Zwei Krankenschwestern auf dem Jakobsweg
der Eine an oder der Andere schließt auf und wir reden über das, was uns
gerade durch den Kopf gegangen ist. Oder wir singen einfach ein paar
Textzeilen, was wir so können. Es fühlt sich gut an. Heute kommen wir durch
Longrono, hier wohnen 150.000 EW. Longrono liegt in einer Senke und so laufen
wir einen kleinen Hang hinunter in die Stadt. Viele kleine scheinbar baufällige
Häuschen säumen den Weg. Vor einem kleinen freistehenden Bau sind 3 Hunde angebunden.
Das Gebäude ist mit Wein bewachsen und am Balkon in der oberen Etage hängen
unzählige Geranientöpfe. Eine alte rundliche Frau ruft uns etwas zu. Jetzt
macht es bei mir Klick.
Diese Frau ist eine Berühmtheit, hier auf dem Weg. Ich habe von dieser Frau
schon so viel gelesen. Es ist Maria. Ihre Mutter war Dona Felisa. Dona Felisa
hat viele Jahre den Leuten Ihren Stempel ins Heftchen gestempelt. Auf dem
Stempel steht „Feigen, Wasser und Liebe“. Und darüber steht ihr Name FELISA.
Einen eigenen Jacobsstempel zu haben, ist etwas ganz Besonderes. Diese Frau ist
in ganz Spanien bekannt und berühmt und nicht nur in Spanien. Dona Felisa ist
2002 gestorben und hat ihrer Tochter Maria den Stempel vererbt. Und die Senora
steht jetzt leibhaftig vor uns. Ich bin ganz happy. Sie führt uns in ihre
kleine Behausung. Alles ist hell und freundlich. In der Zimmermitte befindet
sich ein langer Tisch auf dem Kaffee, Zwieback und Marmelade stehen. Sie bittet
uns, dass wir uns niederlassen und etwas davon nehmen. Sie wird uns derweil
ihren begehrten Stempel ins Heft drücken und unseren Halt bei Maria, in einem
großen Buch, sorgsam zu vermerken. Ich beobachte sie gespannt und freue mich.
Gestern Abend habe ich Karola aus Janos Kertesz Buch noch von Maria vorgelesen.
Das fällt mir jetzt ein und ich laufe schnell raus zum Rucksack und hole das
Buch. Ich zeige Maria die Stelle im Buch, wo sie erwähnt wird. Sie kann zwar
denn Text nicht lesen aber sie versteht was ich ihr sagen will. Sie ist darüber
offensichtlich sehr glücklich und lacht. Wir machen anderen Pilgern Platz, die
mittlerweile dicht gedrängt in Dona Marias Stube stehen. Noch ein schnelles
Foto und dann verabschieden wir uns und laufen mit diesen tollen Eindrücken
weiter in Richtung Stadt. H. P. Kerkeling hat Dona Felisa in seinem Buch
ebenfalls erwähnt, eine ½ Seite lang hat er von der alten Dame berichtet.
In der Stadt besuchen wir eine Kirche, sie ist wohl sehr bedeutend, aber bei
der Zahl der Kirchen in dieser Stadt, können wir sie nicht namentlich benennen.
Hier wird gerade eine Messe abgehalten und als der Priester uns sieht, bezieht
er uns in seine Predigt mit ein. Wir verstehen, dass er über den Jakobsweg
spricht und Pilger in den Worten vorkommen.
Heute ist außerdem Feiertag und die ganze Stadt ist in Richtung
Naherholungsgebiet, das vor der Stadt liegt, unterwegs. Der Weg dorthin ist ein
Stück vom Jakobsweg, es wird eng. Im Naherholungsgebiet machen wir heute unsere
Mittagsruhe. Von Ruhe kann aber überhaupt nicht die Rede sein. Die Spanier sind
mit Kind und Kegel angerückt und da geht es richtig zur Sache. Wir halten es
nicht allzu lange aus und ziehen bald weiter.
Als wir Logrono verlassen, schauen wir noch oft zurück, auf dem Weg ist wieder
Ruhe. Wir genießen es.
Bis Navarette, unserem heutigen Ziel, sind es vielleicht noch 1 ½ Stunden.
In Navarette finden wir eine schöne Herberge und das Schönste daran, wir sind
nur 5 Pilger. Das lässt sich aushalten. Ein Ehepaar aus Sachsen, etwa 50 Jahre
alt und ein Mann aus Schweden, er ist vielleicht Mitte 60, sind ebenfalls Gäste
der Herberge. Die Sachsen haben ein spanisches Restaurant in einer Stadt in
Sachsen. Wie Wirtsleute kommen die mir nun wirklich nicht vor. Jeden Tag setzen
sie sich mit übertrieben langen Strecken selbst unter Druck. Ich schätze er war
im Osten bei der Armee, so zackig wie er auftritt. Der Schwede kommt aus
Göteborg, was mich sehr freut, da meine Tochter als Au-Pair in der Stadt gelebt
hat und wir als Familie auch Gelegenheit hatten, die gemütliche Stadt an der
Westküste Schwedens kennen zu lernen. Der Schwede ist uns sympathisch, er ist
typisch schwedisch, nichts weiter als relaxt. Wir sind die ersten und hegen
heimlich natürlich den Wunsch, dass niemand mehr den Weg in die Herberge finden
möge. Aber das ist natürlich Wunschdenken. Aber so lange wir noch alles für uns
haben, nutzen wir das auch aus. Ich finde im Bad eine praktische Schüssel. In
diesem Gefäß werden meine Füße heute ihre Wiederbelebung
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