Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum
beendete die Bürstenmassage und spuckte ein Knäuel weißer, langer Haare aus. »Große Bastet, wie kommst du bloß mit dieser Menge Watte zurecht.«
»Man gewöhnt sich dran.«
»Du vielleicht, aber egal, probier es noch mal!«
Plunder überraschte sich selbst damit, dass sich diesmal wenigstens ein Stückchen Rückenfell aufplusterte. Bis in den Nacken reichte es noch nicht, aber er versprach, eifrig zu üben.
»Am besten stellst du dir jemanden vor, den du nicht magst.«
»Ich mag aber alle.«
»Henckel auch?«
»Nee, aber dann fängt das mit dem Zittern wieder an.«
»Du bist schon ein verstörtes Geschöpf. Es wird doch wohl irgendwen geben, der dir mal auf den Pelz gegangen ist.«
»Ja, die Verena. Die mochte ich nicht.«
»Na dann!«
Und siehe da, der Ratschlag erwies sich als brauchbar. Plunder stand auf, machte einen Buckel, und mit einem Mal stand das Rückenfell stramm. Es sah wegen der Fülle und Länge der Haare zwar weniger bedrohlich als putzig aus, aber aus seinen blauen Augen schossen die ersten kleinen Blitze.
»Na, geht doch«, grummelte Peluche ihr mageres Lob. »Und warum magst du diese Verena nicht?«
»Sie kam, um sich um meine alte Freundin zu kümmern, weil die sich doch das Bein kaputtgemacht hat. Menschen laufen ja nur auf den zweien herum. Ich finde das sehr unpraktisch. Die Verena hat hier aufgeräumt und der alten Dame das Futter gerichtet und ihr ins Bett und wiederraus geholfen. Aber sie roch immer nach Hund. Und mich mochte sie nicht. Sie wollte nicht, dass ich bei meiner Freundin im Bett schlief, obwohl die mich doch so dringend brauchte. Sie hat mich ausgesperrt. Und weggescheucht. Mit Tritten. Das war so demütigend, Majestät.«
»Unsere Dienerin braucht sie nicht, die hat zwei gesunde Hinterläufe.«
»Ja, aber trotzdem treibt sie sich bei Ginger im Laden herum. Ich mag das nicht.«
»Wenn ich es mir recht überlege, Plunder, dann mag ich das auch nicht.« Peluche strich sich die Barthaare glatt und rollte sich dann zu einem roten Muff zusammen. »Ich werde darüber nachdenken.«
»Ja, tu das, Majestät. Ich glaube, du kannst wunderbar denken.«
»Hör auf zu schmeicheln, das zieht bei mir nicht. Übe lieber brennende Blicke. Und jetzt ist Schluss mit Konversation.«
14. Der Wert der Dinge
Simon Asmussen hatte sich am Montagnachmittag angekündigt und traf ein, als ich gerade die Sendung Briefbeschwerer auspackte. Anerkennend nickte er nach der Begrüßung und nahm eine der Glaskugeln auf, in der blaue und violette Blüten erblühten.
»Eine schöne Arbeit, Frau Valenti.«
»Eine meiner glücklicheren Beziehungen zum Hersteller, Herr Asmussen.«
Meine Aufmerksamkeit war kurzfristig von den Paperweights abgelenkt, denn auch mein Besucher war ein betrachtenswertes Objekt. Unter seinem Trenchcoat, den er auf die Theke legte, trug er ein gutgeschnittenes Sakko, eine dezent gemusterte Seidenkrawatte und dunkle Hosen. Eine elegante Erscheinung bis auf die zerzausten, graumelierten Locken, die das jugendliche Gesicht seltsam kontrastierten. Eine ansehnliche Figur machte er auch, der smarte Geschäftsmann. Ich warf mir vor, dass ich mich nicht etwas professioneller gekleidet hatte. Die vergangenen Tage waren mit Räumen und Putzen vergangen, wozu natürlich Jeans und Pullover weit besser passten als enge Röcke, Seidenblüschen und taillierte Jacken. Ich strich mir die Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich aus meinem Zopf gelöst hatte, und machte eine einladende Geste.
»Schauen Sie sich ruhig um! Ich werde uns einen Kaffee kochen. Oder darf ich Ihnen etwas anderes anbieten?«
»Kaffee wäre sehr schön. Es ist draußen kalt geworden.« Er musterte die alte Registrierkasse mit einem Lächeln. »Funktioniert die noch?«
»Aber natürlich. Ich habe vor, sie zu behalten. Sie passt zu diesem Laden und dem Stil, den ich ihm verleihen möchte.«
Ich verließ Simon Asmussen, um im Büro die Kaffeemaschine in Betrieb zu nehmen, und Plunder krabbelte aus dem Ablagekorb, um einen vorsichtigen Blick um die Ecke zu werfen.
»Du bist ja richtig mutig geworden, Kleiner«, stellte ich mit Erstaunen fest. Bisher hatte er sich immer hinter die Ordner verzogen, wenn jemand in den Laden gekommen war. Jetzt sah er mich fragend an und maunzte leise. Irgendwo hinten, da wo bei einer anderen Katze der Schwanz begann, sträubten sich seine Haare.
»Aber nicht doch, Plunder. Von Herrn Asmussen geht bestimmt keine Bedrohung aus.«
»Haben Sie etwas gesagt?«, fragte mein
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