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Zwei Herzen im Winter

Zwei Herzen im Winter

Titel: Zwei Herzen im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MERIEL FULLER
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dich? Sie will lediglich dein Schiff, und nichts wird sie daran hindern, nach England zu reisen. Im Übrigen gönnt sie mir ein kleines Abenteuer mit einer schönen Frau.“
    Emmeline starrte mit wachsendem Grauen in sein hageres Gesicht, sah das gierig boshafte Funkeln in seinen Augen. Gütiger Gott, dieser Mann erinnerte sie erschreckend an Giffard.
    „Hör auf mit dem zimperlichen Getue, sonst garantiere ich für nichts“, raunte er drohend. Sein fauliger Atem schlug ihr ins Gesicht. „Ich kann deinen Widerstand mit einem einzigen Schlag brechen – oder willst du mit Gewalt genommen werden?“
    „Ich verabscheue Gewalt!“, schrie Emmeline außer sich vor Zorn und Angst und stieß ihm die Fackel mit voller Wucht ins Gesicht. Der Earl heulte vor Schmerz auf und schlug sich die Hände vors Gesicht. Emmeline versetzte ihm noch einen kräftigen Stoß und rannte die Stufen hinauf, den Geruch nach verbranntem Haar in der Nase.
    „Dich krieg ich, du Miststück!“, schrie er gellend hinter ihr her.
    Ohne das Licht der Fackel floh Emmeline blindlings durch die dunklen modrigen Gänge, tastete sich an feuchten Mauern entlang, stolperte auf unebenen Steinen und hielt verzweifelt Ausschau nach einem Lichtschein. Aber sie irrte durch pechschwarze Finsternis. Als sie Earl Roberts wütende Flüche und gleich darauf seine schweren Stiefelschritte hinter sich hörte, schnürte ihr die Todesangst beinahe die Kehle zu.
    Plötzlich stieß sie mit einem eisenharten Körper zusammen. Wie konnte sie sich so sehr in der Richtung geirrt haben? Grade war der Earl doch noch hinter ihr gewesen? Verbissen setzte sie sich zur Wehr, hämmerte erbittert mit Fäusten auf den breiten Brustkasten ein. Starke Arme hoben sie hoch, hielten sie gefangen und trugen sie in eine Seitenkammer. Sie hörte nicht auf zu kämpfen, schlug mit den Füßen nach seinem Schienbein und versuchte erbittert, sich ihrem Peiniger zu entwinden. Vergeblich. Die Tür fiel mit einem dumpfen Schlag ins Schloss.
    „Nein … nein … das könnt Ihr mir nicht antun!“, kreischte sie. „Ich bin Emmeline de Lonnieres und keine Küchenmagd!“
    „Dann hört auf, Euch wie eine aufzuführen.“ Eine kühle tiefe Stimme drang in ihr Bewusstsein. „Und hört auf zu kreischen. Euer Gezeter lockt ihn nur an.“ Sie sackte zusammen, bebend vor Erleichterung. Es war Talvas, der sie bei den Schultern nahm und ihr Halt gab.
    „Ich …“
    „Still!“ Seine kraftvollen Arme umfingen sie, drückten sie sanft an seine Brust, als Earl Robert mit schweren Schritte draußen vorbeistürmte und wüste Beschimpfungen ausstieß. Und dann … nichts. Stille erfüllte die enge Kammer, eine erwartungsvoll knisternde Stille.
    Talvas hielt das zierliche Mädchen noch immer in den Armen, spürte, wie ihre Verkrampfung wich und sie sich an ihn schmiegte. Ihrem Haar entströmte ein Hauch von Rosenduft. Der Wunsch, sein Gesicht in ihrem duftenden Haar zu bergen, berauschte seine Sinne. Er schalt sich seiner Schwäche und ließ die Arme sinken.
    „Ich danke Euch.“ Ihre dünne verängstigte Stimme klang wie eine süße Melodie in der Dunkelheit.
    „Keine Ursache.“
    „Ich muss mich auf dem Weg in die Halle verirrt haben.“ Sie hatte das Gefühl, ihm eine Erklärung zu schulden.
    „Ohne Begleitung“, knurrte er vorwurfsvoll. „Ich dachte, Beatrice sollte Euch begleiten.“
    „Das sagte ich nur, um Euch endlich loszuwerden.“
    „Ich hätte darauf bestehen müssen“, murmelte er resigniert.
    „Wieso eigentlich?“, fragte sie aufbrausend. „Ihr seid nicht mein Beschützer.“ Nein, der war er nicht. Wieso aber drängte es ihn, an ihrer Seite zu sein, um sie vor Unheil zu bewahren? „Ich hätte die Halle auch alleine gefunden“, fuhr sie eigensinnig fort.
    „Und wenn ich nicht zufällig in der Nähe gewesen wäre?“ Er hatte große Lust, sie an den Schultern zu rütteln, um sie zu zwingen, ihren Leichtsinn einzusehen. „Was wäre dann wohl geschehen, Madame?“
    „Ich schulde Euch keine Erklärung, Mylord“, entgegnete sie schnippisch. „Es reicht, dass ich ihm entkommen bin. Wollen wir endlich gehen?“
    „Was wäre geschehen?“, wiederholte er hartnäckig. Sein Atem ließ ihren Schleier schwingen.
    „Ich weiß nicht.“
    „Macht Euch nichts vor. Er hätte Euch in einen Winkel gezerrt, Euch die Röcke hochgeschoben und …“
    „Hört auf! Ich will es nicht wissen.“
    „Weil es die Wahrheit ist?“ Der Geruch nach Leder, Meer und Seetang, der ihm entströmte, machte sie

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