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Zwei bemerkenswerte Frauen

Zwei bemerkenswerte Frauen

Titel: Zwei bemerkenswerte Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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der Dämmerung, die hie und da noch von Sonnenflecken erhellt wurden, zur Hauptstraße nach Exeter, die wir überquerten. Auf der anderen Seite bogen wir in die Felder ein, die allmählich dunkel wurden. Unterwegs haben wir uns nicht wie andere Liebespaare Zärtlichkeiten zugeflüstert, denn wir waren kein richtiges Paar. Ich konnte mich auch nicht in seine Arme schmiegen, denn ich schwankte auf dem Pferderücken hin und her und schlug immer wieder hart im Sattel auf, so dass ich mich konzentrieren musste, um nicht runterzufallen. Doch ich war, wo ich sein wollte. Nichts anderes zählte.
    Am hinteren Ende des Felds wartete ein Obstgarten auf uns. Wir legten uns auf ein schneeweißes Laken aus Apfelblüten. Und dort habe ich entdeckt, dass der Blitz tief aus dem Inneren kommen kann. Ich bereue diese Entdeckung nicht.
    An jenem Abend habe ich noch etwas anderes gelernt. Es war später, als ich in seinen Armen lag, in den Himmel blickte und die Sterne zählte. Es waren vier. «Was willst du mit dem Geld machen, das ich deiner Familie gegeben habe, Mary?», fragte er.
    «Unsere Schulden bezahlen und einen neuen Tisch kaufen.»
    Colonel Birch schmunzelte. «Das ist sehr praktisch gedacht. Brauchst du denn nichts für dich selbst?»
    «Ich könnte mir vielleicht eine neue Haube leisten.» Meine alte war gerade unter uns zerdrückt worden.
    «Und wie wäre es mit etwas Besserem?»
    Ich schwieg.
    «Ihr könntet zum Beispiel in ein Haus mit einem richtigen Laden ziehen», fuhr Colonel Birch fort. «Nach oben in die Broad Street, wo ihr ein großes Fenster hättet, so dass ihr eure Fossilien in besserem Licht präsentieren könnt. Dann käme sicher mehr Kundschaft.»
    «Dann denken Sie also, dass ich weiter Kuris suchen und verkaufen werde, Sir? Dass ich nie heirate, sondern einen Laden betreibe?»
    «Das habe ich nicht gesagt.»
    «Das ist schon in Ordnung, Sir. Ich weiß, dass ich nie heiraten werde. Niemand will eine wie mich zur Frau.»
    «Das habe ich nicht gemeint, Mary, du hast mich missverstanden.»
    «So, hab ich das?» Ich rollte mich von seiner Schulter und legte mich flach auf den Boden. In der kurzen Zeit, in der wir redeten, schien der Himmel noch dunkler geworden zu sein, und immer mehr Sterne traten zu den ersten vereinzelten hinzu.
    Colonel Birch setzte sich mühsam auf. Er war alt und steif, und das Liegen auf dem Boden schien ihm weh zu tun. Er blickte auf mich hinab. Ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht sehen, weil es zu dunkel war. «Wenn ich an deine Zukunft denke, sehe ich dich als Fossilienjägerin und nicht als Ehefrau. Es gibt viele Frauen – genaugenommen sogar die meisten –, die hervorragende Ehefrauen abgeben. Aber eine wie dich gibt es nur einmal. Weißt du, bei der Vorbereitung der Auktion in London habe ich viele Menschen getroffen, die von sich behaupten, eine Menge über Fossilien zu wissen: Was sie sind, warum wir sie finden und was sie bedeuten. Aber keiner wusste auch nur die Hälfte von dem, was du weißt.»
    «Doch, Mr Buckland. Und Henry De La Beche. Und was ist mit Cuvier? Es heißt, dieser Franzose weiß mehr als wir alle.»
    «Schon möglich. Aber die anderen haben nicht deinen Instinkt, Mary. Dein Wissen stammt vielleicht nicht aus Büchern, du hast Erfahrungen gesammelt und dir alles selbst beigebracht. Deshalb ist es nicht weniger wert. Du hast viel Zeit mit deinen Funden verbracht, hast ihre Anatomie studiert und viele Variationen und Feinheiten gesehen. Du erkennst zum Beispiel die Einzigartigkeit eines Ichthyosauriers und weißt, dass er etwas ist, was wir uns bislang nie haben vorstellen können.»
    Aber ich wollte nicht über mich reden und auch nicht über Kuris. Jetzt standen so viele Sterne am Himmel, dass ich sie nicht mehr zählen konnte. Unter ihrem Wissen fühlte ich mich als Erdenwesen klein und armselig. Beim Blick in die Sterne bekam ich wieder dieses hohle Gefühl, eine große Leere breitete sich in mir aus. «Sir, was meinen Sie, wie weit sind die Sterne wohl weg?»
    Colonel Birch sah zum Himmel hoch. «Sehr weit weg. Weiter, als wir uns vorstellen können.»
    Vielleicht lag es an dem, was gerade mit mir passiert war, an dem Blitz, der von innen kam und mich für so seltsame, schwere Gedanken öffnete. Als ich dalag und in die Sterne guckte, hatte ich plötzlich immer mehr das Gefühl, dass es ein Band zwischen ihnen und der Erde gab. Und es gab noch ein anderes Band, das die Vergangenheit mit der Zukunft verknüpfte. An dem Ende des einen Bandes war der

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