Zwei Einzelzimmer, bitte!: Mit Kluftinger durch Deutschland
demaskieren. Jetzt bleibt der Job wieder an uns hängen.
Ich muss das mit den Mangas vielleicht in einem kleinen Exkurs erklären. Mangas sind, vereinfacht gesagt, japanische Comics, also Fix und Foxi süßsauer sozusagen. Sie kennen bestimmt welche, das sind die mit den riesigen Insektenaugen und den gewaltigen, immer weit aufgerissenen Mündern mit der einen durchgehenden Zahnreihe, die alle so aussehen, als seien sie aus derselben Zelle geklont. (Bestimmt haben Sie sich auch schon mal gefragt, warum Heidi aus der Schweiz in der Zeichentrickserie genauso aussah wie Marco, der seine Mutter in Italien suchte, obwohl doch schon aus Entfernungsgründen keinerlei verwandtschaftliche Beziehung zwischen den beiden bestand. Oder hat Marco seine Mutter nur deswegen gesucht, weil die was mit dem Alm-Öhi hatte und beim Abstieg vom Berg in einer Felsspalte stecken blieb?) Die Fans dieser Japan-Comics, also vermutlich die Mangalen, kommen in Scharen auf die Buchmesse, genauso angezogen wie die Figuren in den Comics auch – nur in dick. Vielleicht wirkt sich der Konsum dieser zuckrig süßen rosaroten Bildwelten nachhaltig schlecht auf die Figur aus, jedenfalls zwängen sich die Fans (fast immer Mädchen) in viel zu enge Glitzerleggins, kleben sich Flügel an den Rücken und Fühler ans Hirn, um anschließend auszusehen wie einem 80er-Jahre-Benetton-Katalog entsprungene, abgestürzte Weltraum-Hummeln (das wär überhaupt mal ein toller Titel für diese japanischen Monsterfilme: Weltraum-Hummel gegen Space-Laus). Warum die sich so anziehen, ist übrigens völlig ungeklärt. Die anderen Besucher tun das ja auch nicht. Die Schätzing-Fans wandeln nicht als Riesenauge oder Minimond durch die Hallen, Helmut-Schmidt-Begeisterte nicht mit Zigarette, Maffay-Leser (ja, auch der hat ein Buch gelesen … äh: geschrieben) nicht mit angeklebter Riesenwarze und Charlotte-Roche-Leser … nun ja.
Wie bin ich da jetzt draufgekommen? Ach ja, Wallraff. Promis. Wen gab’s noch zu sehen? Reinhold Messner beim Frühstück zum Beispiel, der sich offenbar auch im flachen Frankfurt gerne eine Scheibe Tiroler Speck auftischt, Ruth Westheimer (Sie wissen schon, die den Sex erfunden hat) und Jack White, der sich wahrscheinlich als Strafe, dass er die 80er-Jahre mit Hasselhoffs »Looking for Freedom« akustisch verseucht hat, nun durch alle Lyrik-Neuerscheinungen der Messe lesen muss.
Soll heißen: die Buchmesse ist in jedem Fall ein Erlebnis, auch wenn man nicht Frank Schätzing ist. An dem kam man dieses Mal in Frankfurt ja nicht vorbei. Also: Im Wortsinne, denn wo auch immer er sich aufhielt, war eine derartige Traube aus Journalisten um ihn, dass man besser einen Umweg nahm, wollte man nicht irgendwo zwischen zwei Verlagsständen aufgerieben werden.
Wie Biene Majas Willi auf Drogen: die Manga-Schneckerln auf der Buchmesse.
Man sollte als Autor also tunlichst vermeiden, die Buchmesse zu einem Gradmesser der Selbstrelevanz zu machen – außer man ist Frank Schätzing. Denn egal, wie erfolgreich man ist, man findet immer ein Poster, das größer ist als das von einem selbst, ein Buch, das prominenter platziert ist, eine Autogrammschlange, die länger ist – wie gesagt, außer man ist Frank Schätzing.
Warum also zur Buchmesse gehen, wenn einem da doch nur der Kopf gewaschen wird (das lässt sich Frank Schätzing übrigens bestimmt von einem professionellen Stylisten erledigen, so perfekt wie diese einzelne graue Strähne ihm immer in die Stirn wippt)? Eben deswegen! Wir waren als Nummer eins der Bestsellerliste dort, aber glauben Sie, das hätte jemanden interessiert? Nicht mal Frank Schätzing. Und schon gar nicht Herta Müller, Sie wissen schon, die mit’m Nobelpreis. Mit der wir eine Lesung hatten. Ja, ja, Sie haben schon richtig gelesen: WIR hatten eine Lesung mit Herta Müller. Milchgeld und Herztier, Kässpatzen und Atemschaukel – endlich wuchs zusammen, was zusammengehört.
Und wissen Sie, wer keine Lesung mit Herta Müller hatte? Frank Schätzing!
Begriffserklärung: Maschkerle, das: Mal mehr, mal weniger glücklich verkleideter Mensch, vornehmlich zur Faschingszeit anzutreffen.
So endet jeder anständige Buchmessentag – spart man sich schon das Hotel für die Autoren …
Autoren-Allüren
Von Volker Klüpfel
Es gibt zwischen Michael Kobr und mir ein geflügeltes Wort, und das geht so: Wir müssen uns endlich ein paar Allüren zulegen!
Jetzt werden die, die uns kennen, vielleicht aufjaulen und sagen: »Noch mehr?« Aber
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