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Zwei an Einem Tag

Zwei an Einem Tag

Titel: Zwei an Einem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Nicholls
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knutschendes Pärchen, die Frau hockte mit gespreizten Beinen auf dem Mann, der die Arme hingebungsvoll nach hinten gestreckt hatte, ihre Finger waren ineinander verschränkt.
    »… und wir haben das Hotelzimmer drei Tage praktisch nicht verlassen.«
    »Tschuldige, hab schon vor längerer Zeit abgeschaltet.«
    »Ich habe gesagt …«
    »Was glaubst du, was sie an dir findet?«
    Dexter zuckte die Schultern, als verstehe er die Frage nicht. »Sie sagt, ich wäre kompliziert.«
    »Kompliziert. Du bist wie ein zweiteiliges Puzzle …«, sie setzte sich auf und wischte sich Gras vom Schienbein, »… aus extradickem Sperrholz«, und zog ein Hosenbein hoch. »Sieh dir die Beine an.« Sie nahm ein winziges Haarbüschel zwischen Daumen und Zeigefinger. »Wie von einer 58-jährigen Bergsteigerin. Ich seh aus wie die Vorsitzende des Wandervereins.«
    »Benutz halt Wachs. Pelztierchen.«
    »Dexter!«
    »Außerdem hast du tolle Beine.« Er beugte sich vor und kniff sie in die Wade. »Du siehst toll aus.«
    Sie stieß seinen Ellbogen weg, so dass er zurück ins Gras fiel. »Ich fasse es nicht, dass du mich Pelztierchen genannt hast.« Das Pärchen neben ihm knutschte immer noch. »Guck dir die an – nicht so auffällig.« Dexter spähte über die Schulter. »Ich kann sie hören. Bis hierhin kann ich das Schmatzen hören. Als würde jemand einen Abfluss reinigen. Nicht so auffällig, hab ich gesagt!«
    »Wieso nicht? Ist doch ein öffentlicher Platz.«
    »Warum führt man sich an einem öffentlichen Platz so auf? Hat was von ’ner Tierdoku.«
    »Vielleicht sind sie ja verliebt.«
    »Sieht Liebe so aus – feuchte Münder und hochgerutschte Röcke?«
    »Manchmal schon.«
    »Sieht aus, als wollte sie seinen Kopf einsaugen. Wenn sie nicht aufpasst, renkt sie sich den Kiefer aus.«
    »Ist aber auch ’n heißes Gerät.«
    »Dexter!«
    »Na ja, stimmt doch, ich mein ja nur.«
    »Weißt du, manche Leute könnten deine Sexbesessenheit für ein kleines bisschen seltsam halten, oder für verzweifelt und traurig …«
    »Komisch, ich fühle mich nicht traurig. Oder verzweifelt.«
    Emma, die sich genau so fühlte, schwieg. Dexter stieß sie mit dem Ellbogen an. »Weißt du, was wir mal machen sollten? Du und ich?«
    »Was denn?«
    Er grinste. »Zusammen ›E‹ nehmen.«
    »E? Was ist E?«, fragte sie entgeistert. »Ach ja, ich glaub, ich hab einen Artikel darüber gelesen. Bewusstseinserweiternde Drogen sind nicht mein Ding. Ich hab mal vergessen, das Tipp-Ex zuzuschrauben, und dachte, meine Schuhe wollen mich fressen.« Erfreulicherweise lachte er, und sie verbarg ihr eigenes Lächeln hinter dem Plastikbecher. »Wie auch immer, ich bevorzuge den reinen, natürlichen Alkoholrausch.«
    »›E‹ wirkt sehr enthemmend.«
    »Umarmst du deshalb ständig alle?«
    »Ich glaube nur, es könnte dir Spaß machen, das ist alles.«
    »Ich habe Spaß. Du hast ja keine Ahnung.« Sie lag auf dem Rücken, starrte in den Himmel und spürte, wie er sie ansah.
    »So. Und was ist mit dir?«, fragte er mit einer Stimme, die sie insgeheim seine Psychiaterstimme nannte. »Irgendwas Neues? Irgendwelche Action? An der Liebesfront?«
    »Ach, du kennst mich. Ich bin völlig gefühllos. Wie ein Roboter. Oder eine Nonne. Eine Roboter-Nonne.«
    »Bist du nicht. Du tust zwar so, bist du aber nicht.«
    »Ach, mir macht das nichts. Mir gefällts, alleine alt zu werden …«
    »Du bist gerade mal 25, Em …«
    »… mich in einen Blaustrumpf zu verwandeln.«
    Dexter wusste nicht genau, was ein Blaustrumpf ist, verspürte aber einen Pawlow’schen Anflug von Erregung bei dem Wort »Strumpf«. Während sie weitersprach, stellte er sie sich in blauen Strümpfen vor, entschied, dass sie weder ihr noch sonst jemandem stehen würden, dass Strümpfe überhaupt nur schwarz sein sollten, oder rot wie die, die Naomi mal angehabt hatte, und kam zum Schluss, dass ihm der Sinn des Wortes »Blaustrumpf« wohl entgangen war. Derlei erotische Tagträume nahmen einen Großteil seiner geistigen Energie in Anspruch, und er fragte sich, ob Emma nicht Recht hatte, vielleicht war er ja wirklich etwas zu abgelenkt von der sexuellen Seite der Dinge. Stündlich ließ ihn der Anblick von Werbeplakaten, Zeitschriften-Titelseiten, das Aufblitzen eines knallroten BH-Trägers bei einer vorübergehenden Fremden verblöden. Im Sommer war es am schlimmsten. Es war doch nicht normal, sich ständig zu fühlen wie ein frischentlassener Sträfling? Konzentration. Jemand, der ihm viel bedeutete, hatte

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