Zwei Geschichten von der See
Prüfungsfragen, die mir alle ziemlich spanisch vorkommen? Ganz abgesehen von der These, und wo hole ich die Weisheit her, um sie zu schreiben? Ich mag nicht mal Briefe schreiben, mein Großvater hat mich genug damit schikaniert …«
»Auch das ist vorgesehen, alter Freund. Die Dissertation, die Schilderung einer Seereise von Porto Alegre nach Rio mit Anlaufen der Zwischenhäfen Paranaguá und Florianópolis wird bereits geschrieben.«
»Schreibst du sie etwa?«
»Nein, so weit geht mein Eifer nicht, dafür bin ich zu alt. Leutnant Mário tut dir diesen Dienst … Nachher, wenn du willst, zeigst du dich ihm erkenntlich … Irgendeine Kleinigkeit genügt …«
»Er soll bekommen, was er sich am meisten wünscht, von meiner ewigen Freundschaft ganz zu schweigen. – Schön, aber die mündlichen Prüfungen? Ich verstehe doch kein Wort, was auf diesem Fetzen steht.«
»Sehr einfach, mein Sohn, auch daran habe ich gedacht. Wir werden über jedes Gebiet zwei oder drei Fragen aufsetzen und gleichzeitig die Antworten dazu! Du erhältst Fragen und Antworten. Du lernst die Antworten auswendig, legst die Prüfung ab, bestehst mit Auszeichnung und erhältst deinen geliebten Titel.«
Vasco kam das unerwartete Angebot vorerst ziemlich schleierhaft vor. Georges fuhr fort:
»Vergiss nicht, dass ich die Prüfungskommission ernenne und ihren Vorsitz führe. Ich werde Leutnant Mário und Leutnant Garcia, brave Jungens und deine Freunde, zu Beisitzern bestimmen. Auf diese Weise wirst du zum Kapitän ernannt und leistest deinen Eid, ohne die geringste Gefahr für die Menschheit, weil du dein Lebtag nie ein Schiff führen wirst …«
»Du lieber Himmel!«
Georges stand auf und schlug Vasco auf die Schulter:
»Und wenn du mir nachher vor ein paar Seeleuten immer noch den Kopf hängen lässt, lass ich dir eine Tracht Prügel verabreichen.«
Nun mischte sich der Oberst, die Hände reibend, ein:
»Und am Tage der Überreichung des Titels werden wir ein grandioses Gelage feiern. Eine Orgie, gegen die das Fest von gestern ein Dreck ist; eine Sauferei, bei der kein Auge trocken bleibt …«
»In einem Monat wird die Prüfungskommission zusammentreten«, verkündete Georges.
»Warum erst so spät?« Vasco hatte schon wieder Bedenken.
»Du scheinst es eilig zu haben, was? Um Mário Zeit für deine Doktorarbeit und dir Zeit zum Abschreiben und Auswendiglernen der Antworten fürs Mündliche zu lassen. Immer mit der Ruhe und eins nach dem anderen! Du musst die Antworten nur so herunterrasseln können. So viel musst du für deinen ›Kapitän auf großer Fahrt‹ schon tun, du Scheißkapitän.«
»Und wenn ich im falschen Augenblick steckenbleibe, wenn ich nervös werde?«
»Du wirst weder steckenbleiben noch nervös werden. Und nun schreib deinen Antrag ab und scher dich, denn ich hab heute noch anderes zu tun.«
»Wir müssen nämlich die Gedenkfeier vorbereiten.«
Vasco beugte sich über das Blatt und begann mit Abschreiben. Er war wie benommen, die ganze Sache kam ihm ziemlich böhmisch, wie ein wirrer Traum vor. Seine Augen wurden feucht, die Buchstaben auf dem Blatt begannen zu schwimmen. Es gab doch nichts auf der Welt wie die Freundschaft, Freunde sind das Salz der Erde. Er hätte es den beiden sagen wollen, wusste aber nicht wie.
Von der astronomischen Navigation bis zum Internationalen Seefahrtsrecht. Ein außergewöhnlich gelehrtes Kapitel
Einen ganzen Monat lang lachte sich der Hafenkommandant Georges Dias Nadreau halb tot über Vascos Nervosität und seinen Schülerfleiß und kam dadurch für den geleisteten Freundschaftsdienst reichlich auf seine Kosten.
Auch der Oberst, Jerônimo und Lídio, die Leutnants Mario und Garcia hatten einen Mordsspaß an dem Streich. Vasco nahm sogar ab bei dem Eifer, mit dem er die verzwickten Antworten auf die drei Fragen eines jeden Gebiets büffelte, in denen es von Sextanten, Winden und Meeresströmungen, Frachtsätzen, Meeren und Binnenmeeren, Hygrometern und magnetischen Derivationen nur so wimmelte …
Jeden Nachmittag wurde der verstörte Kandidat auf Befehl des Hafenkommandanten in die Zange genommen. Anfangs verhaspelte Vasco sich mit den unbekannten Worten, sein Gedächtnis stand mit den schwierigen Ausdrücken auf Kriegsfuß, Leutnant Garcia drohte, ihn durchfallen zu lassen. Vasco war kaum noch zu einem Billardspiel, zu einer Partie Poker, zu einem Besuch in der Pension zu bewegen, er wollte unbedingt die Nächte hindurch ochsen.
Mário und Garcia lebten jene
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