Zwei Geschichten von der See
bei. Abends entzündete man die Reisigfeuer, auf denen man Mais und Süßkartoffeln briet; Funken zerstoben knisternd in der Luft, Luftballons stiegen gen Himmel, und die Zahl der Sterne nahm endlos zu.
Die mit der Wahl des Schutzherrn für das Fest zusammenhängenden Schwierigkeiten zwangen Pater Justo, diplomatisch vorzugehen. Im Übrigen verbarg sich hinter seiner Soutane ein Diplomatenfrack, denn er verstand es, die widerborstigsten Gemüter zu überzeugen, er besänftigte Empfindlichkeiten, er trank ein Tässchen Mokka mit dem einen, aß mit dem anderen zu Mittag, vesperte mit dem Dritten, kostete Likör und Maisspeise in Dutzenden von Häusern und kehrte schließlich nach Plataforma zurück, ausgesöhnt mit seinen Getreuen von Periperi und gestraft mit einer tödlichen Stuhlverstopfung.
Der Anwärter auf den Schirmherrn von Johannis waren es jedes Jahr viele. Alle glaubten sich berufen, das Nachmittagsfest zu leiten, wenn die Buben Sackhüpfen und Eierlauf spielten und den talgglatten, baumhohen Mast zu erklettern versuchten, um den auf dessen Spitze befestigten Fünf-Milréis-Schein zu ergattern. Das Amt war mit einigen Ausgaben verbunden, die jedoch nicht ins Gewicht fielen, wenn man die Ehre bedachte, auf dem Stadtplatz neben Hochwürden sitzen und der Lobrede eines Volksschülers zuhören zu dürfen, die von der Lehrerin aufgesetzt und dem kleinen Redner mittels Drohungen, Einpauken und Tatzen eingetrichtert worden war.
Schon im April begann Pater Justo in seinem Pfarrhaus in Plataforma Andeutungen, Botschaften und Besuche der Anwärter und ihrer Angehörigen zu empfangen. Kerzen wurden seiner Kirche geschenkt, es kam sogar vor, dass der eine oder andere in seinem Gotteshaus eine Messe lesen ließ.
Die ältesten Bewohner waren fast ausnahmslos mit der höchsten Würde Periperis ausgezeichnet worden. Dem alten José Paulo war sie dreimal verliehen worden, im Augenblick bewarb er sich nicht um den Vorzug, um überflüssige Spesen zu vermeiden. Adriano Meira, Augusto Ramos, Rúi Pessoa waren schon früher gewählt worden. Selbst Leminhos, ein verhältnismäßig neuer Einwohner des Badeortes, der im Alter von fünfundvierzig Jahren aus Gesundheitsgründen in den Ruhestand getreten war, hatte die Ehre des Festvorstandes bekleidet. Auch Chico Pacheco. Noch vor vier Jahren hatte er bei den Festlichkeiten von Sankt Johannis mit Glanz und Gloria amtiert. Warum beschloss er dann, im Ankunftsjahr des Kommandanten, sich um den begehrten Posten von neuem zu bewerben?
Wenn jemand auf das Ehrenamt Anspruch erheben konnte, war es Zequinha Curvelo, der seit fünf Jahren in Periperi wohnte und bisher vom Pater übersehen worden war. Dafür war es Zequinha, der vor allen anderen dem Priester Vasco Moscoso de Aragão ins Gedächtnis rief. Seiner Auffassung nach konnte kein anderer der Schirmherr des diesjährigen Johannisfestes sein, es war nicht mehr als gerecht, den illustren Seefahrer auszuersehen, der durch seine Gegenwart den Ruhm Periperis mehrte. Pater Justo stimmte zu, er fühlte sich von den neuen Einwohnern angezogen, es machte ihm Freude, ihre Freundschaft und ihr Zutrauen zu gewinnen. Es schien eine friedliche Wahl zu werden. Die Honoratioren wie der alte Marreco, Adriano Meira und Emílio Fagundes waren durchweg einverstanden, von den ärmeren Einwohnern gar nicht zu reden: Diese beteten den Kommandanten an, der stets bereit war, dem einen oder anderen zu helfen, einen Zehner springen zu lassen, ein Schnäpschen zu stiften. Das war – so erklärte er – eine Gewohnheit, die er im Umgang mit den Seeleuten, ihren Problemen und Saufereien erworben hatte: Es machte ihm Freude, anderen zu helfen, sie zu beraten, ihre Vertraulichkeiten anzuhören. Diesmal hoffte Pater Justo mit Sicherheit, niemandem zu nahe zu treten und mit seiner Wahl keinen Neid zu erregen – so allgemeiner Beliebtheit schien sich der Kommandant in seinen Augen zu erfreuen.
Er irrte. Als die Nachricht in Periperi bekannt wurde, packte Chico Pacheco die Wut. Er hatte den Pater bereits vor einem Monat seine Anwartschaft wissen lassen, er hatte ihm einen Kapaun und eine Flasche Jurubeba-Wein, Marke »Löwe des Nordens«, einen echten Nektar, als Geschenk zugeschickt. Und plötzlich fiel man ihm in den Rücken und hinterging ihn auf die niederträchtigste Weise. Als ob der dauernde Verzug seines Prozesses und die in Periperi erlebten Enttäuschungen nicht genügten, untergrub die Kirche auch noch seine Anwartschaft und begünstigte
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