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Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum

Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum

Titel: Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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bei Streunern herum.«
    »Doch.«
    Das raubtierhafte Grinsen war wieder da.
    »Das bildest du dir nur ein.«
    »Vielleicht. Aber ich muss am Wochenende meine Mannschaft zu einem Auswärts-Wettkampf begleiten. Eigentlich wollte ich Ina fragen, ob sie sich um den Kater kümmert, aber du scheinst mir die weit bessere Wahl zu sein. Hättest du Zeit, Samstag und Sonntag kurz vorbeizuschauen?«
    Anja sah Raufer an, und Raufer sah sie an.
    »Ja.«
    »Gut, hier ist der Schlüssel.«
    12. Begegnung mit der Ehrwürdigsten
     
    Ja, ja, er hatte es verstanden. Ja, ja, Kris war am frühen Morgen weggegangen und hatte ihn alleine gelassen. Ja, ja, und Anja würde sich um sein Futter kümmern.
    Trotzdem verspürte Raufer eine nagende Unzufriedenheit.
    Er war schließlich ein Kater, der Gewohnheiten schätzte, und irgendwie fehlte ihm der feuchtwarme Dunst aus der Dusche, der Kaffeegeruch, Kris’ Stimme, die in das trillernde Gerät sprach, die Schritte in der Wohnung und – verdammt – sogar das Zauseln an seinen Ohren.
    Mürrisch starrte Raufer aus dem Fenster, stellte fest, dass der fremde Mensch wieder einmal aufgetaucht war und das Gebäude musterte. Er fauchte ihn frustriert an, weil er wusste, dass der ihn nicht hören konnte. Als derMann weggefahren war, stakste Raufer durch die Räume und rieb an den Stellen, die er für besonders katzengeeignet befand, sein Mäulchen, nagte ein wenig an der Grünpflanze herum und zerrte schließlich eine Socke unter dem Bett hervor, um sie zu zerlegen. Aber das befriedigte ihn nicht besonders. Daher kam er auf den Gedanken, seine heilenden Knochen zu testen. Konnte er vielleicht schon wieder ein kleines bisschen springen? Weh taten sie ja nicht mehr. Also fast nicht mehr.
    An einer nicht zu hohen Stelle konnte er es bestimmt ausprobieren. Und was bot sich da an – das Bett. Das war sowieso schon seit geraumer Zeit der Ort seines Begehrens. Das sah so schön weich aus.
    Er setzte sich also davor, ruckelte sich mit den Hinterpfoten in Sprungposition und wagte es dann.
    Hah, ja! Weich kam er auf, und weich war der Untergrund. So richtig schön wie eine federnde Wiese, wie ein Blätterhaufen, nachgiebig, warm. Und man konnte drunterschlüpfen wie in eine Höhle. Das hatte doch was.
    Höchst zufrieden rollte sich Raufer unter der Bettdecke zusammen und schnurrte sich eins.
    Hörte ja keiner!
     
    Hörte doch einer!
    Rattenkacke!
    Anja hatte die Decke ein Stückchen gelüpft und grinste ihn an.
    »Nettes Plätzchen hast du da gefunden. Aber ganz sicher bin ich mir nicht, ob deinem Kris das gefällt.«
    Raufer wollte sich tiefer in die Decke verziehen, aber diese aufdringliche Frau schlug sie einfach zur Seite, packte ihn derb und setzte ihn auf den Boden.
    »So, das schont die Pfoten.«
    Er grummelte vor sich hin und humpelte aus dem Schlafzimmer Richtung Korb. Doch kaum hatte er den Wohnraum betreten, erstarrte er.
    Eine andere Katze!
    Er spürte ihre Gegenwart.
    Es hielt sich eine andere Katze hier auf.
    In seiner Wohnung!
    Das war doch nicht zu fassen. Wo war der widerliche Eindringling? Wo? Er würde Hackfleisch aus ihm machen, das Fell gerben, die Ohren zer…
    »Ein Raufer!«, schnurrte es sanft.
    Und dann sah Raufer sie. Sie saß am Fenster und blickte ihn an, die Barthaare freundlich nach vorne gebogen.
    Ein Schauder erfasst ihn. Ganz, ganz langsam setzte er sich auf seine Hinterpfoten, legte noch viel langsamer den Schwanz darum und senkte die Lider. Große Bastet, eine der Alten!
    In der niedrigstehenden Novembersonne schimmerte ihr weißes Fell, ihre roten Ohren leuchteten, und ihre blauen Augen funkelten wie Edelsteine.
    »Ehrwürdigste«, flüsterte er.
    »Aha, wenigstens ein bisschen Bildung hat man dir beigebracht.«
    »Ja, Ehrwürdigste.«
    »Wer?«
    »Scaramouche, Ehrwürdigste.«
    Die Weiße drehte den Kopf und schaute aus dem Fenster. Ihr weißer, mit blassroten Ringeln versehene Schwanz zuckte leicht.
    »Er wandert.«
    »Ja, Ehrwürdigste. Ein Auto, zu schnell …«
    »Er wollte sein Leben auf der Straße verbringen. Dein Vorbild, Raufer?«
    »Ja, Ehrwürdigste.«
    »Kein schlechtes. Komm näher!«
    Er schlich, den Bauch fast am Boden, zu ihr hin. Sie beugte sich vor und reckte ihm ihre Nase entgegen.
    Sehr sanft und ehrerbietig berührte Raufer sie mit der seinen. Dann nahm er auf ihre Einladung hin neben ihr Platz am Fenster.
    »Erzähl mir, was mit deinen Pfoten passiert ist!«, forderte sie ihn auf, und er berichtete ihr von seinem Clan, Ina, den Schlägern und

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