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Zwei an Einem Tag

Zwei an Einem Tag

Titel: Zwei an Einem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Nicholls
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Freundin, ein schräges Mädel namens Tara, ein winziges, vogelähnliches Ding mit vom Alkohol schweren Lidern und einem breiten, scharlachroten Mund, das nicht viel redet, sondern lieber durch das Medium der Massage kommuniziert.
    Tara lernt er zuerst kennen, kurz nach zwei in dem Nachtclub unter den Bahnbögen. Die ganze Nacht war ihm aufgefallen, wie sie auf der Tanzfläche mit einem breiten Grinsen auf dem hübschen Elfengesicht plötzlich hinter Fremden auftaucht und ihnen die Schultern oder das Kreuz massiert. Schließlich ist er an der Reihe, nickt lächelnd und wartet auf den Moment des Wiedererkennens. Und tatsächlich, sie runzelt die Stirn, hält ihm die Finger vor die Nase und sagt, was jetzt alle zu ihm sagen: »Du bist doch berühmt!«
    »Und wer bist du?«, schreit er, um die Musik zu übertönen, nimmt ihre kleinen, knochigen Hände in seine und hält sie zur Seite wie bei einem großen Wiedersehen.
    »Ich bin Tara!«
    »Tara! Tara! Hallo, Tara!«
    »Bist du berühmt? Woher kenn ich dich? Sags mir!«
    »Ich arbeite beim Fernsehen und moderiere eine Sendung namens abfeiern . Da interviewe ich Popstars.«
    »Ich wusste es! Du bist berühmt!«, ruft sie entzückt aus, stellt sich auf die Zehenspitzen und küsst ihn so lieb auf die Wange, dass er über die Musik hinweg schreit: »Du bist toll, Tara!«
    »Ich bin toll!«, ruft sie zurück. »Aber nicht berühmt.«
    »Solltest du aber sein!«, schreit Dexter und legt ihr die Hände um die Taille. »Ich finde, jeder sollte berühmt sein.«
    Die Bemerkung ist gedanken-und bedeutungslos, aber Tara ist anscheinend trotzdem gerührt, denn sie sagt: »Ooooooooh«, stellt sich auf die Zehenspitzen und legt ihm den kleinen Elfenkopf an die Schulter. »Ich finde dich so was von toll«, brüllt sie ihm ins Ohr, und er widerspricht nicht. »Du bist auch toll«, sagt er, und sie geraten in eine potenziell endlose »Du bist toll«-Schleife. Sie tanzen jetzt zusammen, saugen die Wangen ein, grinsen sich an, und wieder einmal fällt Dexter auf, wie leicht es ist, sich zu unterhalten, wenn alle zugedröhnt sind. Früher, als es nur Alk gab, musste man erst Augenkontakt aufnehmen, Getränke spendieren und stundenlang über Bücher, Filme, Eltern und Geschwister quatschen, wenn man ein Mädchen kennenlernen wollte. Heute kann man fast nahtlos von »Wie heißt du?« oder auch »Zeig mal dein Tattoo« zu »Was für Unterwäsche trägst du?« übergehen, ein beachtlicher Fortschritt.
    »Du bist toll«, ruft er, als sie ihr Hinterteil an seinen Schenkeln reibt. »Total winzig. Wie ein Vögelchen.«
    »Aber stark wie ein Ochse«, ruft sie ihm über die Schulter zu und spannt einen mandarinengroßen festen Bizeps an. Der kleine Bizeps ist derart entzückend, dass er ihn küsst. »Du bist nett. Sooooo nett.«
    »Du aber auch«, kontert er und denkt, Mann, das läuft einfach wie geschmiert, dieses Hin und Her, völlig reibungslos. Sie ist klein und niedlich und erinnert ihn an einen Zaunkönig, aber das Wort ist ihm entfallen, deshalb nimmt er ihre Hände, zieht sie zu sich und ruft ihr ins Ohr: »Wie heißt noch mal dieser winzige Vogel, der in eine Streichholzschachtel passt?«
    »Was?«
    »EIN VOGEL, EINE STREICHHOLZSCHACHTEL, ER PASST IN EINE STREICHHOLZSCHACHTEL, EIN PIEPMATZ, SO BIST DU, WIE EIN VÖGELCHEN, HAB DEN NAMEN VERGESSEN.« Er hält Zeigefinger und Daumen einen Zentimeter auseinander. »PIEPMATZ, WINZIG, SO BIST DU.«
    Und sie nickt, entweder zustimmend oder im Takt der Musik, die Pupillen sind geweitet, die schweren Augenlider flattern, sie verdreht die Augen weit nach hinten, wie die Puppe, die seine Schwester früher hatte. Dexter hat den Faden verloren, erinnert sich einen Moment lang an gar nichts mehr, und als Tara seine Hände nimmt, sie drückt, ihm noch mal sagt, wie toll er ist, und dass er ihre Freunde kennenlernen muss, weil sie auch ganz toll sind, widerspricht er nicht.
    Er sieht sich nach Callum O’Neill um, seinem ehemaligen Mitbewohner von der Uni, der sich gerade den Mantel anzieht. Der ehemals faulste Mann von Edinburgh hat sich mit Computer-Refurbishing eine goldene Nase verdient und ist jetzt ein stämmiger, erfolgreicher Geschäftsmann in teuren Anzügen. Aber mit dem Erfolg kam auch die Nüchternheit: keine Drogen und während der Woche nicht zu viel Alk. Er sieht fehl am Platz und spießig aus. Dexter geht zu ihm und nimmt seine Hände.
    »Wo gehts hin, Kumpel?«
    »Nach Hause. Es ist zwei Uhr. Ich muss arbeiten.«
    »Komm doch mit. Ich will

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