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Zwei Geschichten von der See

Zwei Geschichten von der See

Titel: Zwei Geschichten von der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Amado
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aufgelöst, in der Hand eine fast leere Flasche. Neben ihm, solidarisch im Schmerz und im Schnaps, stimmten diverse Herumtreiber in seine Klagen und Seufzer ein. Er hatte die Nachricht bereits erhalten, begriff Sperling, als er diese Szene sah. Der Schwarze Pastinha nahm einen Schluck, wischte sich eine Träne ab, heulte verzweifelt auf:
    »Unser Vater ist tot …«
    »… unser Vater …«, wimmerten die anderen.
    Die tröstliche Flasche machte die Runde, Tränen wuchsen in den Augen des Schwarzen, es wuchs sein jäher Kummer:
    »Tot ist der Gute …«
    »… der Gute …«
    Von Zeit zu Zeit trat jemand Neues in den Kreis, manchmal ohne zu wissen, worum es ging. Der Schwarze Pastinha hielt ihm die Flasche hin, ließ seinen Schrei ertönen, als würde er erdolcht:
    »Er war ein Guter …«
    »… ein Guter …«, wiederholten die Übrigen, bis auf den Neuling, der wartend dastand, in der Hoffnung auf eine Erklärung für die traurigen Klagen und einen Schnaps umsonst.
    »Sag’s auch, du Hund …« Der Schwarze Pastinha streckte, ohne aufzustehen, den mächtigen Arm und schüttelte den Neuankömmling, mit einem bösen Glitzern in den Augen. »Oder findest du, er war ein Schlechter?«
    Irgendjemand gab eilends eine Erklärung, bevor die Angelegenheit eine ungute Richtung nahm.
    »Quincas Wasserschrei ist tot.«
    »Quincas? … Das war ein Guter …«, sagte das neue Mitglied der Gruppe überzeugt und erschrocken.
    »Noch eine Flasche!«, verlangte schluchzend der Schwarze Pastinha.
    Ein kräftiger junger Bursche erhob sich geschmeidig, lief ins nächstbeste Lokal:
    »Pastinha will noch eine Flasche.«
    Wo immer Quincas’ Tod bekannt wurde, stieg der Schnapskonsum. Von weitem verfolgte Sperling die Szene. Die Nachricht machte schneller die Runde als er. Auch der Schwarze sah ihn, ließ einen grässlichen Heuler los, reckte die Arme gen Himmel und rappelte sich hoch:
    »Sperling, Brüderchen, unser Vater ist tot.«
    »… unser Vater …«, wiederholte der Chor.
    »Ruhe, verdammt. Lasst mich Brüderchen Sperling umarmen.«
    So äußerte sich die Trauer des Volkes von Bahia, des ärmsten und zivilisiertesten, das es gibt. Ruhe kehrte ein. Sperlings Frackschöße blähten sich im Wind, über sein bemaltes Gesicht begannen die Tränen zu laufen. Dreimal umarmten sie sich, er und der Schwarze Pastinha, und vermischten ihre Schluchzer. Sperling griff nach der neuen Flasche, suchte darin Trost. Pastinha fand keinen Trost mehr:
    »Aus ist das Licht in der Nacht …«
    »… das Licht in der Nacht …«
    Sperling schlug vor:
    »Holen wir die anderen und gehen ihn besuchen.«
    Der Gefreite Martim konnte an drei, vier Orten sein. Entweder er schlief bei Carmela, noch müde von der Nacht zuvor, oder er hielt ein Schwätzchen an der Rampa do Mercado, oder er war beim Spiel auf dem Água-dos-Meninos-Markt. Das waren die einzigen Beschäftigungen, denen Martim nachging, seit er aus der Armee ausgeschieden war, etwa fünfzehn Jahre zuvor: Liebe, Gespräch und Spiel. Soweit man wusste, war er nie etwas anderem nachgegangen, Frauen und Dumme gaben ihm genug zum Leben. Zu arbeiten, nachdem er die glorreiche Uniform getragen hatte, wäre dem Gefreiten Martim als offensichtliche Demütigung erschienen. Mit der Überheblichkeit des gutaussehenden Mulatten und der Geschicklichkeit seiner Hände im Umgang mit den Karten verschaffte er sich Respekt. Ganz zu schweigen von seinem Können an der Gitarre.
    In diesem Augenblick zeigte er sein Geschick beim Kartenspiel am Água-dos-Meninos-Markt. Die Schlichtheit, mit der er das tat, trug zur Erbauung einiger Bus- und Lastwagenfahrer bei, verschaffte zwei jungen Burschen ein paar wertvolle Eindrücke in Sachen praktisches Leben und half einigen Markthändlern, den tagsüber erzielten Gewinn auf den Kopf zu hauen. Kurz, er verrichtete ein überaus löbliches Werk. Somit bleibt rätselhaft, warum einer der beiden Händler sich nicht für das Virtuosentum begeistern konnte, das er beim Geben an den Tag legte, sondern zwischen den Zähnen knurrte, so viel Glück stinke nach einer Schweinerei. Der Gefreite Martim hob die Augen voll blauer Unschuld zu dem überstürzten Kritiker, hielt ihm die Spielkarten hin: Solle er doch geben, wenn er wolle und das Zeug dazu habe. Er, der Gefreite Martim, wette ohnehin lieber gegen die Bank, die werde er schnell gesprengt haben und den Bankhalter ins schwärzeste Elend stürzen. Und er dulde keine Anspielungen gegen seine Ehre. Als ehemaliger

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