Zwei Esel Auf Sardinien
bayrischen Wald und seine Urlaute denken, da muss ich mich auch sehr konzentrieren, um etwas zu verstehen.
Hinsetzen kann man sich in dem Raum eigentlich nicht, ohne in die Privatsphäre der beiden einzudringen. Es ist mir unangenehm, mich hier aufzuhalten, aber die beiden Männer haben so gar keine Anstalten gemacht, mich mitzunehmen, also bleibe ich lieber hier. Ob sie denken, dass wir zwei Frauen uns unglaublich viel zu erzählen haben? Über Kindererziehung oder Nagelverlängerungen?
Einen kleinen Tisch gibt es hier und einen Schemel, auf dem sich Klamotten türmen, eine Kommode und ein langes Brett, auf dem Töpfe, Tassen, Teller und Besteck stehen. Ich möchte nicht sagen, dass es schmuddelig ist, aber von so kläglicher Armut, dass es mein Herz erbarmt. Aber Anna scheint stolz darauf zu sein, und nun ist es an mir, beschämt zu sein. Ich weiß doch eigentlich von meinen vielen Reisen, wie unterschiedlich die Ansprüche der Menschen auf dieser Welt sind und wie wenig Glück mit Reichtum zu tun hat. Je weniger ich mich darum kümmere, was andere besitzen und was man unbedingt haben muss, desto freier und glücklicher kann ich doch leben. Anna öffnet am Boden eine kleine Holzluke und holt eine Salami und einen tiefen Teller mit einem weißlich gelben wabbeligen Käse heraus.
» Fatto mano «, sagt sie stolz. Alles handgemacht! Mein Magen knurrt unüberhörbar beim Anblick der Salami. Anna lacht und schneidet mir ein Stück von der Wurst ab. Dem Himmel sei Dank, ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wann ich das letzte Mal etwas gegessen habe. Die Salami schmeckt etwas eigen, aber nicht schlecht. Nein, ganz und gar nicht übel.
» Che carne, Anna? « Woraus ist sie?
» Certo pecore, Signora Udda, buono? « Natürlich Schaf! Ob sie mir schmeckt?
» Sì, sì, molto buono, grazie, Anna!« Das Eis ist gebrochen. Sie fängt an, wie ein Wasserfall zu reden. Lacht wie ein kleines Kind, wenn sie etwas offensichtlich Lustiges erzählt, und ich versuche, ein paar Brocken zu verstehen. Schließlich komme ich dahinter, dass sie leidenschaftlich gerne kocht und sie mir jetzt ihre Küche zeigen möchte. Wieder öffnet sie die Luke im Boden. Eine schmale Leiter führt in einen tiefer gelegenen Hohlraum, die Speisekammer. Kühle dringt von unten herauf. Anna bedeutet mir, hinunterzusteigen und ihre Schätze zu betrachten. Sorgfältig ausgehoben ist dieser Raum, in dem ein Mensch meiner Größe aufrecht stehen kann. An den erstaunlich glatten Wänden sind Regale angebracht, voll mit riesigen Käselaiben. Butterfässer stehen auf dem Boden. Anna lässt mich probieren. Sie schneidet mir bei jedem Fass ein Stückchen Butter ab, und auch sie schmeckt sehr eigen, aber köstlich, besonders die gesalzene. Ich habe noch nie Ziegenbutter gegessen. Dann schiebt sie mir ein Stück Käse in den Mund, und ich könnte mich augenblicklich über den ganzen Laib hermachen. Ein wunderbarer Schafskäse liegt hier im Erdloch versteckt, und die Welt weiß nichts davon. Noch nicht mal Schuhbeck!
Vielleicht lass ich mich einfach hier mit einer Kerze, einem Krug Wein und einem Stück Brot bis morgen einschließen … Ich hätte nichts dagegen. Als ich Anna mein Kompliment für diese Köstlichkeiten mache, habe ich restlos ihr Herz gewonnen. Sie zeigt auf die lange Stange, die von der Decke herabhängt, um die Hunderte von kleinen Würstchen, aufgereiht wie eine Perlenkette, geschlungen sind.
» Salsicce, buone, prova! « Und schwupp! hab ich ein geräuchertes Schafswürstel im Mund. Ich könnte sterben, so gut ist es, aber höllenscharf. Über einer anderen Stange hängen, schön in Reih und Glied, Fettuccine, Spaghetti, Tagliolini, fatto mano, certo !
» Vuoi, Signora Udda? « Ich nicke, was soll ich sonst hier in Schlaraffenhausen tun? So packt sie eine Handvoll Pasta, zwei Höllenwürstel, ein großes Stück Schafskäse und einen Plastikkanister mit Olivenöl, sicher auch aus eigener Produktion, und stemmt alles nach oben. Ich folge ihr.
Dort gibt es einen kleinen Nebenraum mit einem alten gusseisernen Herd, einem Backofen und einer Wasserstelle. Darüber entdecke ich, in Stein gehauen und halb in die Mauer versenkt, ein Ungetüm, halbrund wie ein Iglu mit Eisentür.
» Che cosa, Anna? « Was ist das?, frage ich. Sie legt den Finger an den Mund, blitzt mich mit kohlrabenschwarzen Augen an und öffnet die Eisentür. Ein Duft von kalter Holzkohle, vermischt mit Speck, versetzt meine kleine Nase augenblicklich in Trance. Hier also werden
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