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Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum

Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum

Titel: Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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persönliche Frage – obwohl eine Antwort darauf ihn tatsächlich zu interessieren begann.
    »Wenn du Ina wieder besuchen willst, ruf sie vorher an«, sagte er stattdessen.
    »Ja, ich habe mich mal wieder wie ein Trampel benommen.« Zerknirscht rührte Anja in ihrer Tasse. »Mit Menschen bin ich nicht so gut.«
    Kris lachte leise. »Doch, bist du. Aber Ina ist krank, und sie muss einmal im Monat ins Krankenhaus zu einer Behandlung. Danach ist sie immer ein paar Tage angeschlagen.«
    »Oh!«
    »Sie macht kein großes Theater darum, also mach du es auch nicht.«
    »Ist gut.« Er sah, dass Anja über seine Aussage nachsann, aber sie weiter nicht kommentierte. »Sie kümmert sich vorbildlich um die Streuner. Warum hat sie eigentlich keine eigene Katze?«
    »Sie hatte früher welche, aber sie sagt, sie sei nun zu alt. Und – Anja, sie weiß, dass sie irgendwann ein Pflegefall wird und nicht mehr lange zu leben hat. Gerade weil sie eine eigene Katze so sehr lieben würde, möchte sie es ihr nicht antun, sie verlassen zu müssen.«
    »Ja, Katzen trauern«, murmelte Anja. Sie hielt eine Weile den Kopf gesenkt, dann aber hob sie ihn, und Kris sah es in ihren Augen schimmern.
    »Woran denkst du?«
    »Nichts. Oder – ich dachte an Nimoue.«
    »Sollte ich die Dame kennen?«
    »Ja. Sie ist bemerkenswert.« Dann lächelte Anja. »Wir kommen oft mit sehr traurigen Geschichten in Kontakt. Nimoue haben wir auf dem Friedhof gefunden. Ein junges Mädchen rief uns an, dass die Katze ihrer Nachbarn verschwunden sei und sie sich Sorgen um sie mache.«
    »Nicht die Besitzer selbst?«
    »Nein, Kris. Die waren in einem abgrundtiefen Leid gefangen. Ihre sechzehnjährige Tochter war gerade auf entsetzliche Weise umgebracht worden.«
    »Ja, ich erinnere mich an den Fall«, sagte Kris. Der grausameMord hatte ihn – wie unzählige Menschen auch – betroffen gemacht.
    »Die Katze war weggelaufen – oder wie auch immer. Da sie ein auffälliges Tier war, fiel es uns nicht schwer, sie ausfindig zu machen. Der Friedhofsgärtner rief uns an und meinte, seit einiger Zeit streune eine weiße Katze zwischen den Gräbern umher. Wir packten also Falle und Futter ein und fuhren dort hin. Es war ganz seltsam, Kris. Nimoue saß auf dem Grab des Mädchens, ganz still, wie eine weiße Marmorstatue. Ich näherte mich ihr behutsam, aber sie rührte sich nicht. Nur ihre blauen Augen sahen zu mir hin. Sie erlaubte mir, näher und näher zu kommen, bis ich direkt vor ihr stand. Also schnurrte ich sie beruhigend an und nahm vorsichtig Blickkontakt mir ihr auf. Sie blieb immer noch völlig unbewegt. Darum wagte ich es, sie anzusprechen. ›Es ist Zeit zu gehen, kleine Freundin. Komm mit‹, oder so etwas. Nimoue schloss die Augen, und ich hob sie hoch. Sie legte ihre Pfoten auf meine Schulter und drückte ihren Kopf an meinen Hals. Kris, ich war noch nie so berührt wie in diesem Augenblick. Ganz friedlich ließ sie sich in den Korb setzen, und wir fuhren sie zu meinem Vater. Sie war ziemlich herunter, die Arme, halb verhungert, voller Parasiten, aber wir haben sie schnell wieder aufgepäppelt.«
    »Und den Besitzern zurückgegeben?«, fragte Kris.
    »Sie wollten sie nicht mehr. Das mag hartherzig klingen, aber ich konnte es irgendwie verstehen. Nimoue war die Katze ihrer Tochter …«
    »Was habt ihr mit ihr gemacht?«
    »Im Tierheim aufgenommen. Sie scheint sich wohl bei uns zu fühlen. Und du wirst es nicht glauben, keine der anderen Katzen, die wir bei uns haben, hat je auch nur einen kleinen Faucher geäußert. Im Gegenteil, Nimoue scheint so etwas wie eine Friedensstifterin zu sein. Selbst die wildesten Raufer werden ruhig, wenn sie erscheint.«
    »Weshalb du erwägst, sie mir unterzuschieben?«
    »Nein, Kris, das würde ich nie machen. Menschen und Katzen müssen einander finden, Unterschieben führt nur zu Konflikten.«
    Raufer hatte sich aus seinem Korb erhoben und humpelte zum Sofa. In einem höflichen Abstand blieb er sitzen und sah zu Kris und Anja hin.
    »Das macht er heute zum ersten Mal«, sagte Kris leise. »Na, Kumpel, sollen wir mal einen Ausflug in die Küche machen?«, fügte er dann lauter hinzu.
    »Mirrr!«
    »Aha, ihr fangt an, euch zu verständigen. Er ist eben ein intelligenter Kater. Ich lasse euch jetzt besser alleine, es ist schon ziemlich spät, und mein Dienst fängt morgen sehr früh an.«
    »Da du dich ja so gerne bei Raufern und den Streunern herumdrückst, Anja – könntest du mir einen Gefallen tun?«
    »Ich drücke mich nicht

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