Zwei Krankenschwestern auf dem Jakobsweg
Wiese vor uns ein Zelt. Ein junger
Mann, der uns auf dem Hang waghalsig mit seinem Fahrrad überholt hat, ist schon
in seine private Stoffherberge eingezogen.
Direkt vor uns sehen wir das Kloster. Wir haben nach dieser Strapaze eigentlich
keine Lust auf eine Pilgerherberge. Da kommt uns das Hotel, das wir aus
versehen betreten, gerade recht. Die Nacht kostet jeden 25 €. Dafür haben wir
unsere Ruhe und eine Badewanne. Die Badewanne ist wohl ein Geschenk des
Himmels. Wir versenken nacheinander unsere schmerzenden Körper ins
regenerierende, warme Wasser.
20.40 Uhr gibt es Abendbrot. Wir schleppen uns zwei Etagen tiefer. Im
Restaurant werden wir an einen Tisch mit drei Herren, die wie wir Pilger sind,
gesetzt. Wir sind wenig begeistert, was soll das Gedränge, im Restaurant sind
noch alle Tische frei. Es gibt Nudeln, Forelle mit Pommes und zum Nachtisch
Joghurt aus dem Plastikbecher. Nicht sehr stilvoll, aber das Essen war gut.
Unsere morgigen Pläne stehen in den Sternen - abhängig von der Entwicklung
unserer Muskulatur.
05. Oktober 2011, Mittwoch, Roncesvalles – Zubirri,
Sonne, 35 ºC, 22 km
Heute sind wir in einem schicken Hotelzimmer erwacht. Ich
glaube sogar die Räumlichkeiten aus einem Spielfilm wieder zuerkennen. Und
zwar: “Ich trage dich bis ans Ende der Welt“, mit einem der WepperBrüder.
Ich bin lange vor Karola wach, so nutze ich die Zeit und Ruhe, um mich schon im
Bad fertig zu machen und die Tagebuchaufzeichnungen zu vervollständigen. Um
8.40 Uhr gibt es Frühstück, ja die haben hier so komische Zeiten. Wir
frühstücken ausgiebig. Nun also auf nach Zubirri und wir können nur hoffen,
dass es heute besser wird. Bevor wir Roncesvalles verlassen, schauen wir uns
das Kloster wenigstens von außen an. Die Kirche ist offen und wir gehen kurz
hinein.
Der Weg bringt heute viele steile Anstiege und ebenso steile Abstiege, die
durch Steingeröll noch an Schwierigkeit zunehmen. Bei großer Hitze geht es
durch Wälder, einige Wege führen an Feldern vorbei, in Sichtweite begleitet uns
weiterhin das Pyrenäengebirge. Ja, es ist heute auch anstrengend, aber der
gestrige Tag sucht an Härte seines Gleichen.
Wir kommen durch einige hübsche Dörfer.
Wir fragen uns, wer die vielen Blumen, die die Balkone zieren, gießt. Aber das
ist anscheinend kein Problem, den alles steht in voller Pracht. Geranien sind
wohl auch hier die beliebtesten Balkonpflanzen. Zur Mittagszeit finden wir ein
„Very nice Place“ auf einer wunderbaren Wiese, mit Blick auf das gerade
durchwanderte Dorf und die vorbeifahrenden und laufenden Pilger. Bevor wir zum
Liegen kommen, erst noch das Foto. Aber wie schön es hier wirklich ist, kann
man da auch nicht ahnen. Wir essen noch von Karolas Vorräten, die sie aus der
Heimat eingeführt hat und die unerschöpflich scheinen. Für 1 Stunde haben wir
es uns gemütlich gemacht, dann ziehen wir gekräftigt weiter. Der Führer
verspricht uns, dass wir am „Pasos de Roldan“ vorbei kommen. Das sollen riesige
Findlinge, die den Fußmaßen von Roland entsprechen, sein. Vielleicht hat jemand
die Findlinge weggeräumt, wir konnten sie nicht entdecken. Möglicherweise waren
wir aber auch zu abgelenkt, denn nach meiner Einschätzung ist es etwa hier
gewesen, wo ich furchtbar umgeknickt bin. Ich dachte ich hab einen Bänderriss.
Nach einigen Minuten war ich wieder im Stande klar zu denken. Ich nahm eine
Schmerztablette und schnürte die Stiefel fest, dann ging es ganz vorsichtig
weiter. Der Gedanke, dass die Reise an dieser Stelle schon zu Ende sein könnte,
erschreckte uns beide enorm. Um 10.00 Uhr haben wir Roncevalles verlassen und
Punkt 18.00 Uhr überquerten wir die berühmte Brücke in Zubiri.
Roncesvalles – Zubirri, 05.Okt.
Bedeutet dass das Ende?
Sie wird von Karola auch die Tollwut-Brücke genannt, denn ich
habe ihr die Geschichte von der Brücke erzählt. Hunde die bei Niedrigwasser,
dreimal um den Pfeiler geführt werden, sollen gegen Tollwut immun sein. Die
Geschichten gibt es in verschiedene Varianten. Gleich einige Meter hinter
besagter Brücke finden wir unsere Herberge. Im Vorraum werden wir freundlich
empfangen. die Herbergsleiterin führt uns in unser 8-Bettzimmer, was nicht weiter
schlimm ist, aber da sitzt ein Ehepaar auf einem der unteren Betten und die
Frau schneidet dem Mann ganz ungeniert die Fußnägel und sie machen nicht den
Anschein in den nächsten Minuten das Feld zu räumen, damit wir unsere Sachen
unterbringen können. Also die liegen gewiss nicht mit uns auf
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