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Zwei Geschichten von der See

Zwei Geschichten von der See

Titel: Zwei Geschichten von der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Amado
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Bordells und Frauenpensionen ein Mädchen, das es auf ihn abgesehen hatte, ihm den Arm um den Hals legte, sich an ihn schmiegte und murmelte:
    »Seu Aragãosinho …«, antwortete er geduldig, aber unerschütterlich: »Mädelchen, ich bin nicht ›Seu Aragãosinho‹, ich habe einen Titel, ich bin Kommandant Aragão von der Handelsmarine.«
    Selbst Carol sah sich wohl oder übel gezwungen, fortan ihren Gast auf dem Treppenabsatz anders zu begrüßen und die Silben seines wohlklingenden Titels melodisch über die Zunge gleiten zu lassen:
    »Kommandant Aragãosinho, mein lieber Kapitän, wie ich mich freue …«
    Der Oberst und der Hafenkommandant gingen mit gutem Beispiel voran; jetzt hieß es beim Billard, am Pokertisch, wenn ein Glas Bier gekippt wurde oder der Champagnerkorken platzte: Kapitän hin, Kapitän her.
    Selbst der Gouverneur, über die Angelegenheit und das neue Glück, das die Brust des freigebigen Freundes seines Neffen schwellen ließ, in Kenntnis gesetzt, schloss ihn in die Arme, als er ihn das erste Mal nach dem Empfang des Patents wiedersah:
    »Wie geht’s denn unserem Freund, Kommandant?«
    Vasco verbeugte sich bewegt:
    »Zu Diensten, Euer Exzellenz, verehrter Herr Gouverneur.«
    Im Kontor der Firma Moscoso & Cia. Ltda., das er jetzt nur noch ein- oder zweimal in der Woche aufsuchte, als beleidigte der billige Handelsgeruch von Stockfisch und Trockenfleisch die von Meerdunst gesättigten Nasenflügel, war das gesamte Personal von Menendez bis herunter zu Giovanni ausdrücklich angewiesen worden: der Name des Chefs durfte unter keinen Umständen ohne seinen Titel ausgesprochen werden. Als Rafael Menendez die Order erhielt, neigte er zustimmend den Kopf, dabei sein berechnendes Lächeln verbergend. Er erklärte, jene dem Chef erwiesene Auszeichnung sei eine große Ehre für die gesamte Firma. Dabei rieb er sich die ewig feuchten Hände.
    Giovanni, überrascht, aber ahnungslos, wie sein kleiner Herr zu jener plötzlichen, aber fraglos verdienten Eignung für das Seepatent gekommen war, erzählte ihm Geschichten aus seiner Schiffsjungenzeit, und wenn Vasco in der Firma erschien, hielt er sich stets am längsten bei Giovanni auf, wobei der Schwarze seinen Grips nach Kräften anstrengte.
    Nach den Besuchskarten war seine größte Sorge die Uniform. Sein Schneider, der beste der Stadt, erwies sich für Vascos Wünsche als ungeeignet, er empfahl ihm jedoch einen Uniformschneider in der Baixa do Sapateiro, bei dem die Kapitäne der Bahianer Dampfschifffahrtsgesellschaft wie auch die Offiziere des Heeres ihre Uniformröcke und Beinkleider anfertigen ließen. Dort bestellte auch in der Karnevalszeit die Jugend der Clubs ihre Kostüme – einen russischen Prinzen oder italienischen Grafen, einen französischen Musketier oder auch einen vaterlandslosen Seeräuber.
    Eine so große Bestellung hatte die Schneiderwerkstatt von einem einzigen Kunden noch nie erhalten, der Meister geriet aus dem Häuschen. Vasco wünschte zumindest zwei Stücke von jeder Art für Sommer und Winter, für alltags und festtags, Uniformen für feierliche und höchstfeierliche Anlässe, Ausgeh- und Galauniform in Blau meliert und in Weiß, mit den passenden Mützen und mit Tressen aus echtem Gold. Kurzum: eine vollständige Ausstattung. Im Übrigen war der Auftrag eilig, eine Galauniform musste spätestens in vierzehn Tagen für die Parade des Zweiten Juli fertig sein. Der Schneider, dem der Kopf schwirrte, versprach, Überstunden zu machen, die Nächte hindurch zu arbeiten, um rechtzeitig eine weiße Ausstattung für die Parade am Vormittag und eine blaue für den Abendempfang im Palast fertigzustellen. Vasco stellte ihm und seinen tüchtigen Nadelhelden dafür eine reichliche Belohnung in Aussicht.
    Es war fast eine Apotheose an jenem Morgen des Zweiten Juli, wo auf dem Largo da Soledade alles für den Beginn des Festzuges bereitstand – die Ochsenkarren mit Bauer und Bäuerin; die Tragbretter mit den Bildern von Maria Quitéria, Labatut und Joana Angélica; die aufmerksam postierten Redner; Oberst Pedro de Alencar vor seinem aufmarschierten Bataillon; Hafenkommandant Georges Dias Nadreau an der Spitze der Seesoldaten der Hafenkommandantur; die Militärkapellen, die Marschmusik spielten – als Kapitän Vasco Moscoso de Aragão in seiner goldbetressten Uniform erschien und sich zu der Gruppe der Zivilbehörden stellte, die den Herrn Gouverneur erwartete.
    Fest und stramm, das Herz von Vaterlandsliebe und Stolz geschwellt,

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