Zwei Einzelzimmer, bitte!: Mit Kluftinger durch Deutschland
wissenden Lächeln der Rezeptionistin am nächsten Morgen nichts außer einem schamhaften Erröten entgegenzusetzen hätte, worauf ich denken würde, da hätte ich jetzt auch gleich den Erotikstreifen anschauen können, wenn das jetzt eh jeder denkt.
Wie gesagt: Auch diese Frage verneinte ich, worauf mir die Dame mit professioneller Freundlichkeit einen schönen Tag wünschte, ich aber in ihren lächelnden Augen die Frage lesen konnte: »Wann kommt denn in diesem mit Berühmtheiten vollgestopften Hotel endlich mal wieder jemand Prominentes vorbei …« Während ihre Augen dies also noch lautlos fragten, ging in ihrem Gesicht plötzlich die Sonne auf. Ich dachte schon, sie hätte mich erkannt, da stieß sie mit einer Emphase, die weit jenseits professioneller Freundlichkeit lag, die Worte aus: »Guten Morgen, Herr Willemsen!«
Ich drehte mich um – und da stand er tatsächlich, in einem lässigen blauen Anzug, die Krauslockenfrisur nonchalant um den Kopf gebogen, den Mund zu einer zufriedenen Schnute geschürzt.
Ich war sowieso fertig und beschloss, ein paar Schritte abseits zu beobachten, wie man so freundlich begrüßt, ach was, sagen wir es ganz direkt: wie man Roger Willemsen wird. Was soll ich sagen? Wäre das Wort Charmebolzen noch nicht erfunden, jetzt wäre dessen Einführung in die deutsche Sprache unerlässlich gewesen. Es kam sogar noch eine zweite Rezeptionistin dazu, und so wurde zu dritt geschäkert, gelacht und geflirtet, dass es nur so funkte.
Schließlich bog dann auch noch Christian Brückner um die Ecke, die deutsche Stimme von Robert De Niro, und ich dachte schon, jetzt müssen sie die beiden Hotelmitarbeiterinnen gleich beatmen, aber Herr Brückner wirkt dann doch stärker, wenn man ihn nur hört, und als er weg war (Roger: »Mein Lieber, tschüss!«), versuchte Herr Willemsen noch eine kleine Ehrenrettung, indem er sagte, Herr Brückner sei praktisch »eine Legende«. Was er nicht sagte, aber unausgesprochen im Raum stand: Legenden dürfen auch selbst in pompösen Hotels in der Glanz-Jogginghose frühstücken.
So wurde ich also Zeuge eines der letzten großen Verführer unserer Zeit, einer künftigen Legende sozusagen, und wollte mich schon abwenden, da mir klar wurde: Das kriegst du eh nie so hin, mach dir gar nicht erst die Mühe, sei froh, wenigstens einmal Zaungast gewesen zu sein bei Don Juan de Willemsen.
Gott sei Dank habe ich aber noch gewartet, denn sonst hätte ich den Schluss des Ganzen verpasst. Da kam nämlich ein Taxifahrer rein, ging schnurstracks auf Roger Willemsen zu und fragte den erwartungsvoll Dreinblickenden: »Sind Sie Herr Heinrich?«
Hier beantworten wir gerade einem Fernsehteam die Frage, ob wir irgendwelche Promis gesehen haben, die man vielleicht interviewen könnte. Was sonst so passiert, wenn wir über den roten Teppich laufen, kann man sich übrigens auf Youtube anschauen, oder auf www.kommissar-kluftinger.de
Auf diesem Foto aus dem Jahr 2005 schreiben wir gerade dem Dieter Fischer ins Stammbuch, dass er doch mal einen Bürgermeister spielen sollte, das könnte was werden …
Auf der gleichen Veranstaltung sagt uns Michael Lerchenberg, dass er eher den Salvator-Anstich moderieren würde, als dass dieses Buch da ein Erfolg wird.
Bei der Brille des Literaten!
(Beobachtungen auf der lit.Cologne II)
Von Michael Kobr
Hilfe! Jetzt ist es auch bei mir so weit! Ich brauch eine Brille! Wie? Nein, das ist nicht das Alter! Frechheit! Sooo alt bin ich auch wieder nicht. Deutlich unter 40 jedenfalls. Nur dass das klar ist.
Ich brauch ja keine Lesebrille – so eine halbe, zum Um-den-Hals-Hängen an einer goldenen Kette. Nein. Noch nicht. Noch muss ich mir auch kein kunstledernes Etui zulegen, wie jener Studiendirektor, den wir damals in Geschichte hatten. Der, der uns in den späten 80er-Jahren mit einem seltsam starren Gesichtsausdruck verkündet hat, er sei »lieber tot als rot«. Diese Brille – sie steckte in dem unten offenen Etui, das vor seiner Brust baumelte – war irgendwie sein Markenzeichen. Fast das Einzige, woran ich mich bei ihm erinnern kann. Bis auf diese mächtige Glatze, deren Herkunft wir auf das häufige Tragen von Stahlhelmen in der Jugendzeit zurückführten. Die Brille wies ihn als Angehörigen einer bestimmten Berufsgruppe aus: So eine Brille trug man erst ab der Beförderung zum Oberstudienrat.
Brillen erzählen ja oft Geschichten über ihre Träger. Es gibt die typischen
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