Der Käse ist wie das Leben,
Kalt und
Hart
Wie Plastik,
Und in dem hohen Raum wird nicht gelacht.
    Emma hielt inne und sah an die Decke, als wollte sie jemandem Zeit zum Verstecken geben. Dann schaute sie wieder auf die Seite, in der Hoffnung, das Geschriebene könne sich als brillant entpuppen.
    Ihr schauderte, sie gab ein langgezogenes Seufzen von sich und schüttelte lachend den Kopf, während sie sämtliche Zeilen methodisch schraffierte, bis jedes einzelne Wort unkenntlich war. Bald war das Papier durchweicht. Sie blätterte zu der Seite um, wo Tinte durchgesickert war, und las, was dort stand.
Edinburgh, 4 Uhr morgens
Wir liegen im Bett, reden über die
Zukunft, spekulieren,
Und ich sehe ihm beim Sprechen zu, denke
»Wie ein junger Gott«, albern, denke,
»Ist es das? Jenes flüchtige Gefühl?«
Draußen singen Amseln, und das
Sonnenlicht wärmt die Vorhänge …
    Wieder schauderte ihr, als hätte sie unter einen Wundverband geblickt, und schlug das Notizbuch zu. Großer Gott, »Jenes flüchtige Gefühl«. Sie war am Wendepunkt angekommen. Sie glaubte nicht mehr, dass man eine Situation durch Gedichteschreiben verbessern konnte.
    Sie legte das Notizbuch beiseite, nahm stattdessen den Sunday Mirror zur Hand, aß Nachos, flüchtige Nachos, und es überraschte sie immer wieder, wie tröstlich grottenschlechtes Essen sein kann.
    Ian stand in der Tür. »Dieser Typ ist schon wieder da.«
    »Welcher Typ?«
    »Dein Freund, der gutaussehende. Hat irgendein Mädel im Schlepptau.« Und sofort wusste Emma, wen Ian meinte.
    Die Nase an das fettige, runde Fenster gepresst, beobachtete sie von der Küche aus, wie sie in einer der mittleren Sitzecken lümmelten, an grellbunten Drinks nippten und über die Speisekarte lachten. Das Mädchen war groß, schlank, hatte blasse Haut, schwarz geschminkte Augen und einen rabenschwarzen, teuren, asymmetrischen Kurzhaarschnitt, die langen Beine steckten in durchsichtigen Leggings und Stiefeletten. Beide waren angetrunken und trugen die aufgesetzte wilde Verwegenheit von Leuten zur Schau, die wissen, dass sie beobachtet werden, Pop-Video-Benehmen, und Emma überlegte, wie befriedigend es wäre, durch das Restaurant zu stolzieren und ihnen mit einem vollgepackten »Burrito des Tages« eins überzuziehen.
    Zwei große Hände legten sich Emma auf die Schultern. »Schhhhwing«, sagte Ian und legte das Kinn auf ihren Kopf. »Wer ist sie?«
    »Keinen Schimmer.« Emma wischte die Spuren ihrer Nase von der Scheibe. »Hab den Überblick verloren.«
    »Dann ist sie die Neue.«
    »Dexter hat eine extrem kurze Aufmerksamkeitsspanne. Wie ein Baby. Oder ein Affe. Man muss ihm nur was Glitzerndes vor die Nase halten.« Denn das ist dieses Mädchen, dachte sie: glitzernd.
    »Und, glaubst du, es stimmt, was man sagt? Dass Frauen auf Arschlöcher stehen?«
    »Er ist kein Arschloch. Bloß ein Idiot.«
    »Also stehen Frauen auf Idioten?«
    Dexter hatte sich das Cocktailschirmchen hinters Ohr gesteckt, und das Mädchen brach ob dieses genialen Geistesblitzes in entzücktes Gelächter aus.
    »Scheint ganz so«, erwiderte Emma. Woher kam nur dieses Bedürfnis, ihr seinen neuen, glitzernden, urbanen Lifestyle unter die Nase zu reiben? Sobald sie ihn nach seiner Rückkehr aus Thailand am Ankunftsschalter begrüßt hatte, schlank und braun gebrannt mit kurzgeschorenen Haaren, wusste sie, zwischen ihnen würde nie etwas laufen. Er hatte zu viele, sie zu wenige neue Erfahrungen gemacht. Trotzdem, das war jetzt die dritte Freundin, Geliebte oder was auch immer, die sie in den letzten neun Monaten kennenlernte, Dexter präsentierte sie ihr wie ein Hund eine fette Taube. War das eine Art von kranker Rache? Weil ihr Abschluss besser war als seiner? Wusste er nicht, was er ihr antat, wenn sie da an Tisch neun saßen und praktisch die Lenden aneinanderrieben?
    »Kannst nicht du gehen, Ian? Es ist dein Tisch.«
    »Er hat nach dir gefragt.«
    Sie seufzte, wischte sich die Hände an der Schürze ab, setzte die Baseballmütze ab, um die Schmach möglichst gering zu halten, und stieß die Schwingtür auf.
    »So – wollt ihr jetzt die Tagesgerichte hören, oder was?«
    Dexter sprang auf, befreite sich aus den langen Gliedmaßen des Mädchens und riss seine gute alte Freundin an sich. »Hey, hey, wie gehts dir, Em? Küsschen, Küsschen!« Seit Dexter beim Fernsehen arbeitete, hatte er eine Manie für Umarmungen bzw. »Küsschen, Küsschen« entwickelt. Die Gesellschaft von TV-Moderatoren hatte

Weitere Kostenlose Bücher