Zwei Einzelzimmer, bitte!: Mit Kluftinger durch Deutschland
Stierhuhn
Von Volker Klüpfel
Prominente werden ja zu allem möglichen Schnickschnack befragt – wahrscheinlich, weil sie Experten des Halbwissens sind, oder, falls es sich um Schauspieler handelt, erwartet wird, dass sie zumindest so tun können, als hätten sie von allem eine Ahnung – oder einfach nur zu allem etwas sagen, wozu man ihnen ein Mikro unter die Nase hält. Was bei den meisten Themen keinen Unterschied macht.
Das Ergebnis dieser sogenannten Von-nix-eine-Ahnung-aber-zu-allem-eine-Meinung-Bewegung kann man allabendlich in diversen Boulevardmagazinen begutachten: Da geben aufgehübschte Wetterfeen Schmink- oder Passend-zum-Wetter-anziehen-Tipps, anorektische Hollywoodgrazien erklären uns, wie man seine nicht vorhandenen Fettpölsterchen kaschiert, und deutsche Moderatoren deutscher Sendungen auf deutschen Fernsehkanälen senden uns geheimnisvolle Botschaften wie »Wihlofftoentertähnju« oder wünschen uns »Merrikristmasändahebbinujihr«. Neulich wurde ich sogar Zeuge, wie der oscargekrönte Filmregisseur Florian Henckel von Donnersmarck sein Gripperezept (also vermutlich war gemeint: Grippevermeidungsrezept) preisgab: Hühnerbrühe, »die aus dem echten Huhn und dem echten Rind gekocht ist, worauf die Kraft des Tieres in einen übergeht und man nicht mehr ein schwacher Mensch ist, sondern ein Stier«. Das auch zum Thema: Adel in Deutschland.
Wir, also der Kobr und ich, wir sind zwar nicht prominent, aber manchmal werden wir trotzdem gefragt und dann machen wir natürlich mit – und freuen uns diebisch darüber, dass unsere Nichtprominenz niemandem aufgefallen ist (was dann passiert, kennen Sie bereits aus Stopp, die Promis kommen ).
Und schon sind wir in die gleiche Falle getappt wie die echten Promis. Diese Falle lautet: eitles Ignorieren des allgemeinverständlichen und seit dem Kindergarten gültigen Satzes: »Halt gefälligst die Schnauze, wenn du vom Thema nix verstehst!«
Womit wir bei besagtem Thema wären: Fußball. Jetzt ist es nicht so, dass ich gar nichts über Fußball wüsste. Nein, ich wohne ja in Augsburg, und weiß, dass die da … gewissermaßen … auch Fußball spielen. Und als zugereister Lokalpatriot und mangels Allgäuer Alternativen bin ich natürlich total dafür. Also, für Augsburg.
Ein durchaus gespaltenes Verhältnis zum Fußball gestehe ich jedoch ein. Fußballfans in großen Massen machen mir Angst (vor allem wenn sie in Büffelherden-Vielzahl den McDonald’s-Schalter heimsuchen, an dem ich gerade einen kleinen Milchshake bestellen will). Auch habe ich das Regelwerk nicht bis in die letzten Verästelungen verinnerlicht und Spielerkollektiv ist mir auch keines so richtig ans Herz gewachsen, was daran liegen könnte, dass diese Kollektive vornehmlich eins tun: Fußball spielen. Und damit wären wir wieder beim Ausgangspunkt des Problems.
Aber Deutschland-Fan bin ich natürlich schon. Von Deutschland als Mannschaft, meine ich. Deswegen versammle ich mich regelmäßig bei internationalen Meisterschaften vor dem Fernseher und juble den Spielern zu, von denen ich weder die Namen kenne noch verstehe, wie sie auf unterschiedlichen Positionen spielen können, wo sie doch die ganze Zeit wie aufgescheucht auf dem Spielfeld hinter ein und demselben herrennen. Mein Bruder nennt mich wegen dieses nur zweijährlich wiederkehrenden Fußball-Interesses liebevoll »Schmarotzer«, was aus seiner Sicht verständlich ist, arbeitet er sich doch auch zwischen den internationalen Meisterschaften durch die Tiefen und Wirren der Trainerentlassungen, Spielertransfers und Englischen Wochen.
Mein Fußball-Trauma führt aber, wie die meisten Traumata, in meine Kindheit. Mein Vater war früher selbst aktiver Fußballer, und weiterer Erklärungen bedarf es eigentlich nicht. Das hieß: Sonntagnachmittage vor dem Fernseher und bei Kaffee und Gebäck Spiele wie Uerdingen gegen Wattenscheid oder den Knaller Meppen gegen Osnabrück gucken.
Live.
In voller Länge.
Leider noch ohne Werbeunterbrechungen.
Selbst heute verfalle ich bei Nennung dieser Ortsnamen ansatzlos in Sekundenschlaf, weswegen ich sie großräumig umfahren muss, wenn ich mit dem Auto unterwegs bin.
Diese lange Einführung ist notwendig, um meine Schockstarre zu verstehen, als wir, wegen eines anderen Interviews gerade beim Bayerischen Rundfunk weilend, von einem Sportreporter abgefangen wurden, auf dass wir den wöchentlichen Promi-Bundesligatipp abgeben sollten. Ich sag’s mal so: Wir haben vor allem das Wort Promi
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