Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum
schlecht geschlafen, was zum einen daran lag, dass sein Kopf brummte, zum anderen, weil er sich natürlich nicht geschont hatte. Wie hätte er auch, der Job musste getan werden, Abrechnungen waren zu machen, Trainingsstunden zu geben, und ein neues Futterhäuschen war für Peregrina zu bauen.
An diesem Nachmittag hatte er sich mit einer Zeitschrift auf das Sofa gelegt, nur für eine Viertelstunde natürlich, danach wollte er seine Einkäufe tätigen. Aber dann war er schlichtweg eingeschlafen.
Daher stand der jungen Frau aus dem Tierheim ein ausgesprochen muffeliger Mann gegenüber, unter dessen zerzausten Haaren ein Pflaster auf der Stirn klebte. »Guten Tag, Herr Grimal. Ich bringe Ihnen Ihren Kater.«
»Wie bitte?«
»Na, den Raufer, den Sie vorgestern bei uns abgelieferthaben. Ihre Jacke wollte der kleine Kerl nicht hergeben, aber ich habe Ihre Visitenkarte darin gefunden. Sie hatten es ja neulich ziemlich eilig.«
Mit einem Fuß war die junge Frau schon in seiner Tür, so dass Kris einen Schritt zurücktreten musste. Den grauen Katzenkorb schob sie wie eine Ramme vor sich her.
»Hören Sie mal …«
»Ich höre gut und nicht nur mal. Wir haben ihn verarztet, Herr Grimal. Aber das Tierheim würde sich doch sehr freuen, wenn Sie diese Rechnung begleichen wollten.«
Sie reichte ihm einen Umschlag, den er irritiert entgegennahm.
»Und hier sind die Tabletten für Ihren Raufer. Dreimal täglich eine. Heute Nachmittag bekommt er die zweite.«
Sie legte das Päckchen neben die, die er aus dem Krankenhaus mitgebracht hatte.
»Ähm – das ist nicht mein Kater!«
»Nicht? Aber Sie haben ihn doch in Ihre Jacke gewickelt. Eine schöne Jacke, muss ich sagen. War nicht ganz billig, das Stück.«
»War sie nicht, verdammt. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich jeden Streuner aufnehme.«
»Nun, trotzdem scheinen Sie ja ein wahrer Sankt Martin zu sein, Herr Grimal. Der gute Mann hat seinen Umhang ja auch mit einem Streuner geteilt.«
Kris sah grimmig in das harmlos lächelnde Gesicht seiner Besucherin.
»Der Kater gehört zu den wildlebenden Katzen, die die Dame in der Wohnung unter mir füttert.«
»Ach, dann ist es wohl besser, ich bringe ihn zu ihr.«
»Nein. Sie will keine Katze im Haus.«
»Aber draußen aussetzen kann ich ihn auch nicht, Herr Grimal. Er muss sich erst von seinen Verletzungen erholen.«
In dem Korb bewegte sich etwas, und ein leises Fauchen erklang.
»Er ist auch nicht einverstanden.«
»Er hat Schmerzen, er ist unglücklich und verunsichert. Mensch, Sie haben den kleinen Kerl aus einer Schlägerei gerettet, ihn ziemlich fachkundig transportiert und zu uns gebracht, was auch keine schlechte Idee war, und das alles, obwohl Sie geblutet haben wie ein angestochenes Schwein. Und nun wollen Sie den armen Raufer draußen im Kalten aussetzen, wo er keinen Unterschlupf besitzt, sich nicht wehren kann und erst recht nicht jagen? Sind Sie plötzlich so hartherzig geworden, Sankt Martin?«
»Ich habe keine Erfahrung mit Katzen.«
»Die kriegen Sie schon noch. Raufer ist ziemlich intelligent.«
»Sie geben wohl nie auf, was?«
»Nicht wenn es um Tiere geht.«
»Dann lassen Sie das Vieh in Gottes Namen hier.«
»Ah, danke. Das hört sich doch gleich ganz anders an. Hier, nehmen Sie diese Karte. In drei Tagen bringen Sie ihn in diese Praxis zur Untersuchung.«
»Das auch noch!«
»Ja, das auch noch. Und ich, Herr Grimal, werde es mir nicht nehmen lassen, im Auftrag des Tierheims dann und wann vorbeizuschauen, um mich nach dem Patienten zu erkundigen.«
»Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, dass Sie aufdringlich sind?«
»Ja, mehrmals am Tag. Übrigens – ich bin Anja. Nur, dass Sie einen Namen haben, wenn Sie mich verfluchen.« Die junge Frau grinste und beugte sich dann zu dem Korb hinunter.
»Mach’s gut, Raufer. Und erzieh dir deinen Menschen ordentlich. Er hat ein paar Manieren nötig!«
»Nicht nur aufdringlich, auch frech, vorlaut und arrogant.«
»Mhm. Aber hübsch!«
Jetzt grinste auch Kris.
»Stimmt. Aber auf den Charakter kommt es an!«
»Bei was?«
Anja zwinkerte und zog die Tür hinter sich zu.
Perplex starrte Kris auf diese und dann auf den Katzenkorb.
»Na dann!«, seufzte er.
Aus seinem Schlafzimmer holte er eine Decke und legte sie auf den Boden vor dem Fenster, dann stellte er den Korb daneben und öffnete den Deckel.
Zornblitzende grüne Augen schossen Pfeile der Empörung auf ihn ab.
»Raufer – da hat sie einen passenden Namen für dich ausgesucht,
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